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„Wir haben eine echt schwierige Zeit“

Aggressiverer, lauter, schneller, spannender! So soll die Formel 1 in Zukunft sein, um die Fans wieder vor die TV-Schirme und an die Strecken zu bekommen. Offenbar kam aber bei der aktuellen Weichenstellung nicht sehr viel heraus. Demnach bleiben die V6-Hybrid-Turbos, werden aber lauter und günstiger. Mit der aktuellen Situation der Königsklasse ist nicht nur Gerhard Berger höchst unzufrieden.

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Der ehemalige Grand-Prix-Pilot (210 Starts, zehn Siege) wähnt die Formel 1 vielmehr in einer Einbahnstraße. „Wir haben eine echt schwierige Zeit. Mercedes hat seine Hausaufgaben natürlich gut gemacht und verdient jeden Respekt. Aber als Fans wünschen wir uns mehr Zweikämpfe, mehr Spannung“, sagte der 56-jährige Tiroler jüngst beim spektakulären Showrun von Max Verstappen auf dem schneebedeckten Gipfel des Kitzbüheler Hahnenkamms.

Nico Rosberg (Mercedes GP)

GEPA/XPB Images/Charniaux

Der bereits zweijährige Mercedes-Sololauf dürfte sich auch 2016 fortsetzen

„Zu meiner Zeit“, so Berger, „war die Formel 1 noch ein Ritt auf der Kanonenkugel. Heute ist nach der ersten Kurve klar, wer das Rennen gewinnen wird.“ Der zehnfache GP-Sieger ist gar nicht glücklich, in welche Richtung sich sein Sport speziell seit der Verwendung der aktuellen Turboantriebe entwickelt hat.

„Auch früher hat es Überlegenheiten gegeben. Aber auch eine Menge Ausfälle. Heute bleibt kein Auto mehr stehen, es gibt keine Überraschungseffekte. Kein Spritmangel, keine Motorschäden, keine Bremsdefekte. Früher war bis zur letzten Runde gar nichts sicher, heute ist die Spannung früh draußen.“

„Irrwitziges“ Reglement Hauptgrund für Misere

Und, so Berger: „Zu meiner Zeit wurden Fahrfehler noch bestraft. Heute sind Auslaufzonen betoniert. Mit Glück verlierst du bei einem Ausritt nicht einmal eine Position.“ Hauptgrund für die Misere ist auch für den Österreicher das „irrwitzige“ Reglement: Zu brav, zu wenig spektakulär, zu kompliziert. „Da bekommen McLaren und Alonso 100 Plätze Strafversetzung. Das versteht doch keine Sau, ’tschuldigung, kein Mensch mehr.“

Zudem, so Berger, seien die aktuellen Fahrer zu wenig gefordert. „In den 80er Jahren fuhren wir Autos mit bis zu 1.400 PS, und das ohne automatisches Getriebe, Elektronikhilfen oder heutige Aerodynamik. Heute haben sogar Straßensportwagen so viel PS wie ein Formel 1-Auto“, moniert der ehemalige Ferrari-Pilot, der 1989 bei einem Feuerunfall in Imola knapp dem Tod entkommen war. „Ich hoffe sehr, dass Ferrari zu Mercedes aufschließt und Red Bull als vielleicht immer noch bestes Team punkto Motoren Fortschritte macht.“

Pilot soll wieder entscheidender Faktor werden

Berger verwies auf die spektakuläre MotoGP als Gegenbeispiel. „Die haben 270 PS und 160 Kilo und kleine Auflageflächen. Das ist genau der Ritt auf der Kanonenkugel. Dort muss man wieder hin, nämlich dass der Pilot wieder der entscheidende Faktor ist, dass nur vier oder fünf Fahrer überhaupt in der Lage sind, das auch zu beherrschen“, fasste Berger zusammen, was er vermisst. Er ist überzeugt: „Es muss sich etwas ändern, wenn man die Fans langfristig am Bildschirm halten will.“

Ob sich tatsächlich etwas ändert, wird man frühestens am Monatsende wirklich wissen. Laut einigen Fachwebsites wie „auto, motor und sport“ bleibt es nach den jüngsten Strategiesitzungen bei den aktuellen Antrieben, auch wenn sie etwas lauter und günstiger werden sollen. Nachtanken werde es aber ebenso wenig geben wie den „unabhängigen“ Motor, den sich unter anderem auch Red Bull wünschte.

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