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Auf steinigem Weg an die Weltspitze

Ein Salzburger mit bosnischen Wurzeln, der erste Athlet mit Migrationshintergrund, bringt Farbe in den Österreichischen Skiverband (ÖSV). Slaven Dujakovic ist der erste Spross einer Zuwandererfamilie, der für Österreich bei einem alpinen Skigroßereignis starten darf - bei der Junioren-WM sogar als der einzige Landesverbandsfahrer. Der ersehnte Aufstieg in den ÖSV-Kader zu Saisonende wäre ein weiteres Novum in der heimischen Skiszene.

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Der 20-jährige Dujakovic, die Eltern waren mit 19 Jahren aus Bosnien zugezogen, musste als Jugendlicher Farbe bekennen - Fußball oder Skifahren. In beidem war er geübt und ebenso talentiert. Beides ging nicht, wollte er in einer dieser Sportarten doch nach ganz oben. Und so entschied er sich als 13-Jähriger mit einigem Anlauf für den Skisport, die ungleich teurere und schwierigere Variante für den Sohn zweier Migranten, die als Hilfsarbeiter finanziell gerade über die Runden kamen.

Immer noch wohnen die Dujakovics in Viehhofen, einer 600-Seelen-Gemeinde im Salzburger Bezirk Zell am See. Slaven, Schwester Sanja, Mutter Ljuba und Vater Zoran teilen sich ein paar Quadratmeter einer Mietwohnung. Dujakovics Eltern arbeiten an der Mindestlohngrenze - Zoran als Eisenbieger in einem Betonwerk, Ljuba dort als Reinigungsfachkraft. Slaven ist ohne Einkommen, dafür mit Berufsausbildung an der Skihotelfachschule Bad Hofgastein, die er vor zwei Jahren erfolgreich abgeschlossen hatte. Erstmals selbst Geld verdienen würde er bei einer Berufung in den ÖSV-Kader.

Finanzen als bestimmender Faktor

Geld spielte stets die bestimmende Hauptrolle in Dujakovics Laufbahn. Am fehlenden Geld wäre seine Karriere in frühen Jahren schon fast gescheitert. Weil er die Staatsbürgerschaft erst mit zwölf Jahren bekam und Ausrüster Blizzard dem Jugendlichen den Geldhahn zudrehte, dem Schülerfahrer keine Ski mehr zur Verfügung stellte, und weil Dujakovic trotz toller Ergebnisse nicht in den Salzburger Landeskader aufgenommen worden war, wofür die Staatsbürgerschaft vorausgesetzt wurde.

Slaven Dujakovic auf der Piste

GEPA/Andreas Pranter

Dujakovic macht sich im Skisport einen Namen

Ski hätte sich Vater Dujakovic nicht auch noch leisten können. Das wäre das Ende gewesen. Fischer sprang 2007 als Retter in der Not ein. Denn finanziell sei seine Familie am Limit gewesen, sagte Dujakovic gegenüber ORF.at. Seine Eltern waren einst der Arbeit wegen nach Österreich gekommen. Wegbereiter war ein Onkel, der Jahre zuvor eingewandert und mit einer Österreicherin verheiratet war. Geld war rar. „Mir den Skisport trotzdem zu finanzieren war denkbar schwierig“, sagte Dujakovic.

Viehhofen griff dem aufstrebenden Talent unter die Arme. Ein paar Firmen und Hotels schlossen sich vor vier Jahren kurz und finanzieren seither die Hälfte des Jahresbudgets. Viehhofen ist auch Kopfsponsor. Im hiesigen Skiclub nahm sich Hubert Margesin („Er hat immer auf mich geschaut“) seiner an, der mit Dujakovic kostenlos übte und seine Karriere so erst auf Schiene brachte.

Allein auf weiter Flur beim ÖSV

In Summe 15.000 Euro verschlingt eine Saison. Davon rund die Hälfte berappen immer noch Dujakovics Eltern, den Rest der Sponsor. Zu Schulzeiten wurden zusätzlich 450 Euro monatlich fällig. Den großen Brocken machen jetzt die Materialkosten aus. Trainerkosten, Transport und Material für das Training (z. B. Stangen) werden vom Salzburger Landesverband (SLSV) finanziert.

Bei Trainingskursen gilt ein vereinbarter Selbstbehalt von 25 Euro pro Übernachtungstag, alles Weitere zahlt laut Ludwig Brunner, dem alpinen Leiter, der SLSV. Der Tarif sei für alle gleich. ÖSV-Nachwuchs-Referent Gert Ehn sagte auf ORF.at-Nachfrage zu den Kosten: „Es besteht leider die Gefahr, dass nur mehr jene zum Skisport finden, die ihn sich leisten können, und nicht die Besten.“

Nicht viele Migrantenfamilien - ob mit Wurzeln in Bosnien, Serbien oder Kroatien, wo der Skisport durchaus Tradition hat - können sich diesen Sport in Österreich offenbar leisten. Das sei vorwiegend der Grund, sagte Dujakovic, warum er hierzulande derzeit allein auf weiter Flur kämpfe: „Sie sehen im Skisport auch nicht so den großen Erfolg. Auf der anderen Seite ist es natürlich eine finanzielle Sache. Die meisten spielen deshalb Fußball. Da kauft man ein Paar Schuhe und einen Ball, und die Sache hat sich. Skifahren, die ganze Ausrüstung, das kostet halt. Der Aufwand ist den meisten zu viel.“

Fußball wäre vernünftiger gewesen

Warum er sich dennoch dafür entschieden habe? „Weil Skifahren ein Einzelsport ist, das hat mir besser gefallen und liegt mir auch mehr. Weil man allein für sich und seinen Erfolg kämpft, dafür allein verantwortlich ist. Wenn man nicht gut fährt, ist man selber schuld. Umgekehrt genau so. Wenn aber die Fußballteamkameraden keinen guten Tag erwischen, kann man allein auch nichts gewinnen.“

Bereut habe er den eingeschlagenen Weg nie, ebensowenig seine Eltern - obwohl er im Fußball vielleicht schon weiter wäre, bei geringeren Kosten längst Geld verdienen würde. Fußball wäre, so Dujakovic, die vernünftigere Lösung gewesen. Sein Herz gehört aber dem Skisport. „Ich werde meinen Weg gehen“, sagte er. Zu Saisonende könnte dieser Weg in den ÖSV-Kader führen und im Weltcup enden.

Dujakovic fährt Abfahrt, Super-G und Kombination, hin und wieder Riesentorlauf. Dujakovic: „Für einen Speed-Fahrer bin ich noch jung, aber schon sehr weit. In meiner Altersklasse zähle ich zu den Besten auf der Welt. Von daher bin ich mir sicher, dass ich mich in ein paar Jahren auch im Weltcup durchsetzen werde.“ Ehn wollte sich diesbezüglich auf keine Prognosen einlassen, auch nicht hinsichtlich Dujakovics Berufung in den ÖSV-Kader. Er sagte nur: „Talent haben alle Fahrer, die so weit gekommen sind wie Slaven. Bis zur absoluten Weltspitze ist der Weg allerdings noch steinig.“

Michael Fruhmann, ORF.at

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