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„Bis zum Ende gekämpft“

Jules Bianchi ist am 18. Juli nach neun Monaten seinen schweren Kopfverletzungen, die er im Oktober 2014 beim Grand Prix von Japan in Suzuka erlitten hatte, erlegen. Bianchi wurde nur 25 Jahre alt. Nur fünf Wochen später verunglückte der früher Formel-1-Fahrer Justin Wilson bei einem Rennen der IndyCar-Serie tödlich.

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„Jules hat bis zum Ende gekämpft, wie er es immer gemacht hat, aber gestern ist sein Kampf zu Ende gegangen“, hatten Bianchis Eltern nach dem Tod ihres Sohnes mitgeteilt. Die Familie dankte dem medizinischen Personal des Krankenhauses in Nizza, das den seit dem Unfall im Koma liegenden Franzosen „mit Liebe und Hingabe“ gepflegt habe.

Philippe Bianchi und Christine Bianchi

APA/EPA/Franck Robichon

Jules Bianchis Eltern bangten nach dem Unfall um das Leben ihres Sohnes

Drei Tage nach seinem Tod waren Familie, Freunde, Kollegen und Fans zur Beerdigung des Formel-1-Piloten zusammengekommen. Die Trauerfeier in der Cathedrale Sainte-Reparate wurde über Lautsprecher auf den Kirchenplatz übertragen. Am von Blumen gesäumten Portal der Kathedrale hingen zwei große Banner mit Porträts von Bianchi. „Gott behüte dich, Jules. Du wirst bei allen Rennen bei uns sein“, teilte der Weltmeisterrennstall Mercedes mit.

Startnummer wird nicht mehr vergeben

Zudem wird die Formel 1 Bianchis Startnummer 17 nicht mehr vergeben. Diese Entscheidung traf der Automobilweltverband (FIA): Mit dieser Geste soll des Verstorbenen gedacht werden. Die Formel 1 hatte vor der Saison 2014 feste Startnummern eingeführt, die die Fahrer ihre gesamte Karriere lang behalten. Bianchi hatte die Nummer 17 gewählt.

Der am 3. August 1989 geborene Bianchi hatte 2014 beim GP von Monaco mit Rang neun die ersten Punkte überhaupt für den russischen Marussia-Rennstall eingefahren, für den er seit 2013 gefahren war. Das Nachfolgeteam Manor reagierte erschüttert auf die Todesnachricht. „Wir sind am Boden zerstört, Jules nach so einem harten Kampf zu verlieren. Es war eine Ehre, dass er für unser Team gefahren ist.“

Mit voller Wucht gegen Bergekran

Bianchi war mit seinem Marussia am 5. Oktober des Vorjahres unter einen Kran gekracht, der das Auto von Adrian Sutil bergen hätte sollen. Bianchi fuhr laut FIA-Zwischenbericht mit seinem Marussia trotz seines Bremsversuchs noch mit 126 km/h in einem Winkel von 55 Grad unter den Bergekran. Dabei wurde sein Rennwagen abrupt verzögert und zudem das Heck angehoben. Bianchi knallte mit dem Kopf gegen die Traktorrückwand. Nach den FIA-Ermittlungen wirkten auf den Marussia 58,8 g ein.

Jules Bianchi

APA/EPA/Hiroshi Yamamura

Die Ersthelfer waren rasch zur Stelle, am Ende half aber auch das nicht

Zustand dramatisch verschlechtert

Der bewusstlose Bianchi wurde von den Rettungskräften direkt nach einer ersten Untersuchung an der Strecke mit Polizeieskorte ins Krankenhaus gebracht. Die wegen seiner schweren Kopfverletzungen notwendige Notoperation habe er gut überstanden, hieß es später. Bald darauf verschlechterte sich sein Zustand aber dramatisch.

Auch nach der Überstellung nach Nizza änderte sich wenig am Gesundheitszustand des Piloten. Nur ein paar Tage vor Bianchis Tod hatte sein Vater Philippe Bianchi noch gemeint, er sei „weniger optimistisch“, dass sich sein Sohn von den schweren Verletzungen erholen könne. „Normalerweise muss es in den ersten sechs Monaten Fortschritte geben. Jetzt sind es schon neun Monate, Jules ist noch immer nicht aufgewacht, und es gibt keine signifikanten Fortschritte“, so der Vater, ehe sich kurz darauf dann die schlimmsten Befürchtungen bestätigten.

Wilson bei IndyCar-Rennen verunglückt

Rund fünf Wochen später hatte der Motorsport mit Justin Wilson einen weiteren Todesfall zu beklagen. Der Brite starb am 25. August an den schweren Kopfverletzungen, die er sich am Tag davor bei einem Rennen der amerikanischen IndyCar-Serie zugezogen hatte. „Die Motorsportwelt ist schon wieder zum Stillstand gekommen“, schrieb der frühere Formel-1-Weltmeister Jenson Button nach dem tragischen Unfall seines Landsmanns.

Sargträger mit dem Sarg von Justin Wilson

AP/Alastair Grant

Der frühere Red-Bull-Pilot Mark Webber (l.) war einer der Sargträger

Der 37-jährige Wilson war an dem folgenschweren Zwischenfall völlig schuldlos. Der Brite wurde in der 179. von insgesamt 200 Runden auf dem Pocono-Kurs von einem Trümmerteil am Kopf getroffen. Dieses hatte sich von dem vor Wilson fahrenden Wagen von Sage Karam gelöst, der in einer Kurve die Kontrolle über den Wagen verloren hatte und in die Streckenmauer gefahren war. Karam blieb bei seinem Unfall auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke - die Boliden erreichen bis zu 320 km/h - unverletzt.

„Ein monumental trauriger Tag“

Nach dem Unfall war Wilson in ein Krankenhaus nach Allentown in Pennsylvania gebracht worden. Von dort kam noch am Abend die Mitteilung, dass er sich in einem kritischen Zustand befinde und im Koma liege. Tags darauf verlor der britische Rennfahrer den Kampf um sein Leben. Er hinterlässt eine Ehefrau und zwei Töchter.

Wilsons Eltern, seine Frau sowie sein Bruder hatten den Tod in einer Stellungnahme öffentlich gemacht. „Justin war ein liebender Vater und hingebungsvoller Ehemann ebenso wie ein stark wetteifernder Rennfahrer, der bei seinen Kollegen Respekt genoss“, hieß es in dem Schreiben. „Das ist ein monumental trauriger Tag für IndyCar und die gesamte Motorsportfamilie“, sagte Mark Miles, Geschäftsführer von Indycar-Besitzer Hulman & Co.

Justin Wilson auf dem Hungaro-Ring im Jaguar

AP/MTI, Imre Foeldi

Wilson absolvierte bei Minardi und Jaguar (Bild) ein Jahr in der Formel 1

Ein Jahr in der Formel 1

Der am 31. Juli 1978 in Sheffield geborene Wilson feierte seinen ersten großen Erfolg mit dem Gewinn der internationalen Formel-3000-Meisterschaft 2003. Der Triumph öffnete dem Engländer auch die Tür in die Formel 1. In der Saison 2003 saß Wilson im Cockpit von Minardi und später Jaguar, wo er beim Grand Prix der USA in Indianapolis als Achter seinen einzigen WM-Punkt holte. In der folgenden Saison musste Wilson aber seinen Platz bei Jaguar aufgrund der fehlenden finanziellen Mitgift räumen und dem Österreicher Christian Klien Platz machen.

Nach der Formel 1 wechselte der 1,91 Meter große Pilot nach Nordamerika und startete in den Champ-Car- und IndyCar-Serien. In der Champ-Car-Wertung belegte Wilson 2006 und 2007 jeweils den zweiten Platz. Im IndyCar war der sechste Platz in der Saison 2013 das beste Ergebnis in Wilsons Karriere. Heuer bestritt der Engländer auch ein Rennen in der Formel E. Wilson ist der erste Pilot seit dem ehemaligen Indy500-Sieger Dan Wheldon 2011, der bei einer großen US-Rennserie ums Leben gekommen ist.

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