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„Eine lange und tolle Zeit geht vorbei“

Er war nie ein Lautsprecher, aber als Abwehrchef und Führungsspieler im ÖFB-Team und in der deutschen Fußball-Bundesliga hoch geschätzt. Nach Saisonende ist aber Schluss: Martin Stranzl hat am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Mönchengladbach bekanntgegeben, dass er im Mai seine beeindruckende Karriere beendet.

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Mit Tränen in den Augen avisierte Stranzl das Ende seiner Laufbahn. „Ich habe in dieser Saison leider nicht so oft auf dem Platz stehen können, wie ich mir das selber vorstelle. Deshalb ist die Entscheidung, im Sommer einen Schlussstrich zu ziehen, in den vergangenen Wochen immer mehr in mir gereift“, erklärte der langjährige ÖFB-Nationalspieler. „Ich mache alles mit hundert Prozent, und wenn es nicht so läuft, werde ich zum Ungustl. Das hat auch die Familie mitbekommen.“

Martin Stranzl beendet Karriere

Karriere-Ende für Martin Stranzl. Der 35-jährige ehemalige ÖFB-Teamspieler gab bekannt, dass er seinen Vertrag bei Borussia Mönchengladbach, der im Sommer ausläuft, nicht mehr verlängern wird.

Mehr Zeit für die Familie

„Eine lange und tolle Zeit geht vorbei. Es ist sehr schwer für mich, aber die Erleichterung ist groß. Es war zuletzt keine einfache Zeit. Es gibt Signale vom Körper, und so ist die Entscheidung in den letzten Wochen gereift“, so der gebürtige Burgenländer über seinen Rücktritt weiter.

Martin Stranzl bei der Pressekonferenz

APA/dpa/Monika Skolimowska

Sichtlich gerührt gab Martin Stranzl sein Karriereende bekannt

Seiner Familie - Sohn Elias wird in Kürze neun Jahre alt und möchte Fußballprofi werden - will der Südburgenländer künftig viel Zeit widmen. „Denn sie musste bisher immer zurückstecken“, sagte Stranzl, für den ein künftiges Engagement in Österreich oder bei einem unterklassigen Club nie ein Thema war. Stranzl möchte nicht nur in Deutschland leben, sondern auch weiter beim Verein tätig sein, in welchem Bereich, gelte es jedoch noch herauszufinden.

Viel Lob zum Abschied

Gladbach-Manager Max Eberl war voll des Lobes für Stranzl und überschlug sich förmlich in Superlativen: „Er steht in der jüngeren Geschichte noch über Marco Reus, Marc Andre ter Stegen und Co. Er ist unser Anführer. Martin ist einzigartig. Es geht ein ganz besonderer Spieler, der Großartiges für Borussia geleistet hat. Der Abschied tut weh.“

Genug von vielen Verletzungen

Stranzl zieht die Konsequenz aus einer verletzungsanfälligen Saison, in der der 35-jährige Burgenländer nur zwei Spiele (71 Minuten) für Borussia Mönchengladbach absolviert hat. Jahrelang war der Abwehrchef, der auch als defensiver Mittelfeldspieler eingesetzt wurde, aber die Verlässlichkeit in Person, sowohl im österreichischen Nationalteam (56 Spiele, drei Tore) als auch bei drei Clubs der deutschen Bundesliga (1860 München, VfB Stuttgart und seit Jänner 2011 Borussia Mönchengladbach) sowie Spartak Moskau (zweimal Vizemeister). Mit 256 Partien ist Stranzl der Österreicher mit den zweitmeisten Einsätzen in der ersten Bundesliga nach Andreas Herzog (264).

ÖFB-Rekordspieler in der deutschen Bundesliga

1. Andreas Herzog 264 Spiele
2. Martin Stranzl 256 *
3. Bruno Pezzey 255
4. Harald Cerny 254
5. Wilhelm Huberts 213
6. Kurt Jara 191
7. Martin Harnik 186 *
8. Christian Fuchs 183 *
9. Toni Polster 181
10. Josef Hickersberger 177
Weitere ÖFB-Teamspieler u.a.:
14. David Alaba 143 *
15. Zlatko Junuzovic 126 *
18. Julian Baumgartlinger 116 *
* aktiv

Karriere in Deutschland und Russland

In der österreichischen Bundesliga hat Stranzl dagegen kein einziges Spiel bestritten. Denn schon mit 17 Jahren suchte der Güssinger die Herausforderung bei 1860 in München, wo er zunächst bei einer Gastfamilie lebte und die Fachmatura machte. 1999 debütierte er mit den „Löwen“ in der deutschen Bundesliga und wechselte erst nach dem Abstieg 2004 zum Ligarivalen VfB Stuttgart. Von den Schwaben verschlug es ihn im Frühjahr 2006 zum russischen Spitzenclub Spartak Moskau, mit dem er zweimal Vizemeister wurde (2006, 2007).

Martin Stranzl (Gladbach)

GEPA/Uwe Speck

Martin Stranzl war in seiner Karriere nur selten am Boden

Im Jänner 2011 zog es Stranzl zurück in die deutsche Bundesliga. Mit 30 Jahren heuerte er bei Borussia Mönchengladbach an und blühte beim Traditionsclub noch einmal so richtig auf. Der Burgenländer half, die Abwehr der Gladbacher, zu diesem Zeitpunkt mit nur zehn Punkten aus 17 Spielen Tabellenschlusslicht, zu stabilisieren und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass die Borussia nicht abstieg. Vom Fachmagazin „kicker“ wurde er danach zum besten Wintereinkauf 2010/11 erklärt und in die Elf des Jahres 2015 nominiert, auch die Fans auf der Website Bundesliga.de wählten ihn bei einem Voting mit 400.000 Stimmen in die Topelf der Saison 2014/15.

Teamabschied nach Disput mit Constantini

In der vergangenen Saison landete Gladbach überraschend auf Rang drei und erspielte sich die Teilnahme an der Champions League. Gedanken an ein Karriereende hatte Stranzl mehrmals verworfen, weil Fitness und Erfolg passten, und seinen Vertrag immer um eine Saison verlängert.

Beim Nationalteam hatte er sich schon viel früher zurückgezogen. Nur gut ein Jahr nach seiner Teilnahme an der Heim-EM im Sommer 2008 beendete er nach einem Disput mit Teamchef Dietmar Constantini im November 2009 seine Teamkarriere und ließ sich auch von Constantinis Nachfolgern nicht mehr zu einem Comeback überreden. Stranzl hatte als 19-Jähriger im März 2000 unter Teamchef Otto Baric debütiert.

Martin Stranzl im Porträt

Geboren: 16. Juni 1980 in Güssing
Größe: 1,90 m
Gewicht: 80 kg
Familienstand: verheiratet
Position: Abwehr

Vereine:
- SV Güssing (1986 - 1997)
- TSV 1860 München (Februar 1997 - Juni 2004)
- VfB Stuttgart (Juli 2004 - März 2006)
- Spartak Moskau (März 2006 bis Dezember 2010)
- Borussia Mönchengladbach (seit Jänner 2011)

Nationalteam:
56 Länderspiele, drei Tore
Debüt am 29. März 2000 in Graz beim 1:1 gegen Schweden
Letztes Spiel am 6. Juni 2009 beim 0:1 gegen Serbien.

Größte Erfolge:
- Teilnahme an der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz
- 2006, 2007 russischer Vizemeister mit Spartak Moskau
- Platz drei mit Borussia Mönchengladbach 2014/15
- Champions-League-Teilnahmen mit Spartak Moskau und Mönchengladbach
- 256 Spiele in der dt. Bundsliga
- Von Fans auf Bundesliga.de" in die Elf der Saison 2014/15 gewählt
- Fachmagazin „kicker“: Nominierung in „Elf des Jahres 2015“, „Bester Winter-Einkauf 2010/11“

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