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Inselkicker noch mit Aufstiegschancen

Nordirland hat am Donnerstag am zweiten Spieltag der Gruppe C mit einem hart erkämpften 2:0-Erfolg über die Ukraine seinen ersten Sieg bei einer EM überhaupt gefeiert. Die Inselkicker halten nun nach zwei Spielen bei drei Punkten und dürfen sogar noch auf das Achtelfinale hoffen, für die weiter sieglosen Osteuropäer ist der Traum vom Aufstieg vorbei.

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Zwar hatten die Ukrainer in vier Duellen gegen Nordirland noch nie verloren, doch ausgerechnet im fünften und wichtigsten Spiel war es so weit: Nach einer äußerst dürftigen ersten Halbzeit avancierte der 36-jährige Gareth McAuley mit einem Kopfballtreffer (49.) zum umjubelten Held der Inselkicker. In der 96. Minute besorgte Niall McGinn sogar noch das 2:0 und ließ die nordirischen Fans den strömenden Regen von Lyon endgültig vergessen.

McGinn setzt den Schlusspunkt

In der Nachspielzeit konnte McGinn die Euphorie der nordirischen Fans mit dem 2:0 gegen die Ukraine noch einmal steigern.

„Köpferollen“ bei Nordirland

Auf der Jagd nach dem ersten Punktegewinn ließ Nordirlands Teamchef Michael O’Neill keinen Stein auf dem anderen und tauschte fast die halbe Mannschaft aus. Allen voran musste Goalgetter Kyle Lafferty auf der Bank Platz nehmen, an Stelle des Birmingham-Stürmers bekam Conor Washington von den Queens Park Rangers seine Chance. Auch Conor McLaughlin, Chris Baird, Shane Ferguson und Paddy McNair kostete die 0:1-Auftaktpleite gegen Polen ihren Stammplatz.

Die Ukraine ging hingegen mit nahezu derselben Aufstellung wie beim 0:2 gegen Deutschland ins Spiel. Nur im Angriff hoffte Teamchef Michail Fomenko auf Tore von Jewhen Selesnijow, der Roman Sosulja ersetzte. Die Ausrichtung war mit 4-2-3-1 ähnlich defensiv wie jene des Gegners (4-5-1).

EM-Premiere für Inselkicker

Auf dem Rasen straften die Nordiren die Papierform aber vorerst Lügen, sie kamen bereits in der zweiten Minute durch einen Eckball von Jamie Ward in den gegnerischen Strafraum. Stuart Dallas stellte sich mit einem Aufsitzer ein, Tormann Andrej Pjatow hielt aber sicher (5.). Es war eine EM-Premiere für die Inselkicker, denn einen Schuss aufs Tor hatte der EM-Debütant über 90 Minuten gegen Polen nicht abgegeben. Die Ukrainer gelangten nach einer Flanke von Andrej Jarmolenko erstmals vor das gegnerische Gehäuse, einen Schuss von Sergej Sidortschuk blockte Gareth McAuley im Strafraum mit angelegtem Arm.

Die Osteuropäer setzten auf einen kontrollierten Spielaufbau, während es die Nordiren mit weiten Bällen in die Spitze versuchten. Trotz britischer Bedingungen - es regnete in Lyon in Strömen - bekam die Ukraine das Spiel für einige Zeit besser in den Griff. Gute Chancen blieben aber Mangelware, bei einer Jarmolenko-Flanke kam Selesnijow zu kurz (22.), ein Schuss von Jaroslaw Rakizki landete in den Armen von Goalie McGovern.

Torlos in die Halbzeit

Die Nordiren versuchten, ihre schwer schuftende Defensivabteilung kurzfristig mit Gegenstößen zu entlasten: Nach Querpass von Ward konnte sich Washington im harten Zweikampf nicht durchsetzen, nach einem Eckball strich ein Kopfball von Craig Cathcart nur um Zentimeter am Kreuzeck vorbei. Der Regen hatte nachgelassen, aber jetzt plätscherte das Spiel trotz dieser Lichtblicke so dahin.

Zweikampf

APA/AFP/Jean-Philippe Ksiazek

Beide Mannschaften brachten 45 Minuten lang wenig zusammen

Die Inselkicker trauten sich mit Fortdauer der Partie mehr zu, auch weil die Ukrainer zu statisch wirkten. Eine scharfe Hereingabe von Steven Davies, halb Schuss, halb Flanke, konnte Pjatow gerade noch abwehren. Schiedsrichter Pavel Kralovec wollte sich die mäßige Partie dann nicht länger anschauen und pfiff pünktlichst zur Pause, in der es für beide Mannschaften einiges zu besprechen und verbessern gab. „Das ist sicherlich vielleicht das schlechteste Spiel, das wir bis jetzt gesehen haben“, musste auch ORF-Experte Herbert Prohaska feststellen.

Paukenschlag nach Wiederanpfiff

Die Trainer vertrauten vorerst aber noch ihrer Anfangsformation, die sie in den nun wieder strömenden Regen schickten. Besonders kalt war die Dusche für die Ukrainer, die nach einem Freistoß von Oliver Norwood Gareth McAuley zu viel Platz ließen, und der Verteidiger von Watford köpfelte mustergültig ins lange Eck ein (49. Minute). Mit 36 Jahren avancierte McAuley zum zweitältesten Torschützen der EM-Geschichte nach Ivica Vastic, der 38 war.

McAuley köpfelt Premierentreffer

Gareth McAuley sorgte mit seinem Kopfballtreffer in der 49. Minute für das erste EM-Tor Nordirlands überhaupt.

Auf der Gegenseite gelang Selesnijow im Gegenzug per Kopf fast der Ausgleich für die Ukrainer. Die spannende Phase nach Wiederanpfiff riss auch die Fans wieder aus ihrer Lethargie, sie bekamen jetzt mehr geboten als in der ganzen ersten Halbzeit. Die Ukrainer setzten nach, einen Freistoß von Jewhen Konopljanka fischte McGovern aus der Kreuzecke. Schlag auf Schlag ging es weiter: Norwood scheiterte mit einem Aufsitzer, Washington verfehlte eine Flanke nur knapp. Zudem verwandelte sich der Regen noch in starken Hagel. Referee Pjatow beorderte die Spieler daher vom Feld, nach einer kurzen Unterbrechung ging es weiter.

Ukraine stürmt, Nordirland trifft

Konopljanka verfehlte das Netz mit einem strammen Schuss knapp. Die Ukrainer brauchten nun dringendst ein Tor. Im Angriff sollte Sosulja für neuen Schwung sorgen, Entscheidendes veränderte sich aber nicht. Der waschelnasse Boden machte einen geordneten Spielaufbau schwierig, und hohe Hereingaben waren für die nordirische Abwehr ein gefundenes Fressen. Als sich der eingewechselte Olexander Sintschenko bei einem Kopfball doch einmal durchsetzen konnte, fiel dieser zu zentral aus.

Den Ukrainern fehlte aber nicht nur die letzte Konsequenz, sondern auch das letzte Aufbäumen. Bei einem Gewaltschuss von Jarmolenko war Tormann McGovern nicht zu bezwingen, Sintschenko versuchte es mit einem Ableger per Ferse statt eines Schusses, und auch Konopljanka war nicht erfolgreich. Sechs Minuten Nachspielzeit ließen die Ukraine noch hoffen, doch in der letzten Minute schlugen die Nordiren wieder zu: Nach einem Schuss von Corry Evans staubte der eingewechselte Niall McGinn zum 2:0 ab.

Oliver Mück, ORF.at

EM, Gruppe C, zweite Runde

Donnerstag:

Ukraine - Nordirland 0:2 (0:0)

Stade de Lyon, 51.000 Zuschauer, SR Kralovec (CZE)

Torfolge:
0:1 McAuley (49.)
0:2 McGinn (96.)

Ukraine: Pjatow - Fedezki, Chatscheridi, Rakizky, Schewtschuk - Sidortschuk (76./Garmasch), Stepanenko - Jarmolenko, Kowalenko (83./Sintschenko), Konopljanka - Selesnew (71./Sosulja)

Nordirland: McGovern - Hughes, Cathcart, McAuley, J. Evans - Ward (69./McGinn), C. Evans (93./McNair), Davis, Norwood, Dallas - Washington (84./Magennis)

Gelbe Karten: Selesnew, Sidortschuk bzw. Ward, Dallas, J. Evans

Tabelle:
1. Deutschland * 3 2 1 0 3:0 7
2. Polen * 3 2 1 0 2:0 7
3. Nordirland * 3 1 0 2 2:2 3
4. Ukraine 3 0 0 3 0:5 0
* im Achtelfinale

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