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Ronaldo stellt Torrekord ein

Portugal hat sich dank eines Doppelschlags in der zweiten Hälfte das erste Finalticket bei der EM in Frankreich gesichert. Die Auswahl von Coach Fernando Santos setzte sich am Mittwoch in einer lange von Vorsicht geprägten Partie gegen Wales mit 2:0 (0:0) durch. Cristiano Ronaldo brachte die „Selecao“ in Führung (50.), drei Minuten später fälschte Nani einen Schuss des 31-Jährigen zur Entscheidung ab.

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Die Portugiesen stehen damit zum zweiten Mal nach 2004 wieder in einem EM-Endspiel. Damals musste sich der Gastgeber bei der Heim-EM im Endspiel Griechenland mit 0:1 geschlagen geben. Im Finale am Sonntag bekommen es Ronaldo und Co. nun mit dem Sieger des zweiten Semifinales am Donnerstag (21.00 Uhr, live in ORF eins und im Euro-Liveticker mit Livestream) zwischen Weltmeister Deutschland und Frankreich zu tun.

1:0 durch Kopfballtor von Ronaldo (50.)

Nach einem kurz abgespielten Eckball und einer Flanke von Raphael Guerreiro springt Cristiano Ronaldo am höchsten und erzielt per Kopf das 1:0 für Portugal.

Die „Selecao“ beendet mit dem Sieg gegen die Waliser zudem eine unrühmliche Serie. Die letzten sechs EM-Partien endeten nach 90 Minuten allesamt unentschieden - fünf in diesem Turnier sowie ein torloses 0:0 gegen Spanien im Halbfinale der EM 2012, als man im Elfmeterschießen scheiterte. Den letzten Sieg in der regulären Spielzeit hatte die „Selecao“ zuletzt vor über vier Jahren mit dem 1:0-Sieg im Viertelfinale gegen Tschechien gefeiert. Damals traf Ronaldo in der 79. Minute ebenfalls per Kopf.

Pepe nicht rechtzeitig fit

Portugals Teamchef Santos musste wie befürchtet auf Pepe wegen Oberschenkelproblemen verzichten. An seiner Stelle lief Bruno Alves neben Jose Fonte in der Innenverteidigung auf. Der 34-Jährige von Fenerbahce Istanbul kam damit zu seinem Debüt in Frankreich. Für den gelbgesperrten William Carvalho sprang wie erwartet Danilo ein. Von Beginn an wieder dabei war auch Jungstar Renato Sanches, der das Spiel hinter Nani und Ronaldo als hängende Spitze antreiben sollte.

Bei den Walisern sollte Andy King von Englands Meister Leicester den gesperrten Regisseur Aaron Ramsey im Mittelfeld ersetzen. Ramsey war bislang neben Bale bester Akteur beim EM-Debütanten und hatte mit einem Tor und vier Assists großen Anteil am Erfolgslauf der „Drachen“ in Frankreich. Zudem rückte James Collins für den ebenfalls gesperrten Ben Davies in die Fünferabwehrkette. Den Doppelsturm bildeten wie schon beim 3:1-Sieg im Viertelfinale gegen Geheimfavorit Belgien Hal Robson-Kanu und Bale.

Wales sucht zunächst Ordnung

Frei nach dem Motto „Don’t take me home“ - der mittlerweile inoffiziellen Hymne der Waliser - konzentrierte sich die Auswahl rund um Kapitän Ashley Williams zunächst einmal auf ihre Defensive. Nach vorne ging kaum etwas, auch weil der vermeintliche Außenseiter in der Anfangsphase ungewohnt nervös und fehleranfällig agierte. Für den ersten Aufreger sorgte dann Ronaldo, der nach einer Flanke von Cedric Soares tatkräftig am Kopfball gehindert wurde. Ein durchaus vertretbarer Elfmeterpfiff des schwedischen Schiedsrichters Jonas Eriksson blieb aber aus (10.).

Ronaldo beim Kopfball gehalten (10.)

Ronaldo wird nach einer Maßflanke bei einem Kopfballversuch von Wales-Verteidiger James Collins gehalten. Schiedsrichter Jonas Eriksson lässt aber weiterspielen.

Die Portugiesen bestimmten zu Beginn, begünstigt durch viele Abspielfehler der Waliser im Aufbau, das Geschehen. Bis auf einen Schussversuch von Joao Mario schaute aber nichts heraus (16.). Ohne ihren nominellen Spielmacher Ramsey kamen die Waliser indes nur spärlich und mühsam in die gegnerische Hälfte. Dann schaltete Bale aber einen Gang höher und spielte gleich drei Chancen heraus. Einen Eckball übernahm er an der Strafraumgrenze volley (20.), einen Stanglpass von ihm verpasste King nur knapp (22.), ein Weitschuss landete in den Armen von Rui Patricio (23.).

Chancen bleiben Mangelware

Beide Mannschaften waren nun aber gewarnt und hüteten sich, ihre Abwehrreihen zu entblößen. Sowohl die Portugiesen als auch die Waliser schoben sich den Ball im Mittelfeld hin und her, und das Geschehen spielte sich zwangsweise zum größten Teil am Mittelkreis ab. Da auch die beiden Real-Teamkollegen Ronaldo und Bale bei ihren jeweiligen Gegenspielern gut aufgehoben waren, fehlten in der Partie die zündenden Ideen.

Cristiano Ronaldo und Gareth Bale

APA/AP/Michael Sohn

Das Superstarduell mit Bale ging schlussendlich eindeutig an Ronaldo

Kurz vor der Pause trat dann aber doch noch einmal Ronaldo vor den Vorhang. Nach einer Flanke stieg der Real-Star hoch, Abwehrriegel James Chester konnte aber entscheidend stören, und der Kopfball verfehlte klar sein Ziel (44.). So blieb es nach von Vorsicht geprägten und daraus folgend ereignis- und chancenarmen ersten 45 Minuten zum Leidwesen der 58.000 Zuschauer im Stade de Lyon bei einer enttäuschenden Nullnummer.

Doppelschlag nach Wiederanpfiff

Beide Teamchefs verzichteten nach der Pause zunächst auf frische Kräfte und schickten ihre jeweilige Startelf zurück aufs Feld. Und Portugal erwischte einen echten Traumstart. Fünf Minuten waren wieder gespielt, und Ronaldo brach den Bann. Zunächst pirschte sich „CR7“ nach einem kurz abgespielten Eckball aus dem Rückraum heran, übersprang alle und versenkte das Leder mit dem Kopf wuchtig zum 1:0 in den Maschen (50.).

Für Ronaldo war es der dritte Treffer bei der laufenden Endrunde und das insgesamt bereits neunte EM-Tor seiner Karriere. Damit stellte er den Rekord von Michel Platini ein, dem das Kunststück 1984 in fünf Spielen gelang. Ronaldo verteilte seine neun Treffer auf vier Turniere und 20 Spiele. Das Superstarduell mit Bale ging somit klar an den Portugiesen, zumal Ronaldo auch seine Beine beim zweiten Treffer im Spiel hatte. Drei Minuten nach dem 1:0 fälschte nämlich Nani einen Schuss Ronaldos unhaltbar zum 2:0 ins Tor ab. Die Tür zum Finale stand nun ganz weit offen.

Nani erzielt das 2:0 (53.)

Nach seinem Kopfballtreffer sorgt Cristiano Ronaldo für den Assist zum 2:0. Nani rutscht in einen Schuss des Real-Stars und drückt den Ball unhaltbar für Tormann Wayne Hennessey über die Linie.

Der walisische Teamchef Chris Coleman musste nun reagieren und schickte mit Sam Vokes den Torschützen zum 3:1 gegen Belgien aufs Feld. Für die Höhepunkte sorgten aber weiter die Portugiesen, die nun auch mehr Raum für ihre schnellen Gegenstöße hatten. Ein Freistoß von Ronaldo strich nur knapp über die Latte (63.). Nach einem abgefälschten Nani-Schuss ließ Wayne Hennessey im Tor der Waliser den Ball abklatschen, den Abpraller konnte allerdings Mario nicht verwerten (66.). Ein Ronaldo-Eckball fiel zu zentral aus (71.).

Dann patzte Bale und überließ Danilo den Ball an der Strafraumgrenze. Der 24-Jährige zog ab, und Goalie Hennessey hatte Mühe, den Schuss zu bändigen, und konnte den Ball, der schon Richtung Torlinie unterwegs war, gerade noch stoppen (78.). Wales probierte es nun mit der Brechstange und mit Distanzschüssen. Ein Gewaltschuss von Bale, den Rui Patricio entschärfte, zählte aber noch zu den größten Chancen auf den Anschlusstreffer (80.). Schlussendlich blieb es beim verdienten Sieg der Portugiesen.

Wolfgang Rieder, ORF.at

Fußball-EM, Halbfinale

Mittwoch:

Portugal – Wales 2:0 (0:0)

Stade de Lyon, 55.679 Zuschauer, SR Eriksson (SWE)

Tore:
1:0 Ronaldo (50.)
2:0 Nani (53.)

Portugal: Rui Patricio - Cedric, Bruno Alves, Fonte, Raphael Guerreiro - Renato Sanches (74./Andre Gomes), Danilo, Adrien Silva (79./Moutinho), Joao Mario - Nani (86./Quaresma), Ronaldo

Wales: Hennessey - Gunter, Collins (66./J. Williams), A. Williams, Chester, Taylor - Allen, Ledley (58./Vokes), King - Robson-Kanu (63./Church), Bale

Gelbe Karten: B. Alves, Ronaldo bzw. Allen, Chester, Bale

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