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Schwarzes Kapitel neigt sich dem Ende zu
Am Dienstag jährt sich der Haftantritt des mittlerweile 63-Jährigen. Hoeneß kann indessen nach vorne blicken. Seit fünf Monaten ist er Freigänger, wurde in die Außenstelle des Gefängnisses nahe dem Starnberger See verlegt und muss nur noch zum Schlafen hinter Gitter. Tagsüber arbeitet er in der Jugendabteilung seines Clubs, des Rekordmeisters FC Bayern München. Und wenn alles nach Plan verläuft, wird Hoeneß Anfang März 2016 vorzeitig aus der Haft entlassen.
Es gibt kein Foto vom Steuersünder in Anstaltskleidung, nur Bilder vom Ausgang und von dem Freigänger Hoeneß. Darauf ist ein deutlich schlanker gewordener Mann zu sehen, der nachdenklich schaut. Längst lässt sich Hoeneß auch wieder auf dem Gelände des Clubs bei den Profikickern blicken - zuletzt von Fotografen festgehalten am 11. Mai beim Abschlusstraining vor dem Rückspiel im Champions-League-Halbfinale gegen den FC Barcelona.

Reuters/Michaela Rehle
Hoeneß muss nur noch zum Schlafen in die Haftanstalt
„Hat seinen Frieden gefunden“
Viele wüssten zu gerne, wie Hoeneß über die Saisonbilanz von Philipp Lahm, Manuel Neuer und Co. denkt, aber es gibt keine öffentliche Äußerung von ihm. Dafür reden andere über ihn. „Wir haben gesprochen über Fußball, Fußball, Fußball“, berichtete etwa Trainer „Pep“ Guardiola Anfang des Jahres. „Er ist hier, und das ist gut. Manchmal sehen wir uns.“ Und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge glaubte über seinen Freund Uli zu wissen, „dass er seinen Frieden gefunden hat“.
Die ersten Monate im Gefängnis dürften die härtesten gewesen sein. Zwar machten allerlei Spekulationen über eine Vorzugsbehandlung des Promihäftlings die Runde. Hoeneß sei nicht in einer der normalen, acht Quadratmeter großen Einzelzellen untergebracht, hieß es, sondern wohne deutlich komfortabler auf der Krankenstation. Auch beim Essen genieße Hoeneß Privilegien, wurde gemunkelt.
Das bayerische Justizministerium in München und seine Anwälte schwiegen dazu eisern. Stets wurde auf die Persönlichkeitsrechte des Gefangenen verwiesen. Auch aktuell gibt es von beiden Seiten keine Stellungnahmen zur Haft des 63-Jährigen.
Zukunft bei Bayern „völlig offen“
Hoeneß’ Zukunft bei Bayern München ist nach Angaben seines Bruders „völlig offen“. „Da gibt es im Moment gar keine Tendenz“, sagte Dieter Hoeneß im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk (BR). „Für den FC Bayern wäre es wünschenswert, wenn Uli wieder zurückkäme. Ob es für Uli gut ist, das ist die Frage“, führte der Bruder des langjährigen Bayern-Machers im BR aus.
„Möglicherweise wäre es für Uli auch besser, ein bisschen mehr das Leben zu genießen, nicht nur immer wieder irgendwelchen Erfolgen hinterherzurennen. Aber die Entscheidung muss er selber treffen und wird er auch treffen nach reiflicher Überlegung“, sagte Dieter Hoeneß.
Auch mit der Familie werde er dabei sicher Rücksprache nehmen. „Ich glaube, Ulis Erbe ist gut übernommen worden. Man hat den Verein weiter entwickelt. Natürlich hat Uli ein bestelltes Feld hinterlassen, auf dem man aufbauen konnte.“ Uli Hoeneß wolle möglicherweise auch erst einmal etwas Abstand gewinnen, bevor er sich mit der Rückkehr in ein Amt auseinandersetze.