ÖFB hofft auf Ballo und Daniliuc
David Alaba, Marko Arnautovic, Zlatko Junuzovic und Aleksandar Dragovic sind heute Stützen des Nationalteams. Dass sie für Österreich auflaufen, ist nicht selbstverständlich, wären ihnen aufgrund ihres Migrationshintergrunds doch auch andere Optionen offengestanden. Es ist ein harter Kampf der verschiedenen Länder um die größten Nachwuchshoffnungen.
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Österreich musste schon einige Rückschläge einstecken, wie die Abgänge von Sinan Bytyqi (Manchester City bzw. Kosovo), Mateo Kovacic (Real Madrid bzw. Kroatien) und Moritz Leitner (Lazio Rom bzw. Deutschland) beweisen.
Im Ringen um zwei weitere Toptalente dürfte der Österreichische Fußballbund (ÖFB) derzeit aber die besseren Karten haben. Der 14-jährige Thierno Ballo, der angeblich schon einen Vorvertrag mit Chelsea hat, und der 15-jährige Bayern-Nachwuchsspieler Flavius Daniliuc dürften - wenn alles gutgeht - für Österreich spielen.
Auch DFB ist interessiert
Thierno Mamadou Lamarana Ballo kam 2002 in Conakry in Guinea zur Welt. Seine Mutter stammt aus Guinea, sein Vater von der Elfenbeinküste, lebt aber in Linz. Ballo besitzt die deutsche und die österreichische Staatsbürgerschaft und wurde nach seinem Wechsel von der LASK-Jugend zu Bayer Leverkusen sogar ins DFB-U15-Team einberufen. Der ÖFB reagierte prompt, Sportchef Willi Ruttensteiner half der Familie mit der Staatsbürgerschaft, und seit Mai dieses Jahres absolvierte die Nachwuchshoffnung ihre ersten Spiele für die ÖFB-Nachwuchsteams.

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Ballo macht ihm ÖFB-Teamdress gute Figur
Beim 2:2 im U17-Freundschaftsspiel Ende August gegen Kroatien traf der 14-Jährige, der derzeit bei der U17 des FC Viktoria Köln 1904 kickt, auch schon für Österreich. „Der Bub hat mir versichert, dass er gerne für Österreich spielt“, sagte ÖFB-Sportchef Ruttensteiner, der sich um den Nachwuchs bemüht. „Jetzt geht es darum, dass sich die Familie in Österreich wohlfühlt und glücklich lebt“, sagte er.
Identifikation als Schlüssel
Die Niederlassungsfreiheit in der EU, zahlreiche Doppelstaatsbürgerschaften und verstärkte Migrationsbewegungen sorgen weltweit für einen noch nie dagewesen Wettbewerb zwischen den Nationalmannschaften um die größten Nachwuchshoffnungen. Allein bei der letzten EM in Frankreich stammten von den insgesamt 552 Spielern 87 ursprünglich nicht aus dem Land, für das sie letztlich aufliefen. 127 Spieler hatten eine Doppelstaatsbürgerschaft. Während sich die Clubs mit Gehältern und Ablösen, die eher nicht dem Taschengeld eines durchschnittlichen Teenagers entsprechen, sondern sich in Millionenhöhe bewegen, die Dienste der besten Talente sichern, besteht diese Möglichkeit für die nationalen Verbände nicht.
Faustregel Spielberechtigung für ein Nationalteam
Bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres kann sich ein Spieler für einen Verband entscheiden, wenn er dessen Staatsbürgerschaft besitzt. Die FIFA prüft jeden Fall einzeln.
Für Ruttensteiner ist die Identifikation eines Spielers mit Österreich ebenso wichtig wie eine professionelle Nachwuchsarbeit des Verbands, um Talente mit ausländischen Wurzeln beim ÖFB zu halten. „Eine gute Betreuung und eine gute Atmosphäre bringen mehr als immer nur aufzupassen, dass jemand den ÖFB nicht verlässt. Man muss die Spieler überzeugen, dass sie ein tolles Umfeld haben und es eine Ehre ist, für Österreich zu spielen“, betonte Ruttensteiner. Nicht zuletzt sind die Chancen auf die Einberufung ins Team in Österreich natürlich höher als etwa in Deutschland. Manchen wie etwa dem Deutsch-Österreicher Leitner ist es dennoch egal.
Alaba hilft Daniliuc
Eine andere Zukunftshoffnung soll hingegen beim ÖFB bleiben. Der 15-jährige Flavius Daniliuc wurde in Wien geboren, hat aber rumänische Wurzeln: Sein Vater war aus Rumänien nach Österreich geflüchtet. Daniliuc begann bei der Jugend von Admira und Rapid und wechselte von dort als knapp 10-Jähriger zu Real Madrid. Die Topadresse erwies sich für den quirligen Mittelfeldspieler aber als Alptraum, als mit Abstand jüngster Internatsbewohner wurde er in Spanien von einem älteren Burschen verprügelt.

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Auch um Daniliuc (Mitte mit Nummer 7) herrscht ein regelrechtes „Griss“
Über David Alaba kam es zum Kontakt und einem Probetraining bei Bayern München, das von Daniliuc überzeugt war. Das Talent wechselte nach Deutschland und wurde zeitweilig von Ex-ÖFB-Flügelflitzer Harald Cerny trainiert. Mittlerweile ist der 15-Jährige bei Bayerns U16 engagiert, er hat einen Vertrag bis 2018. Für Österreich spielt er unter Teamchef Rupert Marko im U16-Nationalteam, bei dem er fixer Bestandteil ist. Seine Leistungen blieben nicht unbeachtet, vonseiten des DFB werden Werbungsversuche kolportiert. „Uns interessieren aktuell aber nur Österreich und Bayern München“, sagte Vater Michael Daniliuc der „Kronen Zeitung“.
Erfolgreiche ÖFB-Stammspieler
Wie wichtig es ist, dass sich ein Verband um seine Talente bemüht, zeigt der Schnitt von einem Drittel ÖFB-EM-Spielern mit Migrationshintergrund. Um drei konkrete Beispiele herauszugreifen: Arnautovic und Dragovic wären etwa auch für den letzten WM-Qualigegner Serbien spielberechtigt gewesen. „Wahrscheinlich hat es bei ihnen Kontakte zum serbischen Verband gegeben, aber für sie war immer klar, für Österreich zu spielen“, sagte ÖFB-Sportdirektor Ruttensteiner.
Ähnlich sei es bei Alaba gewesen, der einen nigerianischen Vater und eine philippinische Mutter hat. „Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass er einmal für ein anderes Land spielen könnte“, so Ruttensteiner. Allerdings: „Als er zum ersten Mal für das A-Team aufgelaufen ist und dadurch deklarierter Nationalspieler geworden ist, war eine gewisse Erleichterung da.“
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