Neuer Schwung durch Sluzki
So mancher hat Russland schon abgeschrieben gehabt. Doch der WM-Gastgeber 2018 wendete die „Katastrophe“ (Sportminister Witali Mutko) ab und sicherte sich als Qualifikationszweiter hinter Österreich in letzter Sekunde das EM-Ticket. Knackpunkt dabei war die millionenschwere Trennung von Coach Fabio Capello, dessen Nachfolger Leonid Sluzki der Sbornaja neues Leben einhauchte.
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Zwar führte Capello die Russen als Gruppensieger zur WM 2014 nach Brasilien. Doch schon das sang- und klanglose Gruppenphasen-Aus war dem Selbstverständnis der ambitionierten Sportgroßmacht nicht zuträglich. Schwache Vorstellungen zum Auftakt der EM-Qualifikation ließen weitere Zweifel am italienischen Startrainer laut werden, das 0:1 gegen Österreich in Moskau im Juni 2015 brachte das Fass dann endgültig zum Überlaufen: Sluzki, zugleich Coach von ZSKA Moskau, übernahm im August das Ruder.
Steckbrief Russland
- Teamchef: Leonid Sluzki (seit 2015)
- Bekannteste Spieler: Igor Akinfejew, Alan Dsagojew (beide ZSKA Moskau), Alexander Kokorin, Artem Dsjuba (beide Zenit St. Petersburg)
- FIFA-Weltrangliste: 29.
- EM-Teilnahmen: 11
- WM-Teilnahmen: 10
- Größte Erfolge (jeweils als UdSSR): Europameister 1960, EM-Zweiter 1964, 1972 und 1988, Olympiasieger 1956 und 1988
Teamgeist wieder spürbar
Die rund 15 Millionen Euro teure Abfertigung für Capello amortisierte sich schnell. Nach der Übernahme durch Sluzki, den ersten russischen Teamchef seit Alexander Borodjuk im Jahr 2006, gewannen die Russen alle vier Qualifikationsspiele und hievten sich vor Schweden noch auf Platz zwei in Gruppe G. Es war nicht immer schön, was die Russen im Qualifinale zeigten, aber der Teamgeist war wieder da. Ob das in der EM-Gruppe B mit England, der Slowakei und Wales reicht, bleibt abzuwarten.
Die personellen Änderungen Sluzkis waren überschaubar, die wichtigste betraf wohl Stürmer Artjom Dsjuba. Unter Capello selten erste Wahl, wies ihm Sluzki wieder eine zentrale Rolle zu - und der Mann von Zenit St. Petersburg dankte es ihm mit sechs Treffern. Unter Sluzki lief auch Spielmacher Roman Schirokow wieder zu gewohnter Form auf. Nicht zuletzt baute Sluzki auch junge Hoffnungsträger wie Spielmacher Ilja Maximow von Anschi Machatschkala und Alexander Golowin (ZSKA Moskau) ein. Wie stets bei den Russen gilt: Fast alle Kicker sind in der russischen Liga engagiert.

APA/AFP/Kirill Kudryavtsev
Dsjuba (r.) mauserte sich unter Sluzki zum Torgaranten
Erfolgreiche Vergangenheit
Nimmt man die Vergangenheit als Sowjetunion dazu, sind die Russen eines der erfolgreichsten Teams, insgesamt landete man bei einer EM sechsmal in den Top Vier - zuletzt bei der EM 2008 in Österreich. 2012 in der Ukraine/Polen mussten sich die Russen hingegen schon nach der Gruppenphase verabschieden. Bei der EM-Premiere 1960 holte man den Titel, weitere dreimal stand die Auswahl im Finale.
EM-Kader Russland
Tor: Igor Akinfejew (ZSKA Moskau), Marinato Guilherme (Lok Moskau), Juri Lodygin (Zenit St. Petersburg)
Abwehr: Alexej Beresuzki (ZSKA Moskau), Wasili Beresuzki (ZSKA Moskau), Sergej Ignaschewitsch (ZSKA Moskau), Dimitri Kombarow (Spartak Moskau), Roman Neustädter (Schalke 04/GER), Igor Smolnikow (Zenit St. Petersburg), Roman Schischkin (Lok Moskau), Georgi Schennikow (ZSKA Moskau)
Mittelfeld: Alexander Golowin (ZSKA Moskau), Denis Gluschakow (Spartak Moskau), Artur Jussupow (Zenit St. Petersburg), Dimitri Torbinski (Kuban Krasnodar), Oleg Iwanow (Terek Grosny), Pawel Mamajew (Kuban Krasnodar), Alexander Samedow (Lok Moskau), Oleg Schatow (Zenit St. Petersburg), Roman Schirokow (ZSKA Moskau)
Angriff: Artjom Dsjuba (Zenit St. Petersburg), Alexander Kokorin (Zenit St. Petersburg), Fjodor Smolow (Kuban Krasnodar)
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