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Gut Ding braucht Weile

Frankreichs Fans werden bei dieser EM bei den Spielen ihrer „Equipe Tricolore“ auf wahre Geduldsproben gestellt. Nach dem späten Sieg zum Auftakt gegen Rumänien mussten die 63.700 Zuschauer im Stade Velodrome von Marseille auch am Mittwoch im zweiten Spiel der Gruppe A lange warten, bis der 2:0-Sieg ihrer Mannschaft gegen Albanien und der Einzug ins Achtelfinale feststand.

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Der eingewechselte Antoine Griezmann (90. Minute) und Dimitri Payet (96.) erlösten schließlich die Anhänger von „Les Bleus“ und schossen ihr Team zu einem hart erarbeiteten Sieg. Frankreich hatte über weite Strecken des Spiels große Probleme, sich gegen die tapfer verteidigenden Albaner durchzusetzen. Vielleicht hing das auch mit einer interessanten Aufstellungsvariante der Franzosen zusammen, die sich nicht bewährte.

1:0 - Griezmann erlöst Frankreich (90.)

Der Joker sticht - Antoine Griezmann erlöst das Gastgeberland: Er verwertet eine Flanke von Adil Rami per Kopf zum späten 1:0.

Deschamps lässt die Stars zuschauen

Frankreichs Sportzeitung „L’Equipe“ hatte es bereits vermutet, denn im Training für das Albanien-Spiel ließ Teamchef Didier Deschamps bereits ohne die Stars Paul Pogba und Griezmann üben. Beide wurden beim mühsamen 2:1-Auftaktsieg gegen Rumänien ausgetauscht. Tatsächlich bekam dann im Spiel auch die Flügelzange der Jungstars Kingsley Coman und Anthony Martial eine Chance.

Anthony Martial (FRA) gegen Elseid Hysaj (ALB)

APA/AFP/Boris Horvat

Anthony Martial (r.) kam gegen Albanien nicht richtig in Schwung

Ob es nur ein Test war oder ein Weckruf für Poga und Griezmann sein sollte, wird der weitere Turnierverlauf zeigen. Deschamps hat sich jedoch bereits negativ über die Rolle Pogbas geäußert, der bei Juventus eine Position spielt (einer von drei „Sechsern“), die es so in der „Equipe Tricolore“ nicht gibt. Bei Albanien ersetzt Italien-Legionär Arlind Ajeti den gesperrten Kapitän Lorik Cana.

Stimmung nur auf der Tribüne

Die 67.000 Fans im Stade Velodrome nahmen die Personalrochaden zur Kenntnis, ihnen war nur eines wichtig: Sie wollten ihr Team siegen sehen. Gegen Albanien sollte nach dem Arbeitssieg gegen Rumänien die Finesse ins französische Spiel zurückkehren. So wurde es schon vor Anpfiff richtig laut. Bei der Einstimmung auf die Partie wurden laut Anzeigentafel 134 Dezibel gemessen. Zum Vergleich: Über 120 Dezibel werden unter anderem von Düsenflugzeugen erreicht.

Der Optimismus der Franzosen war jedoch zu Beginn unbegründet. Weder Coman noch Martial fielen auf. Im System von Deschamps agierte Olivier Giroud als Solospitze, er blieb aber auch nur in Erinnerung, weil er einmal seinen Schuh verlor. In der 24. Minute waren es dann die Albaner, die nach einer Hereingabe von Elseid Hysaj gefährlich vor Hugo Lloris auftauchten, aber kein Kapital aus der schnellen Aktion schlagen konnten.

Spiel ohne Höhepunkte

Albaniens italienischer Trainer Gianni de Biasi hatte bereits vor der Partie gewusst: „Es wird eine harte Aufgabe, aber nichts ist unmöglich.“ Und Frankreich brauchte lange, um in diesem Spiel aufzuwachen. Rund zehn Minuten vor der Pause konnte sich dann Coman in einer Eins-gegen-eins-Situation durchsetzen. Seine anschließende Flanke landete jedoch in den Händen von Etrit Berisha. Die Partie dümpelte weiter ohne Chance dahin.

Die Frau von Blaise Matuidi, Isabelle Matuidi schaut auf ihr Smartphone

APA/AFP/Franck Fife

Die Fans beschäftigten sich lieber mit ihren Handys als mit dem Spiel

Albanien ließ die Stars der Franzosen nicht aus den Augen, verfolgte sie auf Schritt und Tritt. Die konnten dadurch keinen Druck erzeugen. Das Torschussverhältnis von 4:3 für Frankreich kurz vor der Pause sagte alles über das Spiel aus und war im Grunde eine Anerkennung der Leistung der Albaner. Die Gesichter der französischen Fans spiegelten die enttäuschende Leistung ihrer Mannschaft wider. Alle hofften auf Besserung.

Partie erwacht zum Leben

Die Teams schienen auch zu wissen, dass sie ihren Fans einiges schuldig geblieben waren. Auch Deschamps beendete sein Experiment und wechselte Pogba für Martial ein. Prompt hatten die Zuschauer nur wenige Sekunden nach Wiederbeginn den ersten Torschrei auf den Lippen. Coman köpfelte aber knapp am Tor vorbei. Die Partie nahm Fahrt auf.

Albanien an die Stange (52.)

Glück für Frankreich: Memushaj befördert eine Flanke an die Stange - Frankreichs Tormann Hugo Lloris wäre chancenlos gewesen.

Albanien schlug zurück, und beinahe hätte Ledian Memushaj den Ball irgendwie mit der Hüfte an Lloris vorbei ins Tor bugsierte. Der Ball sprang jedoch nur an die Stange (52.). Giroud hatte dann die große Chance, per Kopfball das 1:0 zu erzielen, traf jedoch nur die Stange (68.). Deschamps wechselte erneut und schickte Griezmann für Coman und Andre-Pierre Gignac für Giroud aufs Feld. Frankreich war in dieser Phase eindeutig die torgefährlichere Mannschaft, ohne jedoch das erlösende 1:0 zu schaffen.

Franzosen finden ihr Ziel

Immer wieder verfehlten die Torversuche von „Les Bleus“ nur knapp ihr Ziel. Bis sie dann in den Schlussminuten doch noch ihr Ziel fanden. Zunächst wurde Griezmann am Fünfer sträflich alleine gelassen und konnte eine Maßflanke von Adil Rami per Kopf zum 1:0 (89.) verwerten.

2:0 - Payet mit der Entscheidung (96.)

Dimitri Payet sorgt für die endgültige Entscheidung: Der Spieler von West Ham United erzielt aus einem Konter sein zweites EM-Tor.

Doch damit nicht genug. Frankreich spielte erleichtert und torhungrig weiter, und Payet demonstrierte in der Nachspielzeit seine feine Schusstechnik, indem er den Ball ins lange Eck zum 2:0-Endstand zirkelte. „Allez les Bleus“ hallte es bei Schlusspfiff befreit und ohrenbetäubend durch das Stadion und das ganze Land.

Martin Wagner, ORF.at

EM, Gruppe A, zweite Runde

Mittwoch:

Frankreich - Albanien 2:0 (0:0)

Marseille, Stade Velodrome, 63.670 Zuschauer, SR Collum (SCO)

Tore:
1:0 Griezmann (90.)
2:0 Payet (96.)

Frankreich: Lloris - Sagna, Rami, Koscielny, Evra - Kante, Matuidi - Coman (68./Griezmann), Payet, Martial (46./Pogba) - Giroud (77./Gignac)

Albanien: Berisha - Hysaj, Ajeti (85./Veseli), Mavra, Agolli - Kukeli (74./Xhaka) - Lila (71./Roshi), Abrashi, Memushaj, Lenjani - Sadiku

Gelbe Karten: Kante bzw. Kukeli, Abrashi

Tabelle:
1. Frankreich * 3 2 1 0 4:1 7
2. Schweiz * 3 1 2 0 2:1 5
3. Albanien 3 1 0 2 1:3 3
4. Rumänien 3 0 1 2 2:4 1
* im Achtelfinale

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