Tragödie führte zum Umdenken
Bei Juventus Turin ist die Heysel-Katastrophe noch immer als eines der größten Dramen der Vereinsgeschichte präsent. Im Museum des Vereins gibt es einen eigenen Bereich, auch im neu gebauten Juventus Stadium wird mit 39 Sternen der Toten gedacht. „Die Opfer sind immer in unseren Herzen“, sagte Clubpräsident Andrea Agnelli. In diesem Jahr soll mit einer Messe an die Opfer erinnert werden.
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In Liverpool tat man sich schwer, die Schuld zu akzeptieren. „Das war ein Moment großer nationaler Schande, für die Fans und andere in England“, sagt der Fußballsoziologe John Williams von der englischen Universität Leicester. Die Betroffenen hätten überwiegend versucht zu vergessen, was passiert war, oder die Schuld der UEFA oder Brüssel zu geben. Nur vier Jahre später war der Club in die nächste Katastrophe verwickelt. Bei einer Panik im Hillsborough-Stadion in Sheffield starben 96 Liverpool-Anhänger, darunter Frauen und Kinder.
Diese Tragödie verdrängte in Liverpool die Tragödie im Heysel-Stadion zusätzlich aus dem Bewusstsein. Die Erinnerung daran ist bei Liverpool allgegenwärtig und in Form zweier Fackeln sogar Teil des Vereinslogos. An die 39 Opfer von Brüssel erinnert eine Tafel mit den beiden Vereinswappen, die 2010 zum 25. Jahrestag enthüllt wurde. „Wenn Hillsborough der traurigste Tag in der Geschichte des Vereins ist, dann ist der 29. Mai sicher der Tiefpunkt“, heißt es auf der Liverpool-Homepage.
Weitreichende Folgen für England
Heysel hatte - zusammen mit Hillsborough - weitreichende Folgen für den englischen Fußball. Friedliche Fans gründeten einen nationalen Verband, um Nicht-Hooligans eine Stimme zu geben. „Es wuchs ein Verständnis in diesem Land dafür, dass das Spiel kulturell wichtig war, aber das Verhalten vieler Fans ein Problem“, erklärt Williams, der es bedauert, dass jährlich ganz offiziell der Opfer von Hillsborough gedacht wird, aber nicht jener von Heysel.
Neun Jahre nach der Tragödie wurde die veraltete Heysel-Arena geschliffen und am 23. August 1995 das neue König-Boudouin-Stadion mit dem Länderspiel Belgien gegen Deutschland (1:2) eingeweiht. Zum 20. Jahrestag des Heysel-Dramas, am 29. Mai 2005, wurde an der Außenseite des neuen Ovals eine Gedenkskulptur, die mit den Worten „Haltet die Uhren an“ versehen ist, enthüllt.
Umbauten in vielen Stadien
Von den insgesamt 26 an Belgien ausgelieferten Hooligans erhielten 14 Haftstrafen von bis zu drei Jahren. Die belgischen Behörden überwiesen den Hinterbliebenen der Opfer rund 1,25 Millionen Euro Entschädigung. Die UEFA verhängte über die englischen Vereine eine fünfjährige, über Liverpool eine sechsjährige Europacup-Sperre. Auch Juventus und der belgische Verband kamen nicht ungeschoren davon. Die Tragödie führte in den Jahren danach zum Umdenken, zu baulichen Veränderungen in vielen Stadien und zu strenger kontrolliertem Kartenverkauf.
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