Weltmeister gibt sich keine Blöße
Deutschland ist am Sonntag dank einer starken ersten Hälfte souverän ins EM-Viertelfinale eingezogen. Der Weltmeister setzte sich in einer einseitigen Partie mit 3:0 (2:0) gegen die Slowakei durch. Abwehrchef Jerome Boateng (8.) sowie Mario Gomez (43.) sorgten bereits vor der Pause für klare Verhältnisse. Den Endstand fixierte Julian Draxler (63.). Mesut Özil scheiterte zudem vom Elfmeterpunkt.
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Die DFB-Elf ist damit bei der EM weiter das einzige Team ohne Gegentor und auf dem besten Weg, ihren Erfolgslauf unter Joachim Löw fortzusetzen. Seit der 56-Jährige als Bundestrainer arbeitet (2006), hat Deutschland bei Turnieren immer zumindest die Runde der besten vier Teams erreicht. Nun bekommt es der dreifache Europameister im Kampf um einen Halbfinal-Platz am Samstag (21.00 Uhr, live in ORF eins) mit „Angstgegner“ Italien zu tun, der Titelverteidiger Spanien mit 2:0 entthronte.
Gomez verwertet Draxler-Pass zum 2:0 (43.)
Julian Draxler dribbelt sich auf der linken Seite durch und serviert Mario Gomez den Ball zum 2:0 auf den Fuß.
Wackelkandidat Boateng rechtzeitig fit
Löw konnte gegen die Slowakei wie angekündigt auf Abwehrchef Boateng nach dessen überwundener Wadenverhärtung zurückgreifen. Mit Draxler für Mario Götze schickte der Bundestrainer im Vergleich zum 1:0-Sieg im letzten Gruppenspiel gegen Nordirland nur einen neuen Spieler aufs Feld. Beide Spieler sollten sich noch als Goldgriff erweisen. Somit blieb Kapitän Bastian Schweinsteiger wie schon in der Gruppenphase zunächst einmal nur Ersatzspieler.
Löws Gegenüber Jan Kozak nahm im Vergleich zum 0:0 gegen England indes gleich vier Veränderungen vor. Die größte Überraschung bildete dabei Milan Skriniar, der in der Vorrunde nur beim Gruppenabschluss gegen die „Three Lions“ zum Einsatz gekommen war und erst zwölf Spielminuten bei der Endrunde in den Beinen hatte. Gemeinsam mit Regisseur Marek Hamsik und Patrik Hrosovsky sollte der 21-Jährige, der im Jänner von Slovan Bratislava zu Sampdoria Genua in die Serie A gewechselt war, für Überraschungsmomente sorgen.
Abwehrchef trifft zur frühen Führung
Allerdings sollte es dazu gar nicht kommen. Deutschland übernahm von Beginn an das Kommando und gab im Stile eines vierfachen Weltmeisters den Takt vor. Vergessen war die Schmach der 1:3-Testspielpleite vor der EM in der Regenschlacht in Augsburg. Während die Slowaken das Gehäuse von Manuel Neuer zunächst einmal nur aus der Ferne sahen, schnürte die DFB-Elf den Gegner in dessen Hälfte ein und ließ den Ball in den eigenen Reihen ständig zirkulieren. Für Zählbares sorgten dann aber Standardsituationen.
Boateng trifft volley zum 1:0 (8.)
Slowakei-Goalie Kozacik kann einen Khedira-Kopfball noch abwehren. Der anschließende Eckball führt aber zum 1:0 für Deutschland. Jerome Boateng haut vom Sechszehner volley drauf und trifft zum 1:0.
Nach einem Freistoß von Toni Kroos verpasste Sami Khedira noch knapp die Führung. Nach dem anschließenden Corner sollte es dann aber im slowakischen Tor einschlagen. Eigentlich schien die Hereingabe von Mesut Özil bereits geklärt, doch am Sechszehner lauerte Boateng, der den Befreiungsschlag von Goalie Matus Kozacik volley übernahm und zwischen den slowakischen Beinen hindurch zum 1:0 flach im linken Eck versenkte (8.). Der Abwehrchef traf damit nicht nur erstmals selbst im DFB-Dress, sondern sorgte auch für das erste Tor eines Bayern-Spielers in Frankreich. Zum Drüberstreuen war es zudem das schnellste EM-Tor der DFB-Geschichte.
Özil vergibt Elfmeter
Wenig später hätte es für die Slowakei sogar noch bitterer kommen können. Abwehrchef und Kapitän Martin Skrtel stieß Gomez im Strafraum bei einem Kopfballversuch von hinten an und forderte Schiedsrichter Szymon Marciniak zum Elfmeterpfiff heraus. Der Pole ließ sich auch nicht zweimal bitten und zeigte sofort auf den Punkt. Der Doppelschlag blieb jedoch verwehrt, da Özil zu unplatziert schoss und Kozacik parierte (13.). Zum bisher einzigen Mal hatten einem DFB-Spieler vor 40 Jahren die Nerven vom Punkt versagt. 1976 schoss Uli Hoeneß im Finale gegen die damalige Tschechoslowakei den entscheidenden Elfer über das Tor.
Özil vergibt Elfmeter (13.)
Gomez wird am Leiberl gezogen, worauf Schiedsrichter Marciniak Elfmeter pfeift. Kozacik kann den Schuss von Mesut Özil aber parieren.
Deutschland ließ sich davon aber nicht beeindrucken und legte weiter nach. In der 24. Minute verlängerte Gomez per Kopf auf Özil, der nicht lange fackelte und sofort abzog. Der Ball strich aber denkbar knapp am langen Eck vorbei. In der 29. Minute dribbelte sich wiederum Julian Draxler durch die gegnerische Hälfte, sein Stanglpass fand aber keinen Abnehmer. Wenig später wurde der Wolfsburger selbst von Özil bedient, der Schuss streicht aber am Tor vorbei (39.).
Neuer mit Glanzparade, Gomez trifft
Während die DFB-Elf weiter auf das 2:0 drückte, wäre die Fahrlässigkeit bei der Chancenauswertung aber wie aus dem Nichts von den Slowaken bestraft worden. Plötzlich tauchte Peter Pekarik auf der rechten Seite auf und flankte genau auf den Kopf von Juraj Kucka. Mit einer Glanzparade fischte Neuer den Ball aber noch aus dem Kreuzeck und verhinderte so einen „Lucky Punch“ der Kozak-Truppe (41.). Trotz Unterbeschäftigung war der Bayern-Goalie im entscheidenden Moment da.
Traumparade von Neuer (41.)
Juraj Kucka scheitert mit einem herrlichen Kopfball ins Kreuzeck an Welttorhüter Manuel Neuer.
Dass die Deutschen aber noch vor dem Seitenwechsel für die Vorentscheidung sorgten, war einem erneuten Energieanfall des bärenstarken Draxler zu verdanken. Der 22-Jährige tanzte sich auf der rechten Seite in den Strafraum und legte von der Grundlinie aus genau in den Lauf von Gomez, der nur noch den Fuß hinhalten musste und aus kurzer Distanz zum 2:0 vollendete (43.). Der Besiktas-Legionär erzielte damit sein insgesamt bereits fünftes EM-Tor und zog mit Rekordhalter Jürgen Klinsmann gleich.
Deutschland schaltet Gang zurück
Nach der Pause ließen es die Deutschen offensichtlich auch mit Blick auf das anstehende Viertelfinale zunächst etwas ruhiger angehen, die erste Chance gehörte der Slowakei. Nach einer Ballstafette an der Strafraumgrenze hatte Kucka Platz und probierte aus der Distanz. Der Ball landete aber genau in den Händen von Neuer (49.). Ein Freistoß von Hamsik wurde wiederum von der deutschen Mauer ins Tor-Aus abgefälscht. Schiedsrichter Marciniak entschied aber für Abstoß (54.).
Draxler volley zum 3:0 (63.)
Julian Draxler erhöht mit einem technisch feinen Volleyschuss vom Fünfer auf 3:0. Der Ball wird nach einem Eckball von Hummels per Kopf zum frei stehenden Draxler verlängert.
Während das Spiel nun etwas dahinplätscherte, sorgte der beste Mann auf dem Platz noch für den finalen Glanzpunkt. Nach einem Kroos-Corner verlängerte Mats Hummels auf Draxler, der am Fünfer lauerte und den Ball aus der Drehung unter die Latte zum 3:0 versenkte (63.). Mit der beruhigenden Führung im Rücken reagierte Löw nun auch personell und gönnte sowohl Boateng als auch Draxler eine Verschnaufpause. Für die beiden Torschützen kamen eine Viertelstunde vor Schluss Benedikt Höwedes bzw. Lukas Podolski zum Einsatz. Auch Schweinsteiger erhielt noch ein paar Einsatzminuten und ersetzte Khedira.
Wolfgang Rieder, ORF.at
Fußball-EM, Achtelfinale
Sonntag:
Deutschland - Slowakei 3:0 (2:0)
Lille, Stade Pierre Mauroy, 44.300 Zuschauer, SR Marciniak (POL)
Torfolge:
1:0 Boateng (8.)
2:0 Gomez (43.)
3:0 Draxler (63.)
Deutschland: Neuer - Kimmich, Hummels, Boateng (72./Höwedes), Hector - Khedira (76./Schweinsteiger), Kroos - Müller, Özil, Draxler (72./Podolski) - Gomez
Slowakei: Kozacik - Pekarik, Skrtel, Durica, Gyömber (84./Salata) - Kucka, Hrosovsky, Skriniar, Hamsik, Weiss (46./Gregus) - Duris (64./Sestak)
Anmerkung: Özil scheitert mit Elfmeter an Kozacik (13.).
Gelbe Karten: Kimmich, Hummels bzw. Skrtel, Kucka
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