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Neuauflage der „Causa Dempsey“

Theo Zwanziger hat seinen Verdacht eines „Schmiergeldteppichs“ rund um die Vergabe der Fußball-WM 2006 an Deutschland konkretisiert und verweist auf eine mögliche Bestechung des FIFA-Funktionärs Charles Dempsey.

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Das lässt sich aus einer Notiz ableiten, die der frühere Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) in einem 2012 veröffentlichten Dokument aus dem Verfahren gegen den ehemaligen Rechtevermarkter ISL hinterlassen hat. Dieses Schriftstück veröffentlichte die „Bild“-Zeitung (Dienstag-Ausgabe) nach einem Treffen mit Zwanziger, der dem DFB von 2006 bis 2012 vorstand.

Steckt hinter „E16“ Dempsey?

In der Auflistung von Überweisungen, die sich in der Einstellungsverfügung der Schweizer Staatsanwaltschaft Zug aus dem Jahr 2010 findet, steht neben einem Geldtransfer am 5. Juli 2000 über 250.000 US-Dollar (227.045 Euro) die Bemerkung: „Dempsey!“

Ehemaliger FIFA-Funktionär Charles Dempsey

Reuters

Charles Dempsey war bei der WM-Vergabe das „Zünglein an der Waage“

Der 2008 verstorbene Neuseeländer hatte sich einen Tag später bei der Abstimmung über den WM-Ausrichter 2006 enthalten, Deutschland setzte sich mit 12:11 Stimmen gegen Südafrika durch. Über einen Verdacht, dass es sich bei dem anonymisierten Zahlungsempfänger „E16“ um Dempsey handelt, hatten Medien bereits in der Vergangenheit berichtet.

Zwanziger sieht „Schmiergeldteppich“

In den entscheidenden Wahlminuten habe er „nicht tolerierbaren Druck“ verspürt, verriet Dempsey später. „Einflussreiche europäische Interessengruppen“ hätten ihm klargemacht, dass ein Votum für den eigentlichen Favoriten Südafrika Konsequenzen haben würde, ließ Dempsey wissen.

Zwanziger hatte in der Affäre um eine 6,7-Millionen-Euro-Zahlung vor der WM 2006 berichtet, dass er 2012 „aus Informationen der dann geöffneten ISL-Akte, dem dort wiedergegebenen Schmiergeldteppich“ neue Erkenntnisse gewonnen habe. Der DFB ist mittlerweile auf Konfrontationskurs mit seinem ehemaligen Präsidenten. DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock und Präsidiumsmitglied Oliver Bierhoff hatten angeprangert, dass Zwanziger die Affäre schon in seiner Amtszeit hätte angehen können.

DFB-Sponsoren erwarten Aufklärung

Auch Sponsoren des DFB fordern in der Sommermärchen-Affäre um womöglich schwarze Kassen bei der WM 2006 nun lückenlose Aufklärung. „Über die derzeitigen Vorwürfe bezüglich der WM-Vergabe 2006 haben wir mit den DFB-Verantwortlichen gesprochen“, sagte Ulrike Strauß, Sprecherin des Versicherungskonzerns Allianz der „Sport Bild“ (Mittwoch-Ausgabe). „Wir gehen davon aus, dass der DFB die Vorwürfe lückenlos aufklären wird.“

Im Zentrum der Affäre steht die Zahlung von 6,7 Millionen Euro, die laut Darstellung von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach an die Finanzkommission der FIFA gegangen sein soll. Durch diese soll das Organisationskomitee eine Unterstützung in Höhe von 170 Millionen Euro erhalten haben. Der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger spricht hingegen von einer „schwarzen Kasse“. Den im Raum stehenden Vorwurf eines Stimmenkaufs wies der DFB mehrfach zurück.

Untersuchungen können länger dauern

Mit konkreten Ergebnissen in der Affäre um die Fußball-WM 2006 ist nach Auskunft der externen Ermittler erst in einiger Zeit zu rechnen. „Wir haben Verständnis für den großen Informationsbedarf, aber bitten auch um Verständnis, dass wir mit Blick auf die Zahl der zu sichtenden Dokumente und zu befragenden Personen dafür einige Wochen benötigen werden“, erklärte Professor Christian Duve von der seitens des DFB beauftragten Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in einer am Dienstag veröffentlichten Verbandsmitteilung.

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