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Die Folgen der Tragödie

Das FA-Cup-Semifinale am 15. April 1989 in Sheffield zwischen Liverpool und Nottingham Forest hat nur sechs Minuten gedauert. Während Liverpool-Stürmer Peter Beardsley die Latte traf, kämpften auf der Leppings-Lane-Tribüne hinter dem gegnerischen Tor die Fans bereits um ihr Leben. Wenig später war der Rasen übersät mit Toten, Verletzten und Menschen, die in Panik flüchteten.

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„Das Erste, was ich sah, war eine Gruppe von Liverpool-Fans, die einen Teil der Bandenwerbung als Trage benutzte und einen Mann trug, sein T-Shirt über das Gesicht gezogen, und ich dachte: ‚Der ist tot‘“, erinnerte sich Sanitäter Tony Edwards, der als einer der Ersten an der Unglücksstelle eintraf. Erst nach und nach wurden die Dimensionen der Katastrophe mit schließlich 96 Toten, darunter mit Jon-Paul Gilhooley der erst zehnjährige Cousin des heutigen Liverpool-Kapitäns Steven Gerrard, und 766 Verletzten deutlich.

Fans legen nach dem Hillsborough-Unglück Blumen und Erinnerrungsstücke im Stadion an der Anfield Road nieder

AP

Nach dem Unglück war das Stadion mit Blumen und Fanutensilien übersät

Vom „Tribünenfutter“ zum Kunden

„Es war ein Ereignis, das den Fußball in Großbritannien verändert hat - und darüber hinaus“, erklärte Rob Hughes von der „International Herald Tribune“, der damals als Augenzeuge dabei war, am 20. Jahrestag. Die Ursachen für das Unglück waren ganz andere als noch bei der Katastrophe 1985 im Heysel-Stadion von Brüssel. Damals hatten randalierende Liverpool-Hooligans vor dem Europacup-Finale gegen Juventus Turin eine Absperrung durchbrochen und dadurch den Tod von 39 Menschen, überwiegend italienische Fans, verursacht.

Die Tragödie von Hillsborough markierte vier Jahre später - wenn auch diesmal durch Polizeiversagen verursacht - tatsächlich einen Wendepunkt im englischen Fußball. Die Zäune verschwanden ebenso wie die Stehplätze aus den Stadien. In der höchsten Spielklasse gab es bald nur noch Sitzplätze. Das Stadion wurde zum Platz für Familien und Frauen, wodurch in der Folge der Hooliganismus zurückgedrängt wurde.

„Bis in die späten 80er Jahre hielten die Vereine Fans für Tribünenfutter“, schrieb David Lacey, Fußballkommentator des „Guardian“, 1999 zehn Jahre nach dem Unglück. „Nun wurden sie zu Kunden, denen man nicht länger Einrichtungen zumuten konnte, die zu den Slums der 30er Jahre gehörten.“ Die Katastrophe war ein Wendepunkt in der Entwicklung des englischen Fußballs.

„Taylor-Report“ wandelt den Fußball

Aufgrund des „Taylor-Reports“ wurden sämtliche Stadien in reine Sitzplatzarenen ohne Zäune umgewandelt (wenig später schrieben FIFA und UEFA das bei allen internationalen Spielen vor) und Milliarden in deren Infrastruktur gesteckt. Die Premier League wurde gegründet, die Fernsehmillionen des Senders Sky begannen zu fließen, und ein bis heute ungebrochener Boom setzte ein.

Der Glamour hielt Einzug im Fußball, der plötzlich Teil der Mittelklassekultur war und nicht mehr ausschließlich mit der Arbeiterschicht assoziiert wurde - mit allen daraus resultierenden Konsequenzen. Seither gab es in der höchsten englischen Liga praktisch keine Ausschreitungen mehr mit Hooligans, allerdings litt die Stimmung in den Stadien, und die Ticketpreise stiegen enorm an.

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