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„Druck auf die Sportler ist enorm hoch“

Die beiden erfolgreichsten Sportler der österreichischen Schwimmgeschichte sind bei den Sommerspielen in Rio in für sie ungewohnten olympischen Rollen im Einsatz. Während Mirna Jukic im Athletendorf für die Betreuung der Aktiven zuständig ist, ist Markus Rogan vom Brasilianischen Olympischen Komitee (BOC) als Sportpsychologe angestellt. Der 34-Jährige soll den Lokalmatadoren den Druck nehmen.

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Rogan ist speziell für das 30-köpfige Schwimmteam zuständig, und das in seiner Rolle alleinverantwortlich. „Das ist zuerst einmal eine Riesenehre, aber auch eine Riesenaufgabe“, sagte der Wiener der APA. Der Kontakt zum brasilianischen Schwimmverband und letztlich zum BOC kam in Los Angeles zustande.

Der dortigen stark besetzten Schwimmtrainingsgruppe gehörte der Ex-Weltmeister auch einst an. „Viele der brasilianischen Sportler trainieren in Los Angeles“, erklärte Rogan. „Ich bin für sie jetzt bereits zwei Jahre lang tätig. Ich war auch bei den Trials dabei, und jetzt bin ich für die Spiele da.“

„Es geht um klassisches Mentaltraining“

Die Aufgaben des Ex-Welt- und -Europarekordlers sind klar umrissen. „Es geht um klassisches Mentaltraining, Konzentration, Fokus, das Umgehen mit der Angst, Visualisierung“, konkretisierte Rogan den Tätigkeitsbereich. Dabei ist es für niemand aus Brasiliens Aufgebot Pflicht, sich an Österreichs „Sportler des Jahres“ 2004 zu wenden. Einige haben ihre eigene psychologische Betreuung, andere legen auf diese Art der Wettkampfvorbereitung weniger Wert.

Maria Lenk Aquatic Center

Reuters/Sergio Moraes

Der neue Arbeitsplatz von Markus Rogan

Unbestritten aber ist, dass bei den Spielen in Rio auf allen Aktiven des Gastgeberlandes ein sehr hoher Druck lastet. Auch deswegen ist Rogan ebenfalls für Anfragen über das Schwimmlager hinaus zuständig, also aus dem Kreis von insgesamt rund 480 Athleten. „Ich bin da, wenn jemand etwas braucht. Zum Beispiel gibt es Termine der gemeinsamen Meditation. Der Druck auf die Sportler ist enorm hoch. Man merkt, dass alle sehr nervös sind.“

„Sie fühlen sich verpflichtet“

Spätestens seit der Heim-WM im Fußball mit dem 1:7-Debakel im Semifinale gegen Deutschland stehen Brasiliens Olympiastarter unter dem Druck, bei den Spielen Erfolg bringen zu müssen. „Sie fühlen sich verpflichtet, für Brasilien zu gewinnen. Aber das stimmt so nicht“, ließ Rogan in seine psychologische Arbeit blicken. „In Wahrheit geht es darum, welchen Druck mache ich mir selber. Man muss da auch zwischen externem und internem Druck unterscheiden.“

Wie der empfunden wird, hänge laut Rogan auch von den kulturellen Aspekten eines Landes ab. Im Endeffekt müsse den Athleten aber vor Augen geführt werden, dass sie sich den Druck nur selbst machen. „Diese Wahrnehmung oder Selbstwahrnehmung ist der schwierige Teil. Ich kann versuchen, eine Wahrnehmung zu schaffen. In meiner Arbeit geht es um eine Art Meditation, Stressreduktion.“ Der Erfolg seiner Arbeit könne aber nicht in Medaillen gemessen werden.

Erstmals nicht als Athlet bei Olympia

Bei den Spielen wird sich Rogan untertags viel im Athletendorf aufhalten, um für die Aktiven greifbar zu sein. „Ich werde hauptsächlich dort sein, wo ich gebraucht werde“, sagte der zweifache „Silberne“ von Athen 2004.

Rogan ist zum fünften Mal bei Olympia dabei, erstmals nicht als Athlet. „Das ist aufregend“, sagte der ehemalige Sportstar. „Was ich von damals nicht vermisse, ist die permanente Müdigkeit.“ Nun bringe ihm die Einstellung mancher Sportler auch selbst weiter, bringe ihm neue Erkenntnisse. „In Wahrheit bin ich Psychologe geworden, weil ich irrsinnig neugierig bin. Zu sehen, wie andere Sportler sich darauf vorbereiten. Das ist so spannend.“

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