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„Harte Bedingungen“ erwartet

Der gebürtige Kenianer Edwin Kemboi geht am Samstag im Auftaktbewerb der Leichtathletik-WM in Peking für Österreich ins Rennen. Nach der Einbürgerung am 3. Juni 2014 qualifizierte sich der nun 31-Jährige im Jänner beim Dubai-Marathon mit einer Zeit von 2:14:05 Stunden für die Welttitelkämpfe. Der werdende Vater bescheinigt sich selbst eine „sehr gute Form“, erwartet aber „harte Bedingungen“.

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Nach der erfolgreichen Titelverteidigung bei den Marathon-Staatsmeisterschaften im Juni in Linz reiste Kemboi mit seiner Kärntner Ehefrau Anja Prieler-Kemboi wieder nach Kenia. Dort leben die beiden in Iten und wollen mit ihrer Agentur „Laufen ohne Grenzen“ jungen Afrikanern den Weg in eine bessere Zukunft ebnen sowie mit der Hilfsorganisation Keiyo Foundation die Menschen in Kembois Heimat unterstützen.

WM-Vorbereitung in Kenia

Die Vorbereitung auf den WM-Marathon hat Kemboi ausschließlich in seinem Geburtsland absolviert. „Sie ist sehr gut verlaufen, Gott sei Dank verletzungsfrei und ohne größere Probleme“, meinte Kemboi, der 2014 wegen einer Verletzung nur unter Schmerzen laufen konnte. Er trainiert in einer sehr großen Gruppe mit bis zu hundert Athleten, anders ist es für ihn überhaupt nicht vorstellbar. „Hier trainieren wir alle zusammen, Neid kennen wir nicht“, versicherte er.

Marathonläufer Edwin Kemboi

GEPA/Florian Ertl

Nur in der kalten Jahreszeit trainiert Edwin Kemboi in Österreich

In Klagenfurt, der Österreich-Basis des Paares, ist eine gezielte Meisterschaftsvorbereitung für ihn nicht möglich, weil er die Höhe, das Essen, seine Trainer und die Kollegen um sich braucht. Außer Dubai und Linz hat Kemboi in diesem Jahr an ein paar Läufen in Kenia teilgenommen, stets als Trainingswettkampf, wie er berichtete. Aufgrund der am Dienstag erfolgten eher kurzfristigen Anreise nach Peking blieb wenig Zeit zum Akklimatisieren. „Ich nehme lieber die Energie aus der Höhe mit, auch wenn es eigenartig sein wird, um 1.00 Uhr nachts kenianischer Zeit zu laufen“, meinte er.

Hitze und Smog als mögliche Probleme

Die zu erwartende Hitze und eventuelle Smogbelastung bereiten ihm etwas Sorge, es werde aber für alle gleich sein. „Die Chinesen könnten einen Vorteil haben“, schränkte Kemboi ein. „Ich halte nicht viel von speziellem Hitzetraining. Die, die das machen, haben beim Rennen keine Energie, stehen müde bei der Startlinie und wundern sich.“ Er möchte einfach fähig sein, alles für Österreich zu geben und viel Erfahrung bei seinem ersten Großereignis zu sammeln.

Der Streckenverlauf ist mit jenem bei den Olympischen Spielen 2008 nicht ganz ident, als Vorbereitung hat sich Kemboi aber das Rennen auf YouTube angesehen. „Ich denke, niemand wird auf Zeit laufen, um Wanjirus Rekord zu brechen. Diese Zeit ist für die Ewigkeit. Deshalb hoffe ich auf eine moderate, nicht zu schnelle erste Hälfte und eine große Gruppe“, sagte Kemboi. Der Kenianer Samuel Wanjiru gewann vor sieben Jahren in Peking mit dem olympischen Rekord von 2:06:32 Stunden. Wanjiru kam im Mai 2011 ums Leben, laut Polizeiangaben sprang er vom Balkon seines Hauses. Die Mutter glaubt an Mord, ein Gerichtsmediziner unterstützt diese Theorie, offiziell gibt es noch kein Ermittlungsergebnis.

Betreut wird Kemboi in Peking von ÖLV-Sportdirektor Hannes Gruber, da seine schwangere Ehefrau die Reise nach Asien nicht mitgemacht hat. „Edwin muss sehr, sehr viel mit Kopf laufen. Kenianer ‚overpacen‘ gerne. Edwin muss eine Gruppe finden und sich einordnen. Er muss mit Geduld laufen. Ein Marathon wird erst ab Kilometer 25 oder 30 entschieden“, sagte Gruber. In der Meldeliste nimmt Kemboi den 31. Platz unter 70 Läufern ein.

Weiteres ÖLV-Quartett hat noch Zeit

Neben Kemboi sind mit den Diskuswerfern Gerhard Mayer und Lukas Weißhaidinger, Hürdensprinterin Beate Schrott und 5.000-m-Läuferin Jennifer Wenth noch vier weitere Österreicher bei der WM in Peking dabei. Sie alle sind am Donnerstag im Einsatz: Mayer und Weißhaidinger in der Qualifikation, Schrott und Wenth im Vorlauf.

Mit fünf Athleten ist das ÖLV-Team das größte seit Helsinki 2005, als ein Sextett antrat. Eine Medaille ist wohl außer Reichweite, ein klar besseres Abschneiden als zuletzt 2011 in Daegu und 2013 Moskau, wo es 18. Plätze gab, aber Verbandsvorgabe. „Man sieht einen eindeutigen Aufwärtstrend. Keiner der fünf ist ins Teilnehmerfeld nachgerutscht, alle haben die verschärften Limits erbracht“, sagte Gruber. „Ich hoffe, dass sich der Aufwärtstrend in der österreichischen Leichtathletik der letzten Monate in Peking auch in den Resultaten widerspiegelt“, meinte ÖLV-Präsident Ralph Vallon.

Dadic nicht ins Feld nachgerückt

Beim Auffüllen der Startlisten durch den Weltverband (IAAF) nicht zum Zug kam Siebenkämpferin Ivona Dadic, die bei der U23-EM mit dem ÖLV-Rekord von 6.033 Punkten Bronze gewann und die WM-Norm von 6.075 nur knapp verpasste. „Sie bleibt in Bombenform daheim, das tut extrem weh“, sagte Gruber. Es sei zu hinterfragen, ob man nicht statt Athleten mit dem Limit aus 2014 solche mitnehme, die 2015 knapp an der Norm vorbeigezogen seien, meinte der ÖLV-Sportdirektor. Der mit einer 2014-Norm qualifizierte Zehnkämpfer Dominik Distelberger sagte wegen Achillessehnenproblemen für China ab.

Diskuswerfer mit Finalchance

Zumindest laut Papierform sind Spitzenplätze im Diskuswurf der Herren möglich, denn Österreichs Duo mischt weitenmäßig heuer in der Weltspitze mit. Mayer verbesserte am 5. Mai in Schwechat den von ihm gehaltenen österreichischen Rekord von 65,24 auf 67,20 m, Weißhaidinger legte an selber Stelle am 1. August mit 67,24 m noch etwas drauf. In der Jahresweltbestenliste sind die beiden damit Fünfter bzw. Sechster, so auch in der WM-Meldeliste.

„Zwei so weit vorne, das muss man genießen. Wichtig war, die beiden zur WM zu bringen, nun werden die Karten neu gemischt. Aber es ist ein schönes Gefühl, zu zweit gegen den Rest der Welt anzutreten“, sagte Nationaltrainer Gregor Högler. „Ich freue mich sehr, wo doch die Limits so nach oben geschraubt worden sind.“ Um eine Qualifikationschance zu haben, wurde eine Wettkampfserie in Schwechat ausgeschrieben. Dort kann der Wurfkreis ideal zur Windrichtung gelegt werden. International ist so ein Vorgehen längst üblich und bei Normen von 66,00 m nicht verwunderlich.

Weißhaidinger überlässt bei seiner ersten WM nichts dem Zufall und hat bei einem Meeting am Samstag in Andorf nicht nur 61,50 m geworfen, sondern auch bereits den zeitlichen Ablauf für sein WM-Debüt geprobt. „Ich muss wissen, wie lange ich zum Aufwärmen, zum Einwerfen brauche. Dass ich mit der Zeit zusammenkomme, gibt mir Sicherheit, da habe ich eine Sorge weniger“, sagte der 23-Jährige. Mayer, Achter der Berlin-WM von 2009, ließ sich zuletzt an der Plantarsehne behandeln, ist für Peking aber fit.

Schrott peilt Semifinale an

Schrott akklimatisierte sich in einem Vorbereitungscamp in Japan. „Mein Ziel ist es, den Vorlauf zu überstehen. Es wäre vermessen zu sagen, ich will ins Finale. Ich bin noch nicht in Höchstform, aber sicher, dass ich in die Nähe meiner Bestleistung laufen kann, wenn die Bedingungen gut sind“, sagte die Olympiaachte und EM-Dritte von 2012, die seit ihrem Superjahr mit 12,82 Sekunden den ÖLV-Rekord hält. Heuer kam sie auf 12,92 und ist damit 23. der Meldeliste.

Wenth erwischte in Heusden-Zolder ein perfektes 5.000-m-Rennen, mit persönlicher Bestleistung von 15:16,12 Minuten knackte sie das Limit für die WM und Olympia 2016 in Rio, das auch das Diskusduo und Schrott bereits erbracht haben. „Wir wussten, dass sie das Potenzial dazu hat, die große Frage war aber, ob sie die Gelegenheit bekommt. Denn Teilnehmerfeld, Witterungsbedingungen und Tagesform müssen für so ein Rennen passen“, erklärte Gruber. „Am 18. Juli ist alles aufgegangen, es war spät am Abend, windstill und ein tolles Feld.“ Wenth nimmt auf der Meldeliste den 19. Platz ein.

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