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Australien im Footballfieber

Am Freitag beginnt in London die Rugby-Weltmeisterschaft. Und Rugby war dank Jarryd Hayne auch nach dem ersten Spieltag der National Football League (NFL) in den USA ein Gesprächsthema. Der 27-jährige Australier gab bei den San Francisco 49ers sein Debüt. Vor einem Jahr sorgte Hayne noch in der australischen Rugby League für Furore. Denn dort war der Neo-NFL-Spieler ein Superstar.

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Australier gab es in der NFL schon mehrere. Die kamen aber meist vom Australian Rules Football und schafften es, wie etwa Sav Rocca und Ben Graham, dank ihrer Kick-Künste als Punter in die NFL. Dass ein Spieler allerdings den Sprung vom professionellen Rugby zum professionellen American Football schafft, kam noch nicht so oft vor. Aus dem Format Rugby Union - dem auch bei der WM gespielten Spiel mit 15 Akteuren auf dem Feld - ergatterten eine Handvoll Spieler kurzfristig einen Kaderplatz in der NFL. Ein Rugby-League-Akteur - auch als 13er-Rugby bekannt - schaffte den Wechsel bisher noch nie.

„Eine unglaubliche Reise“

Doch dank Hayne ist dieser weiße Fleck ausgemerzt. Der 27-Jährige ergatterte dank starken Vorstellungen in den Vorbereitungsspielen als Kick-Returner und Runningback einen Platz im endgültigen 53-Mann-Kader San Franciscos. Am Montag gab Hayne beim 20:3-Sieg gegen die Minnesota Vikings sein Debüt. Das verlief zwar nicht so, wie es sich der Australier und seine Fans vorgestellt hatten - Hayne verlor bei seinem ersten Ballkontakt gleich das Leder an die Vikings - doch in Ansätzen war das Potenzial des Football-Neulings zu sehen.

Jubel von Jarryd Hayne (San Francisco)

Reuters/USA Today Sports/Kirby Lee

Hayne hatte bei seinem Debüt eine eigene Fanabordnung im Stadion

„Es war bisher eine unglaubliche Reise“, sagte Hayne nach seiner ersten Partie umringt von Journalisten und ärgerte sich gleichzeitig über sein Missgeschick bei seinem ersten Einsatz im Rampenlicht: „Ich versuche, aus meinem ersten richtigen Spiel zu lernen. Ich habe sicher nervös begonnen.“ Insgesamt viermal durfte Hayne auch mit dem Ball laufen und erzielte 13 Yards Raumgewinn. Den einzigen Pass in seine Richtung fing der Australier ebenfalls sicher. Daher war 49ers-Headcoach Jim Tomsula mit seinem Neuzugang auch zufrieden und nahm ihm den Schnitzer nicht krumm: „Solche Dinge passieren. Ich bin mit Jarryd aber sehr glücklich.“

Traumvertrag ausgeschlagen

Mit Football hatte der in Minto, einem Vorort von Sydney, in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsene Hayne vor einem Jahr noch nichts am Hut. Damals spielte Hayne noch für die Parramatta Eels Rugby League und war dort das, was Lionel Messi im Fußball ist: ein Superstar. Hayne wurde zweimal zum Spieler des Jahres gewählt. 2013 führte er Australien zum WM-Titel. In 173 Spielen für Parramatta erzielte der Australier 103 Tries - dem Pendant zum Touchdown im American Football. Seine Jubelgeste mit ausgestreckten Armen wurde unter dem Namen „Hayne Plane“ zum Markenzeichen.

Doch Hayne hatte einen noch größeren Traum, als nur in Australien ein Star zu sein. Der 27-Jährige wollte in die NFL und schlug sogar den höchsten Vertrag der Rugby-League-Geschichte aus. 1,35 Mio. Dollar pro Jahr wollte ihm Parramatta für eine Verlängerung um fünf Saisonen zahlen. Zum Vergleich: In der gesamten australischen Liga durften aufgrund einer Gehaltsobergrenze nur insgesamt 6,55 Mio. Dollar ausgegeben werden. Doch Hayne lehnte dankend ab.

Euphorie „down under“

Weil ihm aber aufgrund seiner schlechten Schulnoten - Hayne „schmiss“ auch die Highschool - eine Aufnahme in ein US-College verwehrt blieb, musste sich der Australier in diversen Trainings direkt bei den NFL-Clubs bewerben. Die San Francisco 49ers schlugen schließlich zu. Hayne unterzeichnete einen Dreijahresvertrag um insgesamt 1,5 Mio. Dollar - also einen Bruchteil dessen, was er in Australien verdient hätte. Garantie auf einen Platz im Kader hatte der Modellathlet aber keine. Dank starker Leistungen in der Vorbereitung erkämpfte sich Hayne diesen jedoch.

Archivbild von Jarryd Hayne aus dem Jahr 2007 als Rugbyspieler

Reuters/Anthony Phelps

Hayne, hier bei einem Try, gelang der Wechsel zum Football in nur einem Jahr

Und Hayne löste damit eine kleine NFL-Euphorie „down under“ aus. Schon die Vorbereitungsspiele der 49ers hatten im australischen TV ihren Fixplatz. Das Debüt des ehemaligen Rugbystars, das erst kurz vor Spielbeginn wirklich feststand, wurde von gleich 15 Reportern verfolgt. Sogar mit Livetickern versuchte man, den australischen Fans den amerikanischen Sport auf teils humorvolle Weise beizubringen. Im Levi’s Stadion waren auch mehrere australische Fahnen zu sehen.

„Die Flagge zu sehen war schon ein emotionaler Moment, es hat viele Erinnerungen zurückgebracht“, sagte Hayne, der sich nach Spielende auch mit der australischen Fahne und einigen Fans fotografieren ließ, „es hat mir geholfen zu realisieren, wie weit ich bisher gekommen bin und wie groß die Unterstützung ist.“ Mittlerweile dürfte Hayne auch realisiert haben, dass sich sein Traum erfüllt hat. Am Ziel sieht sich der 27-Jährige aber noch lange nicht: „Ich bin hier, um zu lernen und mein Bestes zu geben.“

Karl Huber, ORF.at

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