Erfolgsgeschichte bekommt Kratzer
Franz Beckenbauer ist als Spieler (1974) und als Trainer (1990) Fußballweltmeister geworden. Das hat neben ihm bisher nur der Brasilianer Mario Zagallo geschafft. In seiner dritten Karriere als Sportfunktionär holte der „Kaiser“ dann auch noch die WM 2006 nach Deutschland. Doch in den letzten Monaten wurde seine Stellung als unantastbare Fußballikone stark beschädigt.
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Der 70-jährige Beckenbauer war nicht nur lange Jahre Präsident „seines“ FC Bayern München und einer der Vizechefs des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Er leitete eben auch das Bewerbungs- und später Organisationskomitee für die viel umjubelte Heim-WM - und saß danach von 2007 bis 2011 im Exekutivkomitee des Fußballweltverbands (FIFA). Diese Tätigkeiten, für die FIFA und das „Sommermärchen“, bringen derzeit sein Denkmal ins Wanken.
„Habe immer alles einfach unterschrieben“
Im Herbst 2015 erhob das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ schwere Korruptionsvorwürfe gegen das deutsche Bewerbungskomitee, in dem Beckenbauer federführend tätig war. Es soll die WM 2006 mit Hilfe einer schwarzen Kasse gekauft haben. Dafür gibt es bis jetzt allerdings keine Beweise, Beckenbauer dementierte das vehement.
Er rechtfertigte sich hingegen mit Inkompetenz. „Ich habe immer alles einfach unterschrieben, ich habe sogar blanko unterschrieben. Ich war ja nicht nur für die WM unterwegs, ich habe ja etwas anderes auch noch zu tun gehabt. Ich war Präsident des FC Bayern“, sagte Beckenbauer der „Süddeutschen Zeitung“.
Geldflüsse ohne Nachfragen
Ins Zwielicht geriet ein Abkommen mit dem ehemaligen FIFA-Vizepräsident Jack Warner - das sei aber vor allem ein „Entwicklungshilfepaket mit Ticketing-Möglichkeit“ gewesen. Es sei ohnehin klar gewesen, dass Warner bei der WM-Vergabe im Juli 2000 nicht für Deutschland stimmen würde. Auch bei der ominösen Geldzahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an die FIFA konnte sich Beckenbauer an die Details nicht erinnern. Man habe auch nicht nachgefragt, wohin das Geld bei der FIFA floss.
Im Nachhinein erscheine vieles komisch, ergänzte Beckenbauer. „Aber damals haben wir es einfach gut gemeint“, sagte der „Kaiser“ und wies die Bestechungsvorwürfe zurück: „Ich weiß, dass ich nichts Unrechtes getan habe. Ich habe mich mit Haut und Haaren bemüht, die WM nach Deutschland zu holen, was uns auch gelungen ist. Ich habe ein reines Gewissen. Wir haben weder bestochen noch haben wir schwarze Kassen gehabt.“
Erste Schatten
Einen Kratzer bekam das Image des „Fußballkaisers“ auch, weil er im Sommer 2014 zunächst nicht wie gefordert bei den Ermittlungen um die WM-Vergabe 2018 und 2022 mit der FIFA-Untersuchungsbehörde kooperiert hatte. Doch Beckenbauer kam glimpflich mit einer Verwarnung und einer Geldstrafe in Höhe von 7.000 Franken (ca. 6.450 Euro) davon. Die Richter der FIFA-Ethikkommission begründeten das Urteil mit dem Verstoß gegen drei Artikel des FIFA-Ethikreglements.
Jahrelang hatte es so ausgesehen, als würde Beckenbauer alles gelingen, was er in seinem Leben anfasst. Doch irgendwann schien der Liebling der Fans, vieler Medien und auch der Werbeindustrie seine ihm eigene Sichtweise der Dinge zu haben. „Ich habe nicht einen einzigen Sklaven in Katar gesehen. Die laufen alle frei rum“, sagte Beckenbauer etwa auf dem Höhepunkt der ersten Debatten über die Menschenrechtssituation im WM-Gastgeberland 2022. Spätestens da warf die „Lichtgestalt“ ihre ersten Schatten.
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