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Last-Minute-Tor schockiert Engländer

Durch einen Ausgleich in letzter Minute hat England am Samstagabend auch im neunten Anlauf den ersten Auftaktsieg bei einer Fußball-EM verpasst. Russlands Kapitän Wassili Beresuzki schockierte die „Three Lions“ im Schlagerspiel der Gruppe B in Marseille in der Nachspielzeit und erzielte per Kopf das schmeichelhafte 1:1. Eric Dier hatte die klar überlegenen Engländer in der 73. Minute in Führung gebracht.

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Zu negativen Schlagzeilen führten dann die Schlussminuten, in denen es auf den Zuschauerrängen zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen russischen und englischen Anhängern kam. Bereits vor dem Spiel war es in der Stadt wiederholt zu Straßenkämpfen zwischen Hooligans der beiden Mannschaften und einheimischen Jugendlichen gekommen.

Russen bejubeln glücklichen Ausgleich

In der Nachspielzeit gelang den Russen aus einer ihrer wenigen Möglichkeiten noch der Ausgleich zum 1:1.

Englands Neo-Stars auf der Bank

Im Spiel selbst ließ Englands Teamchef Roy Hodgson Leicester-City-Torjäger Jamie Vardy und Manchester-United-Jungstar Marcus Rashford auf der Bank und setzte im Angriff auf Harry Kane im Zentrum sowie Raheem Sterling und Adam Lallana auf dem Flügel. Kapitän Wayne Rooney agierte in etwas ungewohnter Rolle dahinter. Der russische Trainer Leonid Sluzki verhalf dem erst kürzlich eingebürgerten Deutschen Roman Neustädter zu seinem Pflichtspieldebüt in der „Sbornaja“.

„Three Lions“ übernehmen das Kommando

Die Engländer, die die Qualifikation als einziges Team ohne Punkteverlust überstanden hatten, übernahmen gleich nach dem Anpfiff das Kommando und bestürmten das Tor von Igor Akinfejew. Adam Lallana (7.) und Chris Smalling (12.) vergaben aber die ersten Chancen.

Die Russen konnten sich erst nach über einer Viertelstunde ein wenig aus der Umklammerung lösen und hatten durch einen Kopfball von Sergej Ignaschewitsch (17.) ihre erste Möglichkeit. Gefährlicher blieben aber die „Three Lions“. Einige Stanglpässe fanden aber keinen Abnehmer, und Lallana (22.) schoss nach einer schönen Kombination aus guter Position knapp vorbei.

Vasili Berezutski und Roman Neustadter (Russland) blocken einen Schuss von Wayne Rooney (England)

APA/AP/Ariel Schalit

Wayne Rooney hatte mit seinen Schüssen kein Glück]

In der 28. Minute zappelte der Ball zwar erstmals im Netz, der italienische Schiedsrichter Nicola Rizzoli erkannte aber zu Recht auf Abseits von Kane. Den ersten guten Schuss von Rooney (35.) konnte Akinfejew bändigen. Die Russen konnten sich jedenfalls glücklich schätzen, angesichts der zahlreichen englischen Chancen bis zur Pause nicht in Rückstand geraten zu sein.

Russen kommen etwas auf

Die erste Möglichkeit nach dem Seitenwechsel hatte dann aber Russland. Eine Hereingabe von Alexander Kokorin (49.) wurde von der englischen Abwehr im Fünfmeterraum geblockt. Die Engländer blieben im Abschluss weiter glücklos, so auch Rooney (55.), dessen Freistoß aus guter Distanz über das Tor ging.

Die Russen trauten sich nun mehr zu und konnten das Match offener gestalten. Ein Schuss von Fjodor Smolow (63.) von der Strafraumgrenze streifte haarscharf am Gehäuse von Joe Hart vorbei.

Englischer Torjubel im zweiten Anlauf

In der 71. Minute hatten die englischen Zuschauer im Stade Velodrome schon den Torjubel auf den Lippen, Akinfejew konnte den herrlichen Weitschuss von Rooney aber gerade noch an die Latte ablenken. Den Abpraller hämmerte Lallana - allerdings aus Abseitsposition - an die Stange.

Dier bricht Torsperre

Eric Dier brachte die überlegenen Engländer durch einen stark geschossenen Freistoß in der 73. Minute in Führung.

Zwei Minuten später war die Torsperre dann doch gebrochen: Nach einem Foul von Georgi Schennikow trat Dier zum Freistoß an - und versenkte den Ball aus rund 18 Metern unter der Latte im Netz. Die russische Mauer war offenbar nicht optimal postiert und Akinfejew chancenlos. Für Tottenham-Spieler Dier war es der erst zweite Treffer im Nationalteam.

Glücklicher Ausgleich und Ausschreitungen

Die Tatsache, dass der EM-Geheimfavorit danach mehrmals die Chance zum 2:0 vergab, sollte sich schließlich in der 92. Minute rächen. Beresuzki köpfelte den Ball nach einer Unaufmerksamkeit der englischen Abwehr noch über Hart zum Ausgleich ins Tor. Das Remis war damit für die „Sbornaja“ und deren Anhänger ein gefühlter Sieg, für die „Three Lions“ und deren Fans das Gegenteil.

Russland jubelt

APA/AP/Ariel Schalit

Die Russen durften am Ende einen wohl nicht mehr erhofften Punkt bejubeln

Das Ende des Spiels war bereits von Ausschreitungen auf den Zuschauertribünen überschattet. Dutzende offenbar russische Schläger stürmten kurz nach dem Abpfiff auf englische Anhänger los. Sie schossen mit Leuchtraketen und rissen Flaggen herunter. Es kam zu Schlägereien.

Aus Panik kletterten viele der englischen Zuschauer über die Zäune zum Innenraum. Ordner schauten zunächst tatenlos zu, griffen dann aber ein und trennten die gegnerischen Fans. Bereits vor der Partie, die mit einem 1:1 endete, war es in Marseille zwischen den Anhängern beider Mannschaften und Sicherheitskräften zu schweren Auseinandersetzungen gekommen.

Rudolf Srb, ORF.at

EM 2016, Gruppe B, erste Runde

Samstag:

England - Russland 1:1 (0:0)

Marseille, Stade Velodrome, 60.000 Zuschauer, SR Rizzoli (ITA)

Torfolge:
1:0 Dier (73./Freistoß)
1:1 Beresuzki (92.)

England: Hart - Walker, Cahill, Smalling, Rose - Alli, Dier, Rooney (77./Wilshere) - Lallana, Kane, Sterling (87./Milner)

Russland: Akinfejew - Smolnikow, Ignaschewitsch, W. Beresuzki, Schtschennikow - Neustädter (80./Gluschakow), Golowin (77./Schirokow) - Smolow (85./Mamajew), Schatow, Kokorin - Dsjuba

Gelbe Karten: Cahill bzw. Schtschennikow

Tabelle:
1. Wales * 3 2 0 1 6:3 6
2. England * 3 1 2 0 3:2 5
3. Slowakei * 3 1 1 1 3:3 4
4. Russland 3 0 1 2 2:6 1
* im Achtelfinale

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