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Jungstar noch lange nicht am Ziel

Nummer 14 im ATP-Ranking, Nummer drei im Singles Race: In dieser Saison sind erst zwei Monate gespielt, und Österreichs Tennisass Dominic Thiem hat schon seinen vierten und fünften ATP-Titel in der Tasche. Die Süd- und Mittelamerika-Reise zahlte sich für den 22-Jährigen mit Triumphen in Buenos Aires und Acapulco so richtig aus. ORF.at nennt die wichtigsten Gründe, warum noch lange keine Ende des Höhenflugs in Sicht ist.

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„Dominic ist für mich weltweit der beste 93er-Jahrgang, den es gibt. Er steht für attraktives Tennis. Das wird ein richtig Guter“, hatte sein Trainer Günter Bresnik bereits im Oktober 2012 über den damals 19-Jährigen beim Wiener Stadthallenturnier gegenüber ORF.at gesagt. Dass sein Schützling nach der starken Saison 2015 mit drei Turniersiegen und Rang 20 zum Jahresende jetzt unaufhaltsam Richtung Top Ten schreitet, kommt für ihn nicht allzu überraschend.

Thiem nach Acapulco zurück in Österreich

Keine Atempause erhält Dominic Thiem nach seinem ersten ATP-500-Turniersieg in Acapulco. Nach seiner Rückkehr gilt der Fokus des Niederösterreichers dem Davis-Cup-Auswärtsmatch in Portugal.

„Dominic ist ein Spieler, der dem Sport alles aus Leidenschaft unterordnet. Er ist für mich das klassische Beispiel für jemanden, der sich etwas auf diese konsequente und harte Art und Weise erarbeitet und es mit Leidenschaft und Enthusiasmus paart und dann auch den gewünschten Erfolg erzielt“, sagte Bresnik im Rahmen eines Pressetermins mit Thiem in Wien.

Professionelles Umfeld

Überraschend ist mit Sicherheit das Eiltempo, mit dem Thiem in die absolute Weltspitze drängt. 1.100 Punkte holte der Lichtenwörther in sechs Turnieren seit Jahresbeginn und liegt damit im Singles Race als Dritter lediglich hinter dem Weltranglistenführenden Novak Djokovic (SRB) und dessen Verfolger Andy Murray (GBR).

Mit Bresnik, der früher unter anderen Boris Becker, Horst Skoff und Stefan Koubek betreute, hat Thiem bereits seit der Jugend einen Spitzenmann an seiner Seite, der in den letzten Jahren ein hoch professionelles Umfeld schuf. In Übersee war zuletzt Joakim Nyström mit Österreichs Nummer eins als Touring-Coach unterwegs. Der Schwede gehört seit einem knappen Jahr dem „Team Thiem“ an.

Trainer Joakim Nystroem

GEPA/Matthias Hauer

Joakim Nyström feierte bereits mit Jürgen Melzer große Erfolge

Nyström war in der 80er Jahren die Nummer sieben der Welt und hat als Trainer große Erfolge mit Jürgen Melzer aufzuweisen. Der 53-Jährige coachte Österreichs langjährigen Paradespieler von 2007 bis 2012 und hatte einen wesentlichen Anteil an dessen Karrierehighlights im Einzel. 2010 erreichte Melzer bei den French Open das Halbfinale, 2011 kletterte er auf Platz acht im ATP-Ranking.

Fitness als Trumpf

Auch an seiner Fitness arbeitete Österreichs Tennisstar, der 2014 eine Ernährungsumstellung (kein Zucker, sondern nur Fruktose) vornahm, in den vergangenen Jahren hart. Unter dem früheren Extremsportler Sepp Resnik reifte der Niederösterreicher vom Burschen zum Mann. Waldläufe mit Baumstämmen und andere unorthodoxe Trainingsmethoden zur nächtlichen Stunde waren für den Lichtenwörther keine Seltenheit.

Die gesteigerte Fitness hat Thiem seit diesem Jahr auch seinem neuen Physiotherapeuten Alexander Stober zu verdanken. Der Deutsche ist laut Bresnik „der Beste“ seines Faches und arbeitete in der Vergangenheit schon mit Pete Sampras (USA), Gustavo Kuerten (BRA) und Tommy Haas (GER) zusammen. „Ich werde nach jedem Match lange nachbehandelt, das wirkt sich extrem positiv aus. Er hat mir extrem weitergeholfen“, sagte Thiem nach seiner Rückkehr aus Mexiko.

Nerven aus Stahl

Dass Stobers Arbeit bereits fruchtet, zeigen die eindrucksvollen drei Turnierwochen mit den Titeln in Buenos Aires und Acapulco sowie dem Halbfinal-Einzug Rio de Janeiro, die mit 14 Einzelpartien, vier Doppelmatches und Reisestrapazen verbunden waren. „Nach ein paar Erstrundenniederlagen fühle ich mich müder als jetzt, weil die Glücksmomente überwiegen“, sagte das ÖTV-Ass.

Dass Thiem auch im mentalen Bereich immer stärker wird, bewiesen nicht zuletzt auf dem Weg zum Titel in Buenos Aires ein abgewehrter Matchball sowie ein gewonnenes Tiebreak im Entscheidungssatz gegen „Sandplatzkönig“ Rafael Nadal. „Das war natürlich eine Riesensache, weil er noch immer einer der besten Sandplatzspieler ist. Das hat mir einen Riesenschub gegeben“, so Thiem.

Screenshot zeigt Dominik Thiem

Screenshot chelseafc.com

Chelsea-Fan Thiem wurde sogar auf der Website des Fußballclubs gratuliert

In spielerischer Hinsicht wurde Thiem vor allem beim Return gefährlicher. Die Vorhand zählt ohnehin seit Längerem zu den schnellsten auf der ATP-Tour und ist laut Bresnik „sein bester Schlag“. Nun wurde auch die einhändige Rückhand beim Return viel stabiler und druckvoller. Auch beim Service zeigt sich der junge Niederösterreicher stark verbessert, im Acapulco-Finale gegen den Australier Bernard Tomic schlug er nicht weniger als 22 Asse. „Er ist technisch ein extrem gut ausgebildeter Spieler. Der Aufschlag war bis jetzt sein Pferdefuß“, betonte Bresnik.

Familie als Rückhalt

Thiem bleibt aber trotz der beeindruckenden 18:4-Matchbilanz in diesem Jahr bescheiden. „Es waren heuer sehr viele enge Matches dabei, es hätte auch ganz anders laufen können. Es ist sehr viel für mich gelaufen, ich fühle mich überhaupt nicht unverwundbar“, sagte der Bresnik-Schützling, der auch von einigen „glücklichen“ Spielverläufen in Übersee sprach.

„Es hätte in Buenos Aires auch in der zweiten Runde zu Ende sein können“, sagte Thiem über den abgewehrten Matchball gegen den Portugiesen Gastao Elias. Ein Wiedersehen gibt es von Freitag bis Sonntag beim Davis-Cup-Duell in Portugal. „Dort will ich meine 0:4-Bilanz ausmerzen“, hofft der 22-Jährige auf seinen ersten Erfolg im Davis-Cup, der ihm bei seinem Debüt 2014 auswärts gegen die Slowakei und im Vorjahr in Kitzbühel gegen die Niederlande noch nicht vergönnt war.

Den Zwischenstopp in Wien nützt Thiem auch für die kostbare Zeit mit seiner tennisverrückten Familie. Um Dominics Laufbahn zu finanzieren, verkauften die Eltern einst sogar eine Wohnung in Wien. Vater Wolfgang und Mutter Karin sind Tennislehrer und verfolgen die Turniere wenn möglich auch an Ort und Stelle. Den Höhenflug in Lateinamerika sah das Ehepaar live im Fernsehen. „Es waren drei aufregende Wochen. Das Zuschauen ist fast noch anstrengender als selbst zu spielen“, erzählte Papa Wolfgang im ORF-TV-Interview. „Von der Oma angefangen fiebern alle mit“, sagte Mama Karin.

Rainer Titsch, ORF.at

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