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Ansprüche erfordern Kaderkorrektur

Überlegener Meistertitel, Halbfinalist im DFB-Cup und in der Champions League: So lautet die Bilanz von Bayern München für die Saison 2014/15. Auch wenn die Meisterschaft an der Säbener Straße immer als „wichtigster und ehrlichster Titel“ gesehen wird, sind die Ansprüche der Bayern spätestens seit dem Triple im Jahr 2013 in höheren Sphären angesiedelt. Deshalb wurde auch Startrainer Josep Guardiola geholt.

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„Diese Mannschaft hat noch einen Champions-League-Sieg in sich, so wie sie jetzt dasteht“, sah Philipp Lahm Ende Mai den Kader „absolut konkurrenzfähig“. Der deutsche Rekordmeister wurde zwar letzte Saison oft vom Verletzungspech heimgesucht, aber genau deswegen ist auch klar, dass in dieser Transferperiode die eine oder andere Schönheitskorrektur am Kader notwendig sein wird, um mit der Konkurrenz aus Spanien, England und Italien mithalten zu können.

Frisches Blut für den Flügel

Schlüsselspieler wie Kapitän Lahm, Dante, Xabi Alonso, Bastian Schweinsteiger, Franck Ribery und Arjen Robben sind allesamt über 30 Jahre alt. Vor allem der Franzose und der Niederländer sind aufgrund ihrer Verletzungsanfälligkeit ein Risiko, für den internationalen Erfolg aber unverzichtbar. Ribery sieht sich bereits mit Spekulationen über ein Karriereende konfrontiert, denn eine ähnliche - vorerst als harmlos angesehene Sprunggelenksverletzung - beendete in den 90er Jahren die Laufbahn von Marco van Basten.

Arjen Robben

AP/Matthias Schrader

Häufige Muskelprobleme sind die Achillesferse von Arjen Robben

Den Verantwortlichen um Sportdirektor Matthias Sammer und den Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge ist bewusst, dass seit dem Scheitern im CL-Halbfinale am FC Barcelona der Kader einer Frischzellenkur unterzogen werden muss. „Ganz in Ruhe“ wollte Sammer die Situation analysieren. Die Erkenntnis kann aber nur sein, dass vor allem auf dem Flügel frisches Blut benötigt wird. Wenn man die vielen Transfergerüchte um die Bayern verfolgt, fallen oft Namen von Spielern, die auf der Ribery-Position Alternativen wären.

Griezmann und andere Kandidaten

Ein Name, der dabei immer wieder auftaucht, ist Antoine Griezmann. Der Franzose spielte sich in dieser Saison bei Atletico Madrid endgültig ins Rampenlicht und wurde damit zur begehrten Transferaktie. Neben den Bayern hat auch Paris Saint-Germain Interesse am 24-Jährigen. Griezmann soll aber in seinem Vertrag eine Ausstiegsklausel von 60 Millionen Euro stehen haben. Ein Preis, der den Bayern wohl zu hoch ist. Überdies soll Coach Guardiola nicht restlos von den Qualitäten des Teamspielers überzeugt sein.

Antoine Giezmann

APA/EPA/Victor Lerena

Mit 22 Ligatoren erzielte Antoine Griezmann ebenso viele wie Superstar Neymar

Damit rücken auch günstigere Spieler in den Fokus der Bayern. Als ein Kandidat wird der 24-jährige Brasilianer Douglas Costa genannt. Laut Medienberichten sollen die Verhandlungen mit dem Spieler von Schachtjor Donezk schon weit fortgeschritten sein. Eine Ablösesumme von 35 Mio. Euro ist im Gespräch. Ebenfalls auf beiden Außenbahnen einsetzbar ist Paul-Georges Ntep. Der 22-Jährige von Stade Rennes wäre mit zehn Mio. Euro im Vergleich ein Schnäppchen. Auch der Ex-Salzburger Sadio Mane, aktuell vertraglich bis 2018 an Southampton gebunden, gilt nicht als Wunsch-, aber möglicher Kandidat.

Di Maria im Tausch für Schweinsteiger?

Fakt ist, dass der große und kostspielige Kader der Bayern ohne Abgänge nicht so einfach aufgestockt werden kann. Diesbezüglich ergab sich allerdings eine sehr interessante Variante. Angel di Maria, der bei Manchester United nur zu Saisonbeginn überzeugen konnte, ist für die Bayern eine Option für den Flügel. Mit 65 Mio. Euro ist der Argentinier den Münchnern aber zu teuer. Nun wird über ein Gegengeschäft mit Schweinsteiger (Wert: 25 Mio. Euro), der bei United-Coach Louis van Gaal hoch im Kurs steht, spekuliert.

Angel di Maria

APA/EPA/Peter Powell

Bei United konnte Angel di Maria die Erwartungen noch nicht erfüllen

Dieses Geschäft wird es allerdings nur geben, wenn Schweinsteiger, dessen Vertrag im Sommer 2016 ausläuft, mit einem konkreten Wechselwunsch an die Bayern herantritt. Auch Di Maria scheint keinen Abgang von den „Red Devils“ anzustreben. „Ich werde die Copa America spielen, danach zurück nach Manchester kommen und mein Bestes geben. Es war eine harte Saison für mich. Ich denke, es war schwierig, weil es für mich ein anderes Land und eine andere Liga war“, sagte der ehemalige Real-Spieler gegenüber „The Sun“.

Handlungsbedarf in Innenverteidigung und Angriff

Handlungsbedarf gibt es bei den Bayern aber auch auf anderen Positionen. Dante konnte in der Innenverteidigung nicht immer überzeugen. Holger Badstuber ist per Du mit dem Verletzungsteufel. Guardiola, der schon mehrere Spieler aus seiner Heimat geholt hat, könnte an Barcelonas Marc Bartra denken. Der 24-Jährige kam in dieser Saison nur auf 25 Pflichtspiele, weshalb seine vertragliche Ablösesumme auf zwölf Mio. Euro gesunken ist. Die gleiche Klausel nutzten die Bayern schon, um Thiago nach München zu holen.

Marc Bartra

AP/Alberto Saiz

Bei Barcelona ist Marc Bartra in der Innenverteidigung nur zweite Wahl

Auch im Sturm werden sich die Bayern wohl um eine Ergänzung zu Robert Lewandowski umsehen. Alternativen waren bisher Thomas Müller und Claudio Pizzaro. Der Vertrag des 36-jährigen Peruaners läuft aber mit 30. Juni aus. Als möglicher Nachfolger Pizarros wird in den Medien Mönchengladbachs Raffael gehandelt. Der Brasilianer ist zwar auch schon 30 Jahre alt, hatte aber mit zwölf Ligatoren entscheidenden Anteil daran, dass sich der Club von Martin Stranzl für die Champions League qualifizierte.

Rummenigge schließt Megatransfer aus

Obwohl auch Namen wie Kevin de Bruyne (VfL Wolfsburg), Ilkay Gündogan (Borussia Dortmund) und Gonzalo Castro (Bayer Leverkusen) in Verbindung mit den Bayern gebracht werden und nach den CL-Einnahmen von 60 Millionen Euro auch das Geld vorhanden wäre, hat Rummenigge einen Megatransfer ausgeschlossen. „Um das an dieser Stelle noch einmal klarzustellen: Der FC Bayern wird definitiv keinen Spieler für 100 Millionen Euro holen“, sagte Rummenigge im Interview mit „Sport Bild“.

Neben Goalie Sven Ulreich haben die Bayern mit dem defensiven Mittelfeldspieler Joshua Kimmich bisher erst eine Zukunftsaktie verpflichtet. Der 20-Jährige kommt um 8,5 Mio. Euro vom VfB Stuttgart und war zuletzt an RB Leipzig ausgeliehen. Was die Zukunftsplanung betrifft, stehen die Bayern vor allem vor dem Dilemma, wie es mit Guardiola weitergehen wird. Über eine Verlängerung des 2016 auslaufenden Vertrages soll erst im Frühjahr verhandelt werden. Damit könnte es durchaus zu unterschiedlichen Vorstellungen in der Kaderzusammenstellungen kommen.

„Der FC Bayern hat nie nach einer Trainerwunschliste eingekauft. Ein Trainer muss gehört werden, aber wir werden natürlich auch für den FC Bayern agieren müssen“, stellte der streitbare Sammer, der sich für die langfristige Planung, den roten Faden im Club, zuständig sieht, schon einmal klar. Spannende und intern vermutlich auch nicht reibungsfreie Wochen in der Transferzeit sind damit wohl garantiert.

Christian Wagner, ORF.at

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