Chelsea als großer Spielerverderber
Jeder Fußballfan weiß, dass Bayern München im Jahr 2013 das Triple aus CL-Triumph, Meistertitel und Cupsieg gefeiert hat. Hätten die Bayern in der Saison zuvor auch diesen Wissensstand gehabt, hätten sie die Niederlage im Elferschießen im Endspiel am 19. Mai 2012 gegen den FC Chelsea vielleicht nicht so tragisch genommen. So wurde aber das „Finale dahoam“ zum bayrischen Drama.
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Ohne den gesperrten David Alaba gingen die Bayern zwar in der 83. Minute durch Thomas Müller in Führung und wähnten sich schon zum zweiten Mal in der Clubgeschichte nach 2001 als CL-Sieger. Didier Drogba schaffte aber für die klar unterlegenen Londoner nach dem einzigen Chelsea-Corner - bei 20 Eckbällen der Münchner - per Kopf den Ausgleich (88.). In der Verlängerung vergab Arjen Robben einen Elfmeter (95.). Im Krimi vom Penaltypunkt lagen die Bayern in Führung, doch Ivica Olic und Bastian Schweinsteiger vergaben. Drogba verwandelte den entscheidenden Elfmeter zum 4:3.

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Didier Drogbas entscheidender Elfer stürzte die Bayern ins Tal der Tränen
„Bitter“, „brutal“ und „grausam“
Während die „Blues“ endlich ihren ersten CL-Titel in der Ära von Roman Abramowitsch feierten, verfielen die Deutschen in eine Art Schockstarre. Präsident Uli Hoeneß fand den Ausgang des Finales einfach nur „grausam, grausam“. „Ich habe das 1999 erlebt, als wir in Barcelona so dramatisch 1:2 verloren haben. Das war damals auch unglaublich brutal, aber ich habe fast den Eindruck, heute Abend ist das irgendwie noch bitterer, noch brutaler“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge.
Die Bayern standen damit in der zweiten Saison in Serie ohne Titel da. Meistertitel und Cup hatten ihnen Dortmund weggeschnappt. „Bayern vergeigt alles. Was für eine Tragödie! Die Bayern hatten den Champions-League-Titel auf einem silbernen Tablett. Mehrmals. Am Ende verloren sie die Nerven im Elfmeterschießen, das hätte nie passieren dürfen“, schrieb die „B.Z.“. „So traurig, so unglaublich unverdient“, beklagte die „Bild am Sonntag“.
Ausnahmezustand vor dem Spiel
In den Tagen davor war indes vom Alptraum weit und breit keine Spur. München präsentierte sich wie an einem Wiesn-Wochenende im Ausnahmezustand, nur vergleichbar mit der Heim-WM 2006. Die bayrische Landeshauptstadt wurde beim mehrtägigen Champions Festival förmlich überrannt. Sportbars und Kneipen waren seit Wochen ausgebucht. Die Public-Viewing-Schauplätze Olympiastadion und Theresienwiese waren ausverkauft. Die Hotellerie jubelte über kaum noch verfügbare Betten. Die Münchner Verkehrsgesellschaft stieß an ihre Grenzen.
Ö3-Beitrag zum Elferschießen
Von Adi Niederkorn am 19. Mai 2012
Vorstand und Spieler ließen sich von der elektrisierenden Stimmung natürlich anstecken. Franck Ribery maß der Partie den Stellenwert eines WM-Finales bei, ein Sieg wäre laut dem Franzosen „historisch“ gewesen. „Wir müssen kaputt sein nach dem Spiel. Wenn du tot bist, bist du tot.“ Hoeneß sprach sogar vom „Highlight in der Geschichte des FC Bayern“. „Wenn wir das Spiel gewinnen, kann man über das Spiel des Lebens sprechen“, sagte Robben, nichts ahnend, dass er zu einem der Sargnägel der Bayern werden sollte.
Robbens Fall und Auferstehung
Der Niederländer, der schon im vorentscheidenden Bundesliga-Duell mit Dortmund vergeben hatte, scheiterte in der Verlängerung nach Foul an Ribery mit seinem Elfmeter an Chelsea-Goalie Petr Cech. Nur wenige Tage danach wurde Robben bei einem Testspiel der Bayern gegen die Niederlande gnadenlos von einem Teil der Fans ausgepfiffen. „Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich mir das ganz genau überlegen“, riet Ex-Bayern-Spieler Mark van Bommel seinem „Oranje“-Teamkollegen zu einem Vereinswechsel.
Zum Glück für die Bayern entschied sich Robben anders, denn ein Jahr nach dem Alptraum avancierte der Niederländer vom Buhmann zum umjubelten Helden. Im CL-Finale 2013 erzielte er nämlich im Wembley-Stadion im rein deutschen Finale gegen Dortmund in der 89. Minute das Siegestor zum 2:1. „Das ist ein Traum nach vielen großen Enttäuschungen“, gab der Niederländer zu Protokoll. „Meine Damen und Herren, das war das Sportcomeback des Jahres“, erklärte Rummenigge bei seiner Bankettrede.
Champions League 2011/12
Finale am 19. Mai 2012:
Bayern München - Chelsea 3:4 i.E, 1:1 n.V. (1:1, 0:0)
München, Allianz Arena, 62.500 Zuschauer, SR Proenca (POR)
Torfolge:
1:0 Müller (83.)
1:1 Drogba (88.)
Elfmeterschießen:
1:0 Lahm trifft ins rechte Eck, Cech war mit den Fingerspitzen dran
1:0 Neuer wehrt Matas Penalty ab
2:0 Gomez versenkt den Ball ins rechte Eck
2:1 Luiz verwertet scharf rechts
3:1 Goalie Neuer entscheidet sich für links - und ist erfolgreich
3:2 Lampard trifft hoch in die Mitte
3:2 Cech pariert den Elfer von Olic
3:3 Cole verlädt Neuer zum Ausgleich
3:3 Schweinsteiger scheitert an der Stange
3:4 Drogba schießt trocken ins linke Eck
Bayern: Neuer - Lahm, Boateng, Tymoschtschuk, Contento - Kroos, Schweinsteiger - Robben, Müller (86./Van Buyten), Ribery (97./Olic) - Gomez
Chelsea: Cech - Bosingwa, Luiz, Cahill, Cole - Mikel, Lampard - Kalou (84./Torres), Mata, Bertrand (73./Malouda) - Drogba
Gelbe Karte: Schweinsteiger bzw. Cole, Luiz, Drogba, Torres
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