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Airbag verhindert noch Schlimmeres

Matthias Mayer hat sich bei seinem Sturz in der Abfahrt in Gröden doch schwerer, als zuerst angenommen, verletzt. Der Olympiasieger erlitt laut einer genaueren Untersuchung im Spital einen Bruch des siebenten Brustwirbels und fällt damit für mindestens vier Wochen aus. Bei dem Crash löste auch die neue Airbag-Schutzweste aus und verhinderte möglicherweise eine noch schwerere Verletzung.

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Mayer war im Mittelteil der Saslong, vor der Einfahrt zur berühmten Ciaslat-Passage, von einer Welle ausgehoben worden und nach einer 180-Grad-Drehung in der Luft hart mit dem Rücken auf der Piste aufgeschlagen. Noch während der „Flugphase“ des Olympiasiegers pumpte sich der Airbag aufgrund der abnormalen Körperbewegung innerhalb von Millisekunden auf und dämpfte so die unsanfte Landung vermutlich noch entscheidend ab.

Mayer stürzt in Gröden schwer

Matthias Mayer kam bei der Abfahrt in Gröden auf der Ciaslat-Wiese schwer zu Sturz und fällt mit einem Wirbelbruch mehrere Wochen aus.

„Nicht so tragisch das Ganze“

Bei einer ersten Diagnose wurde bei Mayer, der nach Erstversorgung mit dem Hubschrauber von der Strecke ins Spital transportiert worden war, eine Brustbeinprellung diagnostiziert. Bei einer genaueren MR-Untersuchung im Krankenhaus in Bozen wurde auch der Bruch des Brustwirbels festgestellt. Der 25-jährige Kärntner wird nach Innsbruck verlegt.

„Grundsätzlich geht es mir eigentlich sehr gut. Die Verletzung schaut nicht so schlimm aus, von dem her ist es nicht so tragisch das Ganze“, sagte Mayer in einem ersten Interview, das der ÖSV veröffentlichte. . Im Raum stehen eine Operation oder eine konservative Behandlung, informierte ÖSV-Sportdirektor Hans Pum in La Villa. „Wenn er operiert wird, kann es aber sein, dass er nach drei Wochen schon wieder trainieren kann“, fügte Pum hinzu.

Sensor löst Airbag aus

Der neue Airbag hat jedenfalls seine erste Bewährungsprobe bestanden. Marco Pastore vom italienischen Hersteller Dainese erklärte, ein Sensor habe erkannt, dass Mayer die Kontrolle verloren habe, und deshalb den Airbag noch während der Drehung in der Luft befüllt. Mayer, der noch auf der Strecke erstversorgt wurde, hatte bedingt durch die Wirbelverletzung und eine Brustbeinprellung zunächst Probleme mit der Atmung und dem Sprechen, war aber die ganze Zeit bei Bewusstsein.

Der Airbag wurde zum insgesamt sechsten Mal in einem Rennen eingesetzt, erstmals löste das System auch bei einem Sturz auch aus. Der Einführung von „D-air“ im Ski-Weltcup war viel Entwicklungsarbeit vorausgegangen. Im Gegensatz zum Einsatz etwa in der Motorrad-WM besteht die Schwierigkeit im Skisport darin, zu erkennen, wann ein Rennfahrer die Kontrolle verliert und stürzt und wann er auf der Piste noch auf den Skiern bleiben kann.

Matthias Mayer wird mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert

APA/AFP/Olivier Morin

Mayer wurde vorsichtshalber mit dem Hubschrauber abtransportiert

Bisher noch wenig benutzt

Der Airbag konnte sich aber bisher beim Großteil des Fahrerfeldes noch nicht durchsetzen. Neben Mayer tragen nur fünf weitere Rennläufer das Schutzsystem unter ihrem Anzug. Im Lager der ÖSV-Abfahrer schützt sich nur noch Hannes Reichelt mit der Weste. Andere Fahrer fühlen sich in ihrer Bewegung durch das „D-Air“-System eingeschränkt. Zudem sind einige Fahrer bei den aerodynamischen Auswirkungen der etwa 800 Gramm schweren und in weniger als 100 Millisekunden auslösenden Airbag-Weste skeptisch.

Der Sturz von Mayer und die relativ glimpflichen Verletzungen aufgrund des Airbags dürften nun aber doch einige Fahrer überzeugt haben. ÖSV-Abfahrtschef Florian Winkler hatte schon vor den ersten Speedrennen in Lake Louise Ende November das neue System gelobt. „Es ist eine sehr gute Sache“, sagte Winkler damals. Der Trainer betonte aber schon damals, dass er keinen seiner Athleten zwingen werde, die Weste zu tragen: „Es ist immer die persönliche Entscheidung. Aber wir haben die Airbags den ganzen Sommer getestet, es hat alles funktioniert.“

Tatsächlich scheint die Fehleranfälligkeit auf ein Minimum reduziert worden zu sein. Der Algorithmus, der entscheidet, ob es sich nur um eine Grenzsituation oder einen tatsächlich stattfindenden Sturz handelt, hat zumindest im Training der Österreicher tadellos funktioniert. „Es gab keine Fehlauslösungen“, beruft sich Winkler auf die parallel laufenden Video-Analysen. „Dadurch haben die Fahrer jetzt durchwegs Vertrauen bekommen.“

Verletzungsmisere geht weiter

Für den ÖSV ist Mayer trotzdem der nächste gewichtige Ausfall in einer Saison, die in dieser Hinsicht unter keinem guten Stern zu stehen scheint. Die bitterste Nachricht kam drei Tage vor dem Weltcup-Start in Sölden, als Anna Fenninger bei einem Trainingssturz gleich mehrere Bänderrisse im Knie erlitt. Die Galionsfigur bei den Damen wird frühestens im Oktober 2016 in den Weltcup zurückkehren.

Joachim Puchner musste seine Ambitionen für heuer aufgrund einer Patellarsehnenverletzung frühzeitig begraben. Elisabeth Kappaurer zog sich Mitte November eine Knorpelverletzung zu, muss einige Monate pausieren. In Lake Louise verletzten sich Thomas Mayrpeter (Kreuzbandriss) und Markus Dürager (Schien- und Wadenbeinbruch) schwer. Einen Kreuzbandriss erlitt vor wenigen Tagen in Val d’Isere auch Kerstin Nicolussi.

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