Ein Turnier als persönlicher Flop
Die Erwartungen sind hoch gewesen. Der Fall war umso tiefer: Für manche Spieler wurde die WM 2014 zum persönlichen Desaster und zur großen Enttäuschung. Neben sportlichen Aspekten waren dafür bei zwei Spielern auch die mittlerweile notorischen Aussetzer auf dem Platz verantwortlich. Am Ende sorgte das Gesamtbild für eine Nominierung ins Flopteam.
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Tormann: Igor Akinfejew
In Russland ist der 28-Jährige so etwas wie ein Tormanntitan - oder war es zumindest bis zur WM. Dass Akinfejew mit geschätzten 20 Millionen Euro einer der teuersten Goalies der Welt ist, war in Brasilien nicht zu sehen. Im Auftaktmatch gegen Südkorea leistete er sich beim 0:1 einen laut eigenen Aussagen „Kinderfehler“, als ihm ein Weitschuss durch die Hände rutschte. Gegen Algerien segelte er beim Ausgleich, der das Ausscheiden bedeutete, auch noch an einer Freistoßflanke vorbei. Iker Casillas wäre auch eine mögliche Wahl gewesen.

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Eine größere Bühne konnte sich Akinfejew für seinen Fehler nicht aussuchen
Rechter Verteidiger: Dani Alves
Der Barcelona-Spieler lieferte für seine Verhältnisse ein bescheidenes Turnier. Der 31-Jährige wirkte defensiv nicht immer sicher und brachte sich auch ins Offensivspiel der Brasilianer nicht wirklich ein. Ab dem Viertelfinale musste er seinen Platz räumen und wurde durch Maicon ersetzt. Dass er beim 1:7 gegen Deutschland und 0:3 gegen die Niederlande nicht dabei war, konnte ihn nicht vor dem Flopteam retten.
Innenverteidigung: David Luiz
Bis zum Semifinale war der teuerste Verteidiger der Welt auf Kurs in Richtung Elf des Turniers. Der Legionär bei Paris Saint-Germain (PSG) spielte sicher und erzielte auch ein herrliches Freistoßtor. Als Abwehrchef im Semifinale gegen Deutschland war er bei der höchsten Niederlage in Brasiliens Länderspielgeschichte aber völlig überfordert. Auch im Spiel um Platz drei ging Tor zwei auf sein Konto, er hatte eine hohe Fehlerquote und war das Sinnbild des brasilianischen Niedergangs.
Innenverteidigung: Pepe
Wenn er seinen Kopf unter Kontrolle hat, ist der Portugiese sicher einer der besten Verteidiger. Wie man sich bereits im Auftaktspiel so einen Aussetzer leisten kann, ist völlig unverständlich und unverzeihlich. Seine unnötige Kopfnuss gegen Thomas Müller bescherte dem 31-Jährigen nicht nur Rot, sondern war auch der Anfang vom Ende der WM: Portugal verlor mit 0:4 und schied nur wegen der schlechteren Tordifferenz im Vergleich zur USA bereits in der Gruppenphase aus.

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Was auch immer in Pepe vorgegangen sein mag, clever war die Aktion nicht
Linker Verteidiger: Sead Kolasinac
Eines vorweg: Der Bosnier spielte eigentlich keine schlechte Gruppenphase, bereits seine erste Aktion brachte ihm allerdings einen Eintrag in die Geschichtsbücher. Beim WM-Debütspiel seines Landes gegen Argentinien traf der 21-Jährige bereits nach 130 Sekunden ins eigene Tor. Der Schalke-Legionär hat damit die zweifelhafte Ehre, das schnellste Eigentor der WM-Geschichte erzielt zu haben.
Rechtes Mittelfeld: Alexandre Song
Der Kameruner steht nicht nur stellvertretend für den desolaten WM-Auftritt seiner Mannschaft, sondern auch wegen einer der dümmsten Aktionen des gesamten Turniers im Flopteam. Völlig unmotiviert schlug der 26-Jährige dem Kroaten Mario Mandzukic in den Rücken und sah damit bereits in der 40. Minute die Rote Karte. Kamerun verlor mit 0:4 und musste seine Aufstiegshoffnungen begraben.
Zentrales Mittelfeld: Xavi
Die zentrale Figur in Spaniens Team bei den EM-Titeln 2008 und 2012 und beim Gewinn der WM 2010 ist das Paradebeispiel für den Niedergang der „Furia Roja“ in Brasilien. Nach dem 1:5-Debakel im Auftaktspiel gegen die Niederlande wurden die Dienste von Xavi nicht mehr gebraucht. Das Denkmal eines der besten Fußballer der Geschichte stürzte in Brasilien krachend zu Boden. Das Ende seiner Teamkarriere ist fix. Selbiges gilt für Xabi Alonso, der ebenfalls schwer enttäuschte.

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Die große Teamkarriere von Xavi (l.) ging unrühmlich auf der Bank zu Ende
Linkes Mittelfeld: Cristiano Ronaldo
Gemessen an den Ansprüchen an einen Weltfußballer und Superstar lieferte der Portugiese eine blasse Vorstellung. Den Spielen gegen Deutschland und die USA vermochte er nicht seinen Stempel aufzudrücken. Gegen Ghana erzielte er dann doch sein WM-Tor. Drei weitere hätte Portugal für den Aufstieg gebraucht, Ronaldo hätte sie alle locker schießen können. Der 29-Jährige, der auch gezeichnet von einer langen Saison war, wurde aber zum Chancentod.
Sturm: Diego Costa
Nach der Einbürgerung war der Chelsea-Neuzugang die große Stürmerhoffnung von Spanien für die WM. Die Vorbereitung verlief zwar mit der Muskelverletzung nicht ideal, dass Diego Costa dann so gar nicht zur Geltung kommen würde, war aber nicht zu erwarten. Der 25-Jährige spielte in 126 Einsatzminuten nur 30 Pässe und brachte auch nur zwei Schüsse auf das gegnerische Tor. Dass Spanien vielleicht doch seinen Altstars hätte vertrauen sollen, bewies David Villa mit einer starken Leistung im unbedeutenden Spiel gegen Australien.
Sturm: Fred
Beim Confederations Cup noch einer der Stars, wurde Fred bei der WM zum Sündenbock abgestempelt. Dass es so weit kam, war auch die Schuld von Coach Luiz Felipe Scolari, der beharrlich an ihm festhielt. In Erinnerung von seinen WM-Auftritten wird vor allem die Schwalbe gegen Kroatien bleiben, die einen Elfer brachte. Sonst war Brasiliens Solospitze eine Vorgabe, kein einziges Mal zog er allein in den Strafraum. Mit Jo stand allerdings auch nicht wirklich eine Alternative zur Verfügung. Und das ist das wirklich Traurige bei Brasilien.

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Nie wieder „Selecao“: Für Buhmann Fred ist das Thema Nationalteam beendet
Sturm: Ciro Immobile
Erst im letzten Gruppenspiel durfte Italiens Torschützenkönig Ciro Immobile von Beginn an stürmen. Was der 24-Jährige gegen Uruguay bot, war aber unterirdisch. Dortmund wird sich wohl gefragt haben, wofür die kolportierten 19 Millionen Euro gezahlt wurden. Mario Balotelli war zwar 209 Minuten im Einsatz, bis auf sein Tor gegen England konnte aber auch der 23-Jährige die Erwartungen nicht erfüllen und warf seinen Kritikern nach der WM Rassismus vor. Dazu zählte allerdings auch Ex-Coach Cesare Prandelli, der erklärte: „Mario ist kein Champion.“
Superflop: Luis Suarez
Verletzt, umjubelt, ausgerastet: Die WM von Torjäger Suarez war eine Achterbahnfahrt mit einem Totalcrash am Ende. Seine Beißattacke gegen Italiens Giorgio Chiellini ließ am Verstand des Uruguay-Stürmers zweifeln und war auch für Psychologen eine nur schwer erklärbare Tat, passierte es ihm doch schon zum dritten Mal in seiner Karriere. Die Reaktionen darauf waren enorm. Der zum FC Barcelona transferierte Suarez fasste dafür neun Spiele Sperre bzw. vier Monate Ausschluss von allen Fußballaktivitäten aus.
Coach: Luiz Felipe Scolari
„Fahr zur Hölle, Felipao“, kommentierte das Blatt „Odia“ in großen Lettern aus Wut über Nationaltrainer Scolari nach dem 1:7 gegen Deutschland. Der Weltmeistercoach von 2002 muss sich den Vorwurf gefallen lassen, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben. Effizienz schlägt Emotion - so die Lehre für den 65-Jährigen. Bis auf das Verlassen auf Neymar war keine Taktik erkennbar. Das Ausleben brachialer Gefühle reicht auf dem Platz nicht mehr aus, um Spiele zu gewinnen. Die taktische Naivität wurde schließlich beinhart bestraft.
Christian Wagner, ORF.at
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