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Weltrekord hielt knapp 23 Jahre

Mit einem Superflug in die Sandgrube hat Bob Beamon bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko seine Rivalen schockiert und die Leichtathletikwelt verblüfft. Die 8,90 m des US-Weitspringers wurden damals als „Jahrhundertweltrekord“ gefeiert. Tatsächlich hielt er knapp 23 Jahre, bis zum 30. August 1991, als Mike Powell mit 8,95 m in Tokio WM-Gold holte. Am Montag feierte Beamon seinen 70. Geburtstag.

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„8.90“ - nur drei Ziffern und einen Punkt muss der berühmteste Weitspringer der Welt aufs Papier kritzeln, um die Autogrammjäger wunschlos glücklich zu machen. Bob Beamon schreibt er gar nicht mehr darunter. Diesen Mann kennt ja jeder - und seine Geschichte auch.

8,90 m noch immer olympischer Rekord

Mexiko-Stadt, 18. Oktober 1968, 15.40 Uhr Ortszeit: 19 Schritte Anlauf in sechs Sekunden, der Fuß traf den Balken haargenau. Wie vom Katapult beschleunigt schnellte der Athlet durch die Luft. Er ruderte mit Armen und Beinen und landete ganz am Ende der Sandgrube bei 8,90 Metern. Mit seinem unglaublichen Weltrekord stieß Beamon die Tür zum neuen Jahrtausend weit auf. Bis heute wird er verehrt. 1983 wurde Beamon in die olympische Ruhmeshalle der USA aufgenommen.

Bob Beamon

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Beamons unglaublicher Sprung auf 8,90 m machte ihn zur Legende

Dass der Jubilar noch gut drauf und immer für einen Gag gut ist, bewies Beamon kürzlich in einem launigen TV-Spot. Vor Olympia in Rio hatte er jenem Weitenjäger, der seinen „ewigen“ Rekord knackt, ein Bier versprochen. Das muss der Oldie nun allein trinken. Denn Sieger Jeff Henderson (USA) fehlten 52 Zentimeter zum olympischen Weitsprungrekord. Der steht nun mindestens 52 Jahre - bis zu den Sommerspielen 2020 in Tokio.

„Wir waren damals Pioniere“

„Wenn ich daran zurückdenke, bewegt mich das immer noch sehr“, sagte Beamon unlängst in einem Radiointerview. „Wir waren damals Pioniere“, seine Nachfolger hätten heute viel größere Möglichkeiten. „Viele suchen nur den kürzesten Weg zum Erfolg. Den gibt es aber nicht, es ist harte Arbeit“, so der 1,91 m große Ex-Weltrekordler. Und: „Nichts ist wichtiger als deine Gesundheit, da hilft dir auch alles Geld der Welt nicht.“

Bob Beamon

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Beamon kann sich noch an jedes Detail seines Sprungs erinnern

US-Astronaut Neil Armstrong setzte am 21. Juli 1969 seinen Fuß als erster Mensch auf den Mond - ein kleiner Schritt für ihn, ein großer für die Menschheit. Das galt auch für Beamon neun Monate früher. Dem Leichtathleten reichte eine Sternstunde in 2.248 Meter Höhenluft dafür. Fast hätte man sagen können: Er kam „auf einen Sprung“ vorbei. Denn die 8,90 schaffte er gleich im ersten Versuch, legte dann 8,04 m nach - und ließ die letzten vier Versuche aus.

Sprung noch detailliert im Gedächtnis

Die Erinnerungen an den größten Tag seines Lebens werden Beamon für immer begleiten. Als ob es gestern wäre, kann er die entscheidenden Sekunden ins Gedächtnis abrufen: „Die Bedingungen waren ideal. Geschwindigkeit, Absprung, alles stimmte. Ich glaube, ich hatte ein Tempo von umgerechnet 10,0 Sekunden für die 100 Meter drauf.“

Olympiagold hatte Beamon damit gleich nach seinem Auftaktsprung sicher, aber die verblüfften Kampfrichter maßen noch mit einem Stahlband nach, denn die automatische Anlage war nur für Weiten bis 8,60 m eingerichtet. „Verglichen mit seinem Sprung waren wir wie Kinder“, sagte sein geschlagener sowjetischer Rivale Igor Ter-Owanesjan.

Weltrekord pulverisiert

Staunend wie die ganze Welt musste er mitansehen, wie der 22-jährige „Bobby“ aus New York den Weltrekord von Ralph Boston förmlich pulverisierte. Gleich 55 Zentimeter segelte Beamon weiter, Ter-Owanesjan wurde am Ende mit 8,12 m nur Vierter hinter DDR-Springer Klaus Beer (8,19) und dem entthronten Weltrekordler Boston (USA/8,16).

Die Zweifel an der außerirdischen Leistung blieben, doch der Rekord hielt allen Stürmen stand - bis zum 30. August 1991. In einem denkwürdigen WM-Finale holte sich Powell mit 8,95 m Gold, sein US-Landsmann Carl Lewis lieferte ihm bis zum letzten Sprung einen Kampf auf Biegen und Brechen. Für 8,91 m - mit zu viel Rückenwind - bekam „Carl der Große“ nur Silber.

Gelegenheitsjobs und Soziologiestudium

Nach seinem Olympiasieg tingelte Beamon noch ein wenig im Hallen-Zirkus herum, kam aber nie auch nur annähernd an seinen legendären Sprung heran. Mit Gelegenheitsjobs als Trainerassistent und Sozialarbeiter hielt sich der gelernte Schneider über Wasser. 1972 schloss er sein Soziologiestudium an der Adelphi University ab, im selben Jahr scheiterte ein Comebackversuch.

Bob Beamon

AP/Alex Brandon

2015 erhielt Beamon den ANOC-Preis für herausragende Leistungen

Erst vor einem Jahr erhielt Beamon von der Vereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC) eine Auszeichnung für herausragende Leistungen. Die 1979 gegründete ANOC ist ein Zusammenschluss aller vom Internationalen Olympischen Komitee anerkannten Nationalen Olympischen Komitees mit Sitz in Lausanne.

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