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„Mit neuem Elan anfangen“

Für das heuer nicht besonders erfolgsverwöhnte ÖFB-Team hat es am Dienstag den fast zu erwartenden Jahresabschluss gegeben. Mit dem 0:0 gegen die Slowakei setzte die Auswahl von Marcel Koller einen praktisch sinnbildlichen Schlusspunkt hinter ein verpatztes Länderspieljahr. Dass es beim Kehraus im düsteren Prater-Oval nicht zu mehr reichte, lag allerdings auch an der überraschenden Totalrotation.

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Mit nur drei Stammspielern in der Startelf tat sich das neu formierte ÖFB-Team schwer, zusammenhängende Aktionen herauszuspielen. Statt nur einzelne Akteure in das eingespielte System zu integrieren, versuchte es Koller mit einer mehr oder weniger komplett neuen Formation. „Ich wollte auch einmal andere Spieler sehen und nicht nur eine Viertelstunde lang“, erklärte der Teamchef. Dabei hatte Koller vor dem Spiel noch betont, dass er nicht alles auf den Kopf stellen wolle. Gemeint war damit offensichtlich aber nur sein 4-2-3-1-System.

ÖFB-Coach Marcel Koller

ORF.at/Dominique Hammer

Koller überraschte mit seiner Startelf nicht nur Fans und Medien

Für Kapitän Julian Baumgartlinger war die überraschende Startelf dann auch mehr Belohnung der vermeintlichen Ersatzleute denn ein echter Test für den Ernstfall. „Der Trainer wollte, dass jeder noch einmal zum Einsatz kommt und noch einmal dafür belohnt wird, dass er sich reingehaut hat“, unterstrich der Leverkusen-Legionär. „Das Ergebnis war aber für niemanden schön, die Leistung war auch nicht so gut“, so Baumgartlinger, der schon an das nächste Jahr dachte. „Wir müssen mit neuem Elan anfangen und mit neuer Siegermentalität. Wir müssen den Reset schaffen.“

Zwei Ersatzleute nutzen Gunst der Stunde

Während laut Baumgartlinger aufgrund der vielen Umstellungen die Automatismen im Spielaufbau weitestgehend fehlten, durften sich immerhin zwei Akteure trotz der Nullnummer und der nur 14.200 Zuschauer im Ernst-Happel-Stadion als Gewinner fühlen. Mit Altach-Schlussmann Andreas Lukse und Innenverteidiger Michael Madl nutzten immerhin gleich zwei Debütanten die Chance, sich als echte Alternative und damit für weitere Einsätze zu empfehlen. Vor allem Lukse zeigte mit der einen oder anderen Glanzparade auf.

„Als Tormann braucht man immer auch ein Quäntchen Glück, dass man gleich den ersten Ball halten kann, dann ist man voll in der Partie drin“, betone der mittlerweile 29-Jährige, der auch aufgrund einiger Fehltritte abseits des Platzes in seiner Laufbahn viele Rückschläge hatte einstecken müssen. „Ich habe mir auch selbst viele Steine in den Weg gelegt, aber Gott sei Dank habe ich noch die Kurve bekommen“, so Lukse.

Sonderlob für Lukse und Madl

Sonderlob gab es für den Altach-Goalie deshalb auch von Teamchef Koller. „Lukse hat seine gute Form bestätigt. Er war ruhig und hat nichts anbrennen lassen“, betonte der Schweizer, dem auch Madls Vorstellung gefiel. „Er hat das unaufgeregt und gut gemacht“, so Koller. Entsprechend positiv reagierten auch die beiden Debütanten. „Wir sind beide Spätstarter. Dass wir jetzt noch unser Debüt feiern konnten, ist nicht normal. Leider konnten wir es nicht mit einem Sieg krönen“, meinte Madl, der erst nach der Verletzung von Sebastian Prödl ins ÖFB-Aufgebot rutschte.

Andreas Lukse

GEPA/Christian Ort

Lukse nutzte die Gunst der Stunde und empfahl sich für weitere Einsätze

Wie sehr dabei der Zufall Regie führte, war auch dem 28-Jährigen bewusst. „Solche Geschichten schreibt der Fußball. In einem Moment bist du weg, im anderen debütierst du im Happel-Stadion in der Nationalmannschaft“, so Madl, der beim englischen Zweitligisten Fulham in den letzten sieben Meisterschaftsspielen nur einmal auflaufen durfte und bei den jüngsten beiden Partien nicht einmal im Kader stand. „Es ist schon einmal besser gelaufen“, gestand Madl.

Ob die beiden Neulinge ebenso wie Stefan Stangl, der in der zweiten Halbzeit sein Debüt im A-Tem feierte, auch im nächsten Jahr ihre Chance erhalten werden, ist allerdings unklar. Nach dem schlechtesten Länderspieljahr seit 2011 (drei Siege, drei Remis, sechs Niederlagen) benötigt die Koller-Auswahl aber dringend neue Ideen. Vor dem Jahresauftakt in der WM-Qualifikation am 24. März 2017 gegen Moldawien ist das ÖFB-Team schon seit vier Spielen ohne Sieg. Ein Erfolgserlebnis ist deshalb dringend nötig, nicht zuletzt um wieder mehr Zuschauer ins Happel-Oval zu locken.

Wolfgang Rieder, ORF.at

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