Zwischen Traditon und Apartheid
Im Herbst wird zum achten Mal in der Geschichte des Sports der Weltmeister im Rugby ermittelt. Zu den Favoriten zählt auch heuer wieder Südafrika. Die „Springboks“, 1995 und 2007 bereits Weltmeister, gehören zu den erfolg- und traditionsreichsten Teams der Welt. Ihre Geschichte ist aber auch eng mit der Diskriminierung der nicht weißen Bevölkerung an der Südspitze Afrikas verbunden.
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Britische Siedler brachten den Rugby-Sport Mitte des 19. Jahrhunderts in die Kronkolonie am Kap der guten Hoffnung. Am 30. Juli 1891 und damit fast 20 Jahre vor der Vereinigung der Kap-Kolonien zur Südafrikanischen Union, wurden die ersten Länderspiele gegen eine Auswahl der britischen Inseln absolviert. Die ersten 20 Spiele wurden zwar alle verloren, die Popularität des Spiels wuchs aber unaufhaltsam. Auch bei den Buren, den Nachfahren der niederländischen Kolonisten am Kap, wurde Rugby immer populärer.
Symbol für Apartheid
Die neue Stärke der Südafrikaner mussten die Europäer in den Jahren 1906 und 1907 anerkennen. In insgesamt 29 Spielen konnte nur Schottland Südafrika besiegen, England - dem Mutterland des Rugby - war nur ein Remis vergönnt. Aus dieser Zeit datiert auch der Spitzname des Teams „Springboks“. Der Name und der Springbock als Wappen wurden zum Symbol für die südafrikanische Mannschaft. Bis Anfang der 60er Jahre feierte Südafrika große Erfolge.
APA/EPA/Nic Bothma
Die „Springbks“ gehören seit ihrem Beginn zu den Topteams im Rugby
Mit der Verschärfung der Apartheid-Politik in Südafrika in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts gerieten aber auch die „Springboks“ ins Abseits. Das Team, in dem schwarze Spieler keinen Platz hatten, wurde zum Symbol der Diskriminierung. Spiele gegen andere Nationen waren von Protesten begleitet. Ein umstrittenes Gastspiel Neuseelands in Südafrika führte 1976 zum Olympiaboykott von 28 mehrheitlich afrikanischen Staaten. Zwischen 1981 und 1992 war der südafrikanische Verband sogar vom International Rugby Board (IRB) ausgeschlossen.
Zweifacher Weltmeister
Nach dem Ende der Apartheid-Politik und den ersten freien Wahlen in Südafrika 1994 kletterten die „Springboks“ wieder zurück ins Rampenlicht. Dass Spitzname, Wappen und die Teamfarben Grün und Gold auch heute noch das Markenzeichen des Teams sind, hat man Nelson Mandela zu verdanken. Der damalige Präsident setzte sich persönlich dafür ein, dass die umstrittenen Symbole beibehalten wurden, um die weiße Oberschicht für seinen Plan der „Rainbow Nation“ zu gewinnen.
Seit 1994 tragen die Spieler der „Springboks“ auch die Protea, die Nationalblume Südafrikas, auf ihrem Trikot, um den neuen Weg des Landes zu symbolisieren. Mit dem zusätzlichen Logo auf der Brust gewann die Mannschaft auch 1995 bei der ersten Teilnahme im eigenen Land gleich den Weltmeistertitel und versöhnte sich damit mit der gesamten Nation. 2007 wiederholten die „Springboks“ in Frankreich den WM-Coup.
Noch kein „Rainbow“-Team
Obwohl Südafrikas Rugby-Team mittlerweile kein Symbol der Apartheid mehr darstellt, ist man von einem „Rainbow“-Team noch weit entfernt. Beim WM-Titel 1995 war mit Chester Williams nur ein dunkelhäutiger Spieler im Kader zu finden, bei der WM 2007 war es mit Bryan Habana und JP Pietersen nur um einer mehr. Immerhin wurde 2008 mit Peter de Villiers erstmals ein Nichtweißer zum Teamchef befördert.
De Villiers war der große Erfolg allerdings nicht vergönnt. Bei der WM 2011 in Neuseeland scheiterte Südafrika als Titelverteidiger bereits im Viertelfinale. Seit 2012 ist Heyneke Meyer Trainer der „Springboks“. Heuer soll rechtzeitig zum 20-jährigen Jubiläum des ersten WM-Titels erneut die Weltmeisterschaft her. Die Südafrikaner wären damit auch Rekordhalter. Denn dreimal Weltmeister war in der kurzen Geschichte des Rugby-World-Cups noch niemand.
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