Bittere Auftaktpleite in Bordeaux
Mit einer unglücklichen Niederlage gegen Ungarn ist Österreich am Dienstag in die EM gestartet. Vor 34.424 Zuschauern musste sich die ÖFB-Auswahl dem Nachbarn und früheren Erzrivalen mit 0:2 geschlagen geben. In einem vor allem von den Ungarn sehr hart geführten, über weite Strecken offenen Schlagabtausch avancierten Adam Szalai (62.) und Zoltan Stieber (87.) zu den Matchwinnern. Für Österreich dagegen lief alles schief.
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Gleich in der ersten Minute traf David Alaba nur die Stange. Unmittelbar nach dem Führungstor der Ungarn kassierte Aleksandar Dragovic eine harte Gelb-Rote Karte. Und im Finish, als die Österreicher in Unterzahl alles riskierten, fingen sie sich noch ein Kontertor ein. Nichts wurde es somit aus dem ersten EM-Sieg der ÖFB-Geschichte, und auch nichts aus dem ersten Endrundensieg seit Italien 1990 (2:1 gegen die USA).

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Großen Erwartungen folgte im ÖFB-Team eine große Enttäuschung
Erwartete Startformation zum EM-Start
Österreich ging im Stade de Bordeaux mit der erwarteten Aufstellung in die EM. Auf der rechten Flügelposition startete Martin Harnik. Partner von Aleksandar Dragovic in der Innenverteidigung war Martin Hinteregger. Der zuletzt an Muskelbeschwerden laborierende Stürmer Marc Janko spielte ebenfalls von Beginn an. Bei den Ungarn ersetzte Krisztian Nemeth links den verletzten Gergö Lovrencsics. Der angeschlagene Linksverteidiger Tamas Kadar war rechtzeitig fit. Im zentralen Mittelfeld setzte Ungarns Teamchef Bernd Storck etwas überraschend auf den 37-jährigen Zoltan Gera.
Stange verhindert ÖFB-Traumstart
Das lange Warten auf das elfte Turnierspiel dieser EM hatte ein Ende - und Österreich startete wie von der sprichwörtlichen Tarantel gestochen. Gerade einmal 30 Sekunden waren gespielt, als David Alaba am Sechzehner an den Ball kam, sich diesen auf den linken Fuß legte und ihn wuchtig an die rechte Stange knallte. Zlatko Junuzovic hatte den Ball im Mittelfeld erobert, das wäre der oft zitierte und vor allem erhoffte Traumstart gewesen.
Stangenschuss Alaba (1.)
Blitzstart der Österreicher: David Alabas Schuss aus der Distanz knallt nach nur 30 Sekunden an die Stange.
Die Österreicher agierten ungemein aggressiv, gut sortiert, spritzig, wie aufgezogen und nun endlich losgelassen. 20.000 mitgereiste Fans standen unter Strom - wie ihre Mannschaft. Junuzovic holte sich nach sechs Minuten bereits zum dritten Mal den Ball vom Gegner. Mit frühem attackieren weit in der ungarischen Hälfte ließ man das Team von Storck und Assistent Andreas Möller nicht zum Atmen kommen, geschweige denn zum Spielen. Alaba (10.) hatte nach Vorarbeit von Christian Fuchs und Marko Arnautovic die nächste gute Chance, aber Ungarn-Keeper Gabor Kiraly stand gut.
Offener Schlagabtausch
Nach einer Viertelstunde dann der erste Schock: Junuzovic knickte um, in der TV-Zeitlupe sah es für das Sprunggelenk schlimm aus. Nach einer Behandlungspause konnte der ÖFB-Regisseur weiterspielen, aber der Spielfluss kam danach leicht ins Stocken. Den Ungarn gelang es nun mit Härte, sich aus der rot-weiß-roten Umklammerung zu lösen. Bis zur 30. Minute hatte sich ein offener Schlagabtausch entwickelt - von beiden Seiten dynamisch vorgetragen, aber ohne Vorteile für die eine oder die andere.
Adam Szalai (34.) fand per Kopf die bis dahin beste Chance der Ungarn vor, kam unmittelbar vor Robert Almer aber nicht hinter den Ball. Auf der anderen Seite war es erneut Junuzovic, der sich mit einem Schuss nach Vorarbeit von Janko in Szene setzte, aber an Routinier Kiraly scheiterte. Es war ein abwechslungsreiches Match. Beide Mannschaften suchten ihr Heil in der Offensive, kombinierten schnell und schenkten einander in den Zweikämpfen nichts.

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Auch Junuzovic konnte Kiraly nicht bezwingen
In der 41. Minute fuhr Österreich über Arnautovic auf der linken Seite einen blitzschnellen Konter. Der Stoke-Legionär spielte einen Querpass in die Mitte, wo Janko zu kurz kam und der wie in den Testspielen formschwache Martin Harnik an der zweiten Stange verstolperte. Praktisch im Gegenzug hätten fast die Ungarn als erste zugeschlagen, doch Balazs Dzsudzsakn (43.) schoss von halbrechts an der langen Ecke vorbei. Mit einem 0:0 ging es in die Pause. Man durfte sich weiterhin viel erwarten.
Alles über links
Viel mehr musste man sich in der zweiten Hälfte vor allem von Harnik auf dem praktisch unbesetzten rechten Flügel erwarten. Auch Janko hing noch in der Luft. Nach dem Seitenwechsel begann Österreich wieder besser. Janko (48.) hatte nach Querpass von Alaba die erste Chance, nur eine Minute später die zweite. Beide Male war es über links gegangen, wo Arnautovic stark spielte und Fuchs dahinter souverän absicherte. Alaba zog es dadurch ebenfalls immer mehr nach links. Ungarn hielt weiter voll dagegen.
Almer hatte in der 57. Minute seine erste richtige Bewährungsprobe bei dieser EM, als er einen gut angetragenen 30-Meter-Schuss von Dzsudzsak parierte. Nach 58 Minuten ging dann bei Junuzovic nichts mehr - ein harter Schlag für das ÖFB-Team. Humpelnd ging einer der wichtigsten Spieler von Koller vom Platz, für ihn brachte der Teamchef den Leipzig-„Bullen“ Marcel Sabitzer.
Doppelschock nach einer Stunde
Der „Neue“ hatte sich noch nicht einmal richtig eingefunden, als es in der 62. Minute im österreichischen Tor einschlug. Eine Kombination über mehrere Stationen brachte die Ungarn in den Strafraum. Szalai hatte sich hinter die indisponierte ÖFB-Viererkette „geschlichen“, kam dort an den Ball und bezwang Almer im Fallen zum 1:0 (62.). Das Malheur für die ÖFB-Auswahl war vorerst einmal perfekt - und der zweite eiskalte Schock folgte nur Minuten später.
0:1 Szalai (62.)
Kurz nachdem Junuzovic verletzt raus muss, gehen die Ungarn in Führung. Nach einer schönen Kombination trifft Szalai aus kurzer Distanz.
Dragovic, der in der 33. Minute die erste Gelbe Karte gesehen hatte, musste in der 66. Minute nach einem Offensivfoul mit Gelb-Rot vom Platz. Eine sehr harte Entscheidung des schwachen französischen Referees Clement Turpin, der den Ungarn wesentlich härtere Attacken in der ersten Hälfte hatte durchgehen lassen. Doppelt bitter in dieser Situation: Hinteregger schoss den Ball ins Tor, doch da war die Partie schon abgepfiffen. Damit hatten die Ungarn für die letzten 20 Minuten natürlich die weitaus besseren Karten - und die spielten sie in Form von gefährlichen Kontern gnadenlos aus.

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Der Ausschluss von Dragovic war für die Österreicher ein schwerer Schlag
Kein Happy End im ersten Spiel
Ein Schuss von Krisztian Nemeth (71.) strich knapp an Almers Tor vorbei. Sabitzer (73.) hätte nach scharfer Hereingabe von Fuchs treffen können, schoss aber weit über das Tor. Rubin Okotie statt des blass gebliebenen Janko und Alessandro Schöpf statt des noch viel blasser gebliebenen Harnik hatte Koller für das Finish in die hektische Partie geworfen. Zerfahren ging sie in die letzten zehn Minuten. Verzweifelt kämpfte Österreich um den Ausgleich.
0:2 Stieber (87.)
Das Spiel ist entschieden: Schneller Konter der Ungarn gegen weit aufgerückte Österreicher, den der eingewechselte Stieber souverän abschließt.
Die Ungarn wiederum kämpften weiter mit harten Bandagen. Und weiterhin ahndete der Unparteiische überharte Attacken gegen das ÖFB-Team nicht mit Karten. Als die Österreicher schon mit Mann und Maus in die gegnerische Hälfte aufgerückt waren und hinten alles offen gelassen hatten, schlug Ungarn dann noch ein zweites Mal zu. Der eingewechselte Zoltan Stieber überwand Almer in der 87. Minute mit einem schönen Heber zum 2:0, nachdem er im Konter mehr oder weniger alleine von der Mittellinie aufs Tor gelaufen war.
Harald Hofstetter, ORF.at, aus Bordeaux
EM, Gruppe F, erste Runde
Dienstag:
Österreich - Ungarn 0:2 (0:0)
Stade de Bordeaux, 34.424 Zuschauer, SR Turpin (FRA)
Torfolge:
0:1 Szalai (62.)
0:2 Stieber (87.)
Österreich: Almer - Klein, Dragovic, Hinteregger, Fuchs - Baumgartlinger, Alaba - Harnik (77./Schöpf), Junuzovic (59./Sabitzer), Arnautovic - Janko (65./Okotie)
Ungarn: Kiraly - Fiola, Guzmics, Lang, Kadar - Gera, Nagy - Dzsudzsak, Kleinheisler (80./Stieber), Nemeth (89./Pinter) - Szalai (69./Priskin)
Gelb-Rote Karte: Dragovic (66./wiederholtes Foulspiel)
Gelbe Karten: keine bzw. Nemeth
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