Ausnahmekönner der WM in Brasilien
Insgesamt 736 Spieler sind für die WM 2014 nominiert gewesen. 64 Spiele gingen in knapp vier Wochen über die Bühne. Manche Akteure kamen zu keiner Einsatzminute, andere waren lediglich Ergänzungsspieler, viele blieben hinter den Erwartungen zurück - und nur einige wenige drückten dem Turnier ihren Stempel auf. Sie begeisterten mit Talent, Technik und Toren, glänzten auf der größten Fußballbühne der Welt.
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Die Auswahl für die Elf dieser WM war nicht einfach, denn auf einigen Positionen gab es wahrlich die Qual der Wahl. Mit fünf Spielern stellt Deutschland das Gros des Topteams von ORF.at. Aber auch andere Nationen hatten Spieler in ihren Reihen, die mit beeindruckenden Leistungen die Mannschaft des neuen Weltmeisters verstärken würden.
Tormann: Manuel Neuer
Bis zum Viertelfinale gab es für den 28-Jährigen aufgrund der starken Tormannleistungen in Brasilien harte Konkurrenz. Am Ende bestach der Bayern-Goalie aber mit seiner unglaublichen Konstanz und einer Abwehrquote von 86,2 Prozent. Neuer strahlte immer Coolness und Sicherheit aus, war bei Flanken stark, auf der Linie reaktionsschnell und verblüffte gegen Algerien als „Libero“. Als zweiter DFB-Goalie nach Oliver Kahn 2002 wurde er verdient zum besten WM-Tormann gewählt.
Ersatz: Keylor Navas (Costa Rica)

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Der Pokal für den besten Tormann des Turniers war wahrlich verdient
Rechter Verteidiger: Philipp Lahm
Zu Beginn noch im zentralen Mittelfeld, rückte der DFB-Kapitän ab dem Viertelfinale wieder auf die Position des rechten Verteidigers und stellte dort seinen unschätzbaren Wert für Deutschland unter Beweis. Die Defensive wurde sicherer und das Spiel über die Flanke dynamischer. Mit insgesamt 651 Pässen spielte Lahm die meisten bei dieser WM und brachte dabei über 86 Prozent an den Mann. Mit 81 Kilometern zählte er auch zu den Dauerläufern und machte nur drei Fouls in 690 Einsatzminuten.
Ersatz: Pablo Zabaleta (Argentinien)
Innenverteidiger: Mats Hummels
In 36 Länderspielen erzielte der 25-Jährige insgesamt vier Tore. Gleich zwei davon gelangen ihm bei der WM - wie alle anderen davor mit dem Kopf. Vor allem sein Siegestreffer beim 1:0 gegen Frankreich ebnete Deutschland den Weg ins Semifinale. Ein fiebriger Infekt und Verletzungen machten ihm das Leben nicht leicht. Trotzdem war er Abwehrorganisator, Herr der Lüfte und blockte im letzten Moment Schüsse. Im Finale hatte er mit Lionel Messi aber seine Probleme.
Ersatz: Mario Yepes (Kolumbien)
Innenverteidiger: Ezequiel Garay
Der 27-Jährige war der Abwehrchef einer kaum zu überwindenden argentinischen Verteidigung. In der K.-o.-Phase blieben die „Gauchos“ ohne Gegentor. Erst in der 113. Minute des Finales war Argentinien wieder zu bezwingen. Garay spielte insgesamt eine sehr starke WM und war auch im Endspiel aufmerksam. Nach der Saison war Garay bei vielen Spitzenclubs im Gespräch, das Rennen machte Zenit St. Petersburg, das sich über einen starken Innenverteidiger freuen durfte.
Ersatz: Jerome Boateng (Deutschland)

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Ezequiel Garay lieferte eine WM auf konstant hohem Niveau
Linker Verteidiger: Daley Blind
Die Position des linken Verteidigers war bei dieser WM eine kleine Problemzone. Kein Spieler konnte sich wirklich ins Rampenlicht spielen. Der Niederländer Daley Blind zeigte allerdings konstante Leistungen auf hohem Niveau. Der 24-Jährige bereitete Tore vor, kam zum Abschluss und erzielte im Spiel um Platz drei auch einen Treffer. Im flexiblen System von Coach Louis van Gaal spielte er defensiv und offensiv eine entscheidende Rolle bei der „Elftal“.
Ersatz: Dirk Kuyt (Niederlande)
Defensives Mittelfeld: Toni Kroos
Real Madrid durfte sich freuen, denn Toni Kroos machte bei der WM einen entscheidenden Schritt vom Talent zu einem Schlüsselspieler und Wortführer im DFB-Team. Ein Doppelpack gegen Brasilien und vier Torvorlagen sprechen für ihn. Seine Vorlagen aus Standardsituationen sind eine stete Gefahr. Nach Lahm machte er die zweitmeisten Pässe und hatte mit fast 85 Prozent eine hohe Genauigkeitsquote. Kroos war einer von vier DFB-Spielern, die keine Minute verpassten.

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Toni Kroos wischte die letzten Zweifel an seinem Ausnahmekönnen weg
Ersatz: Javier Mascherano (Argentinien)
Defensives Mittelfeld: Paul Pogba
Dass der 21-Jährige ein Ausnahmetalent ist, war schon vor der WM bekannt. In Brasilien überzeugte Pogba aber auch ein größeres Publikum und wurde zum besten Nachwuchsspieler gewählt. Als defensiver Mittelfeldspieler war der Juventus-Spieler auch ein wichtiger Bestandteil der Offensive. Mit kurzen Haken ließ er scheinbar mühelos seine Gegner aussteigen und hatte das Auge für seinen Mitspieler. Einzig beim Torabschluss hatte er kein Glück, so stand am Ende nur der wichtige Führungstreffer im Achtelfinale gegen Nigeria zu Buche.
Ersatz: Bastian Schweinsteiger (Deutschland)
Rechtes Mittelfeld: Arjen Robben
Der 30-Jährige zeigte sich in Brasilien auf dem Höhepunkt seines Schaffens. Schnell, trickreich, tolle Ballbehandlung, eine unglaubliche Fitness und ein Patenthaken, der auch im x-ten Versuch noch immer klappt. „Ich bin eigentlich schrecklich neidisch auf den Arjen Robben von heute“, gestand Bert van Marwijk, Coach der Niederlande bei der WM 2010 in Südafrika. 19-mal kam er alleine in den gegnerischen Strafraum gelaufen und war einer der meistgefoulten Spieler der WM. Nur die Theatralik beim Hinfallen könnte er sich noch abgewöhnen.
Ersatz: Juan Cuadrado (Kolumbien)
Zentrales Mittelfeld: Neymar
Mit 35 erlittenen Fouls war der 22-Jährige der am meisten gefoulte Spieler dieser WM. Eines davon stoppte den Barcelona-Spieler. Wie sich später herausstellte, war der Lendenwirbelbruch nicht nur ein großes Pech für Neymar, sondern für ganz Brasilien. Ohne den Ausnahmekönner war die „Selecao“ nur eine Durchschnittstruppe. Der Unterschied mit ihm und ohne ihn war eklatant. Seine Tempoläufe mit dem Ball bereiteten jedem Team Probleme, am Ende waren es vier Tore.
Ersatz: Lionel Messi (Argentinien)
Linkes Mittelfeld: James Rodriguez
Der 23-Jährige war ohne Zweifel die Entdeckung dieser WM. Der Kolumbianer präsentierte sich als universeller Offensivspieler, der Tore perfekt vorbereiten und auch selbst erzielen kann. Mit Sprints in die Tiefe, einer hervorragenden Technik und natürlich seinen Toren begeisterte er die Fans. Sein Tor gegen Japan war sehenswert, sein Treffer zum 1:0 im Achtelfinale gegen Uruguay einfach sensationell. Er traf in allen fünf Spielen und wurde mit sechs Toren zum Toptorjäger.

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Der Name James Rodriguez ist nach dieser WM allen Fußballfans ein Begriff
Ersatz: Angel di Maria (Argentinien)
Sturm: Thomas Müller
Mit drei Toren im Auftaktmatch schoss der 24-Jährige Portugal im Alleingang k. o. und spielte ein sehr starkes Turnier. Am Ende waren es fünf Treffer und drei Assists. Zehn seiner insgesamt 22 Teamtreffer erzielte er bei Weltmeisterschaften. Aber nicht nur wegen seiner Tore ist er ein unverzichtbarer Bestandteil der DFB-Elf, sondern auch wegen seiner Laufleistung. Müller tauchte praktisch überall auf und riss Lücken für seine Mitspieler. Mit insgesamt 84 Kilometern war er der fleißigste Spieler der WM.
Ersatz: Karim Benzema (Frankreich)
Superjoker: Andre Schürrle
Die WM war auch ein Turnier der Wechselspieler. Insgesamt 32 der 171 Tore erzielten „Joker“. Nicht verwunderlich also, dass das Finale durch Mario Götze, der für Miroslav Klose eingewechselt worden war, entschieden wurde. Der beste Spieler von der Bank war aber eindeutig Schürrle. Der 23-Jährige erzielte nach seinen Einwechslungen insgesamt drei Treffer und bereitete mit seiner Flanke das Goldtor gegen Argentinien vor. Im Achtelfinale sorgte er für die Führung gegen Algerien, gegen Brasilien erzielte er einen Doppelpack.
Coach: Joachim Löw
Vor und während der WM musste sich der 54-jährige Löw noch einige Kritik aus der Heimat gefallen lassen, nach dem Finaltriumph über Argentinien liegen ihm nun alle zu Füßen. Löw machte in Brasilien praktisch alles richtig. Lahm zuerst im defensiven Mittelfeld einzusetzen und zu warten, bis Schweinsteiger und Sami Khedira ihren Rhythmus gefunden hatten, war genial. Nach zehn harten Aufbaujahren - zwei Jahre als Assistent von Jürgen Klinsmann und acht als Chefcoach - stand Löw verdientermaßen auf dem Höhepunkt seiner Karriere.
Christian Wagner, ORF.at
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