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„Fußball wäre vernünftiger gewesen“

Slaven Dujakovic, seine Eltern kamen einst aus Bosnien nach Salzburg, wäre der erste Skifahrer mit Migrationshintergrund, dem der Sprung in den ÖSV-Kader gelingt. Im ORF.at-Interview sprach der 20-Jährige über die Entscheidung für den Skisport, den steinigen Weg nach oben, die finanziellen Probleme und über den Moment, an dem seine Karriere in frühen Jahren fast schon zu Ende gewesen wäre.

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ORF.at: Herr Dujakovic, wie sind Sie zum Skisport gekommen?

Dujakovic: Mein erster Kontakt damit war im Alter von 32 Monaten. Mein Vater kellnerte damals in einer Bar auf dem Kitzsteinhorn und nahm mich gleich einmal mit. Da bin ich zum ersten Mal auf Ski gestanden. Ich glaube, es hat mir ganz gut gefallen. Als Bub bestritt ich dann die ersten Rennen. Weil ich aber auch Fußball spielte, musste ich mich mit 13 entscheiden. Es wurde Skifahren. Und dann ging es weiter. Bei Schülerrennen war ich schon sehr erfolgreich, dann stieg ich ins FIS-Geschehen auf und in den Europacup. Die Junioren-WM ist der bisherige Höhepunkt.

ORF.at: Warum entschieden Sie sich damals für den Skisport und gegen Fußball?

Dujakovic: Weil Skifahren ein Einzelsport ist, das hat mir besser gefallen und liegt mir auch mehr. Weil man allein für sich und seinen Erfolg kämpft, dafür allein verantwortlich ist. Wenn man nicht gut fährt, ist man selber schuld. Umgekehrt genau so. Wenn aber die Fußballteamkameraden keinen guten Tag erwischen, kann man allein auch nichts gewinnen.

ORF.at: Jugendtrainer Hubert Margesin nennen Sie stets als wichtigen Wegbegleiter. Warum?

Dujakovic: Er spielte eine ganz wichtige Rolle. Er hat mich damals im Viehhofener Skiclub super eingeführt, mit der Gruppe vertraut gemacht. Er hat mich super behandelt und immer auf mich geschaut. Von Vorteil war, dass die Gruppe immer kleiner wurde, später war ich sogar der einzige im Club. Da konnte sich Margesin ausschließlich um mich kümmern. Er hat mir sehr viel geholfen. Und so kam ich zum Salzburger Landesverband, von dem ich in weiterer Folge genau so unterstützt wurde.

Slaven Dujakovic auf der Slalom-Piste

GEPA/Andreas Pranter

Speed-Fahrer Dujakovic fühlt sich auch zwischen den Stangen wohl

ORF.at: Wann bekamen Sie die Staatsbürgerschaft?

Dujakovic: Mit zwölf Jahren. Davor hatte ich ein großes Problem, weil Blizzard mich nicht mehr unterstützen wollte, weil ich nicht in den Landeskader konnte. Ich hatte zwar die dafür notwendigen Ergebnisse, aber eben keine Staatsbürgerschaft. Und die Skifirmen unterstützten nur Kaderfahrer. Aber dank Fred Hollaus kam ich 2007 bei Fischer unter. Er übernahm mich, Kader hin oder her, weil ich seiner Meinung nach hinein gehörte. Ein Jahr später bekam ich die Staatsbürgerschaft ohnehin. Das Material bekomme ich immer noch Fischer. Das passt super.

ORF.at: Wie meisterten Sie die finanziellen Anforderungen?

Dujakovic: Vom Geld her ist es für meine Familie immer schwierig gewesen. Meine Eltern leben von einem Mindestlohn. Mein Papa ist Eisenbieger in einem Betonwerk, meine Mama dort Putzfrau. Mir den Skisport zu finanzieren, war denkbar schwierig. Zum Glück haben sich vor vier Jahren ein paar Firmen und Hotels in Viehhofen zusammengetan. Seither finanzieren sie mir einen Teil des Saisonbudgets und unterstützen mich als Sponsor. Viehhofen ist auch mein Kopfsponsor. Eine Saison kostet rund 15.000 Euro. Ungefähr die Hälfte davon müssen immer noch meine Eltern übernehmen.

ORF.at: Sie haben noch kein Einkommen?

Dujakovic: Nein. Vor zwei Jahren habe ich die Skihotelfachschule zwar abgeschlossen, mich dann aber dafür entschieden, den Skisport profimäßig auszuüben. Bislang läuft es recht gut. Aber ich hoffe, dass ich bald in den ÖSV-Kader komme, dann hätte ich erstmals auch ein eigenes Einkommen.

ORF.at: Sie wären der erste Skifahrer im ÖSV-Kader mit Migrationshintergrund.

Dujakovic: Ich wusste immer, dass das interessant für die Leute werden würde. Das hat es noch nie gegeben. Das ist lässig. Auch für mich. Ich freue mich schon riesig und starte gerne für Österreich. Ich bin ja Österreicher, bin in Salzburg geboren und aufgewachsen. Natürlich weiß ich auch, wo meine Wurzeln sind. In Bosnien. Aber ich fühle mich hier sehr wohl.

ORF.at: Warum sind Ihre Eltern damals nach Österreich gekommen?

Dujakovic: Das hat sich durch die Arbeit so ergeben. Mein Onkel war ja schon einige Jahre davor hier, er ist mit einer Österreicherin verheiratet. Durch ihn ist mein Vater nach Salzburg gekommen und hat hier zu arbeiten begonnen. Die Mama kam später nach. Und gemeinsam sind sie dann geblieben.

ORF.at: Marcel Hirschers Vater zum Beispiel ist ein wichtiger Teil seines Erfolges. Welche Rolle spielte Ihrer Vater?

Dujakovic: Er ist natürlich auch dahinter, hat aber nicht so viel Zeit, um bei jedem Rennen dabei zu sein. Er verfolgt alles über Fernsehen und Internet. Wir haben engen Kontakt. Helfen in dem Sinn kann er mir allerdings nicht, weil er sich ja nicht so auskennt wie Hirschers Papa. Aber er ist zumindest interessiert und fördert mich.

ORF.at: Haben Sie die Entscheidung pro Skisport jemals bedauert?

Dujakovic: Nein, nie. Als Fußballer wäre ich jetzt vielleicht schon weiter, von daher wäre es auch vernünftiger gewesen. Aber ich habe es noch nie bereut. Auch meine Eltern nicht. Es war die richtige Entscheidung. Ich werde meinen Weg gehen und ich werde es schaffen.

ORF.at: Also haben Sie nie ans Aufgeben gedacht?

Dujakovic: Ich nicht, aber mein Papa, als Blizzard mich nicht mehr unterstützen wollte. Da hat es schlecht ausgeschaut. Die Ski damals auch noch selber bezahlen zu müssen, wäre für meine Eltern unmöglich gewesen. Ohne die Firma Fischer hätte ich aufhören müssen.

ORF.at: Liegt es nur am Geld, dass Kinder aus Migrantenfamilien nicht zum Skisport finden?

Dujakovic: Ich glaube, es liegt auch an der Mentalität der „Ausländer“. Sie sehen im Skisport nicht so den großen Erfolg. Auf der anderen Seite ist es natürlich eine finanzielle Sache. Deshalb spielen die meisten Fußball. Da kauft man ein Paar Schuhe und einen Ball und die Sache hat sich. Skifahren, die ganze Ausrüstung, das kostet halt. Der Aufwand ist den meisten zu viel. In Bosnien zum Beispiel ist der Skisport sowieso eine Randsportart. Das machen nur ganz wenige.

ORF.at: Wie geht es in Ihrer Karriere nun weiter?

Dujakovic: Nach meiner Verletzung (Kreuzband, Meniskus, Anm.) bin ich einmal zufrieden, dass ich heuer dort anknüpfen konnte, wo ich aufgehört hatte. Die vergangene Saison musste ich ja pausieren. Ich bin perfekt erholt, habe keine Probleme mehr. Mit dem Start bei der Junioren-WM habe ich mein Ziel in dieser Saison schon erreicht. Eine Medaille wäre die Draufgabe und ist auch möglich, wenn alles passt. Das wäre ein Traum. Nach der Saison hoffe ich, dass ich in den ÖSV-Kader komme. Danach ist der Weltcup das große Ziel.

ORF.at: Glauben Sie an ihren raschen Durchbruch im Weltcup?

Dujakovic: Ja. Das ist möglich. Für einen Speed-Fahrer bin ich noch jung, aber schon sehr weit. In meiner Altersklasse zähle ich zu den Besten auf der Welt. Von daher bin ich mir sicher, dass ich mich in ein paar Jahren auch im Weltcup durchsetzen werde.

Das Gespräch führte Michael Fruhmann, ORF.at

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