Kollektivstrafe gegen Behindertensportler
Die russischen Sportler mit Behinderung dürfen nicht an den Paralympics in Rio de Janeiro teilnehmen. Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne bestätigte am 23. August den vom Internationalen Paralympischen Komitee (IPC) beschlossenen Komplettausschluss der russischen Athleten in der Affäre um mutmaßliches Staatsdoping.
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Der CAS begründete seine Entscheidung damit, dass das IPC nicht gegen seine Regeln verstoßen habe. Zudem sei die Entscheidung angesichts der Umstände verhältnismäßig, hieß es in einer Mitteilung. Das Russische Paralympische Komitee (RPC) habe keine Beweise vorlegen können, die die Faktenlage verändere.
Im Gegensatz zum Internationalen Olympischen Komitee (IOC) hatte das IPC am 7. August das RPC wegen Verwicklungen in das staatlich gelenkte Dopingsystem suspendiert. Damit hatten automatisch alle russischen Sportler ein Startverbot bei paralympischen Wettkämpfen erhalten. Das RPC legte gegen die Aussetzung seiner IPC-Mitgliedschaft Einspruch ein, scheiterte aber.
„Ungesetzlich und politisch motiviert“
Russlands Sportminister Witali Mutko bezeichnete den Ausschluss als „ungesetzlich und politisch motiviert“. Das meldete die russische Nachrichtenagentur TASS. Zur Anhörung vor dem CAS am Vortag waren unter anderen RPC-Präsident Wladimir Ljukin und dessen Vize Pawel Roschkow nach Rio gereist.

Reuters/Sergei Karpukhin
Russlands Sportminister Witali Mutko wetterte gegen die CAS-Entscheidung
Der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedew bezeichnete das CAS-Urteil als „zynisch“. „Das ist ein Schlag für alle Behinderten, nicht nur gegen die russischen“, sagte er am Dienstag in Moskau. Im Dopingskandal warf Medwedew den internationalen Sportorganisationen Doppelmoral vor. Das Vorgehen gegen den russischen Sport bezeichnete er auf Facebook als „widerlichen Cocktail, bestehend aus 80 Prozent Politik und 20 Prozent Doping“.
Die Vorwürfe systematischen Staatsdopings wies Medwedew als „absurd“ zurück. „Die Verwendung von Doping ist eine Entscheidung von Sportlern, Ärzten und Trainern.“ Der Staat und seine Vertreter hätten damit nichts zu tun. Russland sieht hinter den Vorwürfen eine politisch motivierte Kampagne des Westens.
„Kein Platz für Doping bei Paralympics“
Das IPC zeigte sich naturgemäß zufrieden mit der Entscheidung. Damit bestätigte das CAS die Auffassung des Gremiums. „Die Entscheidung unterstreicht unseren Glauben daran, dass Doping absolut keinen Platz bei den Paralympischen Spielen hat“, sagte IPC-Präsident Philip Craven. Trotzdem sei es kein Tag zum Feiern, man fühle mit den russischen Athleten mit, die nun nicht an den Spielen in Rio teilnehmen könnten.
„Wir hoffen, dass die Entscheidung ein Katalysator für den Wandel in Russland sein wird und dass wir das RPC wieder als Mitglied begrüßen können“, meinte Craven. Nach den Rio-Spielen will das IPC mit der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zusammenarbeiten und Wiederaufnahmekriterien für Russland aufstellen.
WADA-Bericht als Entscheidungsgrundlage
Das IPC hatte für seine Kollektivstrafe weitere Informationen des kanadischen Juristen Richard McLaren, der die WADA-Untersuchung zum vermeintlichen Staatsdoping leitete, als Grundlage genommen. Das IPC hatte von McLaren die Namen von 35 Sportlern erhalten, die in Verbindung mit verschwundenen positiven Dopingproben aus dem Moskauer Kontrolllabor stehen sollen. Zudem schickte der Dachverband 19 Dopingproben von den Winter-Paralympics 2014 in Sotschi zur Nachkontrolle. Sie stehen im Verdacht, ausgetauscht worden zu sein.
Das IOC hatte Ende Juli auf einen Komplettausschluss Russlands von den Olympischen Spielen 2016 verzichtet. Dadurch konnten immerhin 274 von 389 russischen Athleten in Rio starten.
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