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„Aus dem alten Leben rausgerissen“

Der 11. Juni 2015 hat Vanessa Sahinovics Leben mit einem Schlag verändert. Damals, im Vorfeld der Europaspiele in Baku, wurde die 15-jährige Synchronschwimmerin von einem Shuttlebus überfahren und ist seither querschnittgelähmt. Ihren Lebensmut hat Sahinovic aber nicht verloren, wie sie im ORF-Interview im Oktober eindrucksvoll unter Beweis stellte.

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Die ersten Europaspiele der Geschichte in Aserbaidschan hätten ein Highlight in der noch jungen Karriere Sahinovics werden sollen. Doch es kam alles ganz anders. Bei einem Spaziergang mit ihren Teamkolleginnen Verena Breit und Luna Pajer wurde die 15-Jährige auf dem Gehsteig von einem Shuttlebus überfahren. Der Lenker des Fahrzeuges hatte Brems- und Gaspedal verwechselt.

Keine Erinnerung an Unfall

Während Breit (Oberschenkelprellung am rechten Bein) und Pajer (Knochenbruch) bei dem Unfall in Relation noch glimpflich davonkamen, erlitt Sahinovic unter anderem einen Bruch des zwölften Brustwirbels. Die Niederösterreicherin befand sich in stabilem, aber kritischem Zustand und musste aufgrund ihrer schweren Verletzungen sogar in den künstlichen Tiefschlaf versetzt werden.

Erinnerungen an den Unfall in Baku hat Sahinovic nicht. „Ich habe danach nicht mehr gewusst, was da genau war“, so die 15-Jährige im Oktober im ORF-Interview. Dabei war sie kurz nach dem Unfall hellwach. „Ich kann mich erinnern, dass meine Trainerin zu mir gelaufen ist und ich sie gefragt habe, was denn genau passiert ist. Sie meinte: Du wurdest von einem Bus überfahren“, so die Athletin.

„Man muss geduldig sein“

Obwohl Sahinovic laut eigenen Aussagen bereits im Spital ihre Beine nicht mehr spürte, war die endgültige Diagnose Querschnittlähmung verständlicherweise ein Schock. „Es ist natürlich schon schwierig, weil man irgendwie aus dem alten Leben rausgerissen wurde. Man fängt neu an“, so die Niederösterreicherin.

Vanessa Sahinovic, Thomas Unger (OEV), Vasiliki Alexandri, Anna Maria und Eirini Alexandri beim Tag des Sports

GEPA/Mario Kneisl

Sahinovic beim Tag des Sports

Trotzdem strotzt Sahinovic weiter vor Lebenswillen. „Ich glaube daran, dass jeder Mensch irgendwann in seinem Leben eine schwierige Phase haben wird. Meine ist halt schon früher gekommen“, sagte die Schwimmerin. Am wichtigsten beim Genesungsfortschritt sei vor allem Geduld. „Es geht alles Schritt für Schritt. Man muss geduldig sein“, so die Schwimmerin, „aber wenn man ein Ziel vor Augen hat, ist es etwas, dass man erreichen möchte.“

Und im „Kurier“-Interview ergänzte sie: „Sportler geben nie auf, das liegt uns im Blut.“ Ihr größter Wunsch? „Dass ich bald wieder nach Hause kommen kann und mich dort ein schönes barrierefreies Haus erwartet. Vielleicht auch mit einem Pool, wo ich dann wieder schwimmen kann“, sagte die Niederösterreicherin.

Neue Therapie

Schon im Jänner wird die 16-Jährige eine Therapie in einem Reha-Zentrum im deutschen Pforzheim beginnen. „Vanessa freut sich schon. Sie ist voller Hoffnung“, erzählt Mama Azra im Kurier. „Nur einen Brief gibt man auf. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich kann dann ruhig schlafen, wenn ich weiß, dass ich alles für sie versucht habe.“ Zuletzt sei es ihrer Tochter sehr schlecht gegangen.

Außerdem steht in den nächsten Tagen ein Urlaub an. Vanessa fährt in die Sonne: „Das hat sie verdient. Wir waren ein halbes Jahr nur in Spitälern und im Reha-Zentrum“, sagt Mama Azra. Und über Vanessas Gesicht huscht ein Lächeln. Sie freut sich aufs Schwimmen.

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