Kapitän Agbonlahor suspendiert
Der englische Traditionsclub Aston Villa hat 2015/16 eine Seuchensaison in der Premier League erlebt. Vorläufiger Höhepunkt: die Suspendierung von Kapitän Gabriel Agbonlahor. Der Absteiger nannte am Dienstag als Grund für die Entscheidung das Verhalten seines Spielers am vergangenen Wochenende.
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Partybilder mit dem Stürmer, die ihn auch beim Inhalieren von Lachgas zeigen, waren am Tag nach dem Premier-League-Aus in der englischen Zeitung „The Sun“ veröffentlicht worden. In England ist das Inhalieren von Lachgas (Distickstoffmonoxid) nicht strafbar, die Wirkung hält 30 Sekunden bis drei Minuten an und kann mitunter zu Euphorie führen.

Reuters/Action Images/Peter Cziborra
Agbonlahor hat wohl nicht mehr viel zu lachen
Agbonlahor gehörte bei der entscheidenden Niederlage am Samstag gegen Manchester United nicht zum Kader. Da er nicht in Form war, hatte ihm Interimstrainer Eric Black ein individuelles Fitnessprogramm verordnet. Bis die Untersuchung abgeschlossen ist, will der Club aus Birmingham keine weiteren Kommentare zu dem Vorfall abgeben.
Mehr Trainer als Siege
Der Fall Agbonlahor passt zur Horrorsaison, die für Aston Villa im erstmaligen Abstieg seit 1987 gipfelte. Mehr Trainer als Siege, ein undiszipliniertes Team und eine planlose Führung waren die Gründe für den Gang in die Zweitklassigkeit, der sich bereits seit mehreren Jahren angebahnt hatte.
Nur knapp schaffte es der Club aus Birmingham, der 1982 gegen Bayern München den Europacup der Landesmeister gewann, jeweils, die Klasse zu halten. Im Sommer machte der Verein um den US-Eigentümer Randy Lerner weitere fatale Fehler und holte die falschen Spieler.
„Gebt uns unser Villa zurück“
Joleon Lescott war es direkt nach der 0:6-Pleite gegen Liverpool wichtiger, einen Mercedes bei Twitter zu posten. Stürmer Agbonlahor rauchte in der Öffentlichkeit Shisha. Am Ende war das den Fans egal. „Kein Kampf. Kein Stolz. Kein Bemühen. Keine Hoffnung“, stand auf einem Plakat. Als am Samstag der Abstieg besiegelt wurde, sangen sie: „Gebt uns unser Villa zurück.“
Mit Tim Sherwood, Kevin MacDonald (interimistisch), Remi Garde und Eric Black (interimistisch) holten gleich vier Trainer nur drei Siege in 34 Matches. "All das hat den großartigen Verein in einer sehr, sehr schlimmen Art und Weise beschmutzt", schrieb der "Sunday Mirror".
Garde stellt Negativrekord bei Siegquote auf
Garde hatte in seiner nur 147 Tage dauernden Amtszeit als Cheftrainer zudem für einen unrühmlichen Rekord gesorgt. In 20 Meisterschaftsspielen holte Aston Villa unter seiner Führung nur zwei Siege und verlor zwölfmal. Zehn Prozent Siege ist laut einer BBC-Analyse die schlechteste Quote aller Zeiten eines Aston-Villa-Coachs, der mehr als 15 Spiele im Amt war. Der Franzose hatte am 2. November die Nachfolge von Sherwood angetreten, am 29. März folgte die Trennung „in gegenseitigem Einvernehmen“.
Bisheriger Rekordhalter in dieser Negativstatistik war Alex McLeish, der Aston Villa 2011/12 betreut hatte und nur sieben seiner 38 Premier-League-Spiele gewinnen konnte (18,4 Prozent Siegquote). Unter Paul Lambert (25 Siege in 101 Spielen) und Sherwood (sechs Siege in 23 Matches) konnte Aston Villa nur rund ein Viertel seiner Meisterschaftsmatches gewinnen.
Bilanz der letzten sechs Aston-Villa-Trainer
Trainer |
Tage |
Spiele |
Bilanz |
Siegquote |
Martin O'Neill (2006-10) |
1.465 |
152 |
61/53/38 |
40,1 % |
Gerard Houllier (2010/11) |
255 |
33 |
10/11/12 |
30,3 % |
Alex McLeish (2011/12) |
332 |
38 |
7/17/14 |
18,4 % |
Paul Lambert (2012-15) |
984 |
101 |
25/26/50 |
24,8 % |
Tim Sherwood (2015) |
251 |
23 |
6/2/15 |
26,1 % |
Remi Garde (2015/16) |
147 |
20 |
2/6/12 |
10,0 % |
Dem letzten Cheftrainer Garde an seiner miserablen Bilanz allein die Schuld zu geben, wäre allerdings unfair. Von US-Eigentümer Lerner, der bei der Vorstellung des Franzosen im November noch Lobeshymnen über Garde ausgesprochen hatte, fehlte dem Trainer der nötige Rückhalt, um die triste sportliche Situation verbessern zu können.
Kein einziger Neuzugang in Jänner-Transferzeit
Im Winter-Transferfenster hatte sich Garde noch um Neuzugänge bemüht. Der Coach wollte Seydou Doumbia von ZSKA Moskau holen, der ivorische Stürmer wechselte allerdings auf Leihbasis zu Newcastle. Auch die Verpflichtung des kroatischen Torhüters Lovre Kalinic klappte nicht. Dass Lerner, dem Aston Villa seit 2006 gehört, in der Jänner-Transferzeit keine einzige Verstärkung zuließ, besiegelte schließlich das Schicksal von Garde.
Der tiefe Fall hatte aber bereits 2010/11 mit dem überraschenden Rücktritt von Trainer Martin O’Neill nur wenige Tage vor Saisonstart seinen Anfang genommen. Seither gab es bei Aston Villa keine Stabilität im Trainerteam mehr. Unter Gerard Houllier wurde Aston Villa 2010/11 zwar noch Tabellenneunter, danach hatte man allerdings immer gegen den Abstieg zu kämpfen. In den letzten vier Saisonen hatte Aston Villa nur die Plätze 16, 15, 15 und 17 belegt.
Ausverkauf von großen Talenten seit 2009
Der Ausverkauf von großen Talenten seit 2009 tat sein Übriges zum unaufhaltsamen Marsch in die Zweitklassigkeit. Gareth Barry wechselte etwa im Juni 2009 für zwölf Millionen Pfund zu Manchester City, James Milner folgte ihm im August 2010 für 26 Mio. Pfund. Im Juni 2011 wurde Ashley Young für 17 Mio. Pfund an Manchester United abgegeben, einen Monat später ging Stewart Downing für 20 Mio. Pfund nach Liverpool.
Demgegenüber bildeten hochkarätige Verstärkungen, wie die Verpflichtung von Sunderlands Darren Bent im Jänner 2011 um 18 Mio. Pfund, nur die Ausnahme. Erst letzten Sommer hatte Aston Villa seinen besten Torschützen Christian Benteke für 32,5 Mio. Pfund an Liverpool abgegeben, Kapitän Fabian Delph ging für acht Mio. Pfund zu ManCity. US-Eigentümer Lerner machte mit den Deals zwar lukrative Geschäfte, die hohen sportlichen Ambitionen konnte Aston Villa dann aber nicht mehr erfüllen.
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