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Abseits des ÖSV-Mainstreams

Lisa Theresa Hauser gilt als größte Medaillenhoffnung bei der am Donnerstag beginnenden Biathlon-Heimweltmeisterschaft in Hochfilzen. Für die 23-Jährige wäre schon ein Top-Ten-Platz eine Bestätigung ihres individuellen Weges - schließlich arbeitet die Kitzbühelerin seit dieser Saison abseits der Equipe des Österreichischen Skiverbands (ÖSV) mit einer individuellen Crew.

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Sich aus der Struktur des mächtigen ÖSV zu lösen war der einzige Weg für Hauser. Grund: Ihre Vertrauenstrainerin Sandra Flunger war vom Verband durch den Norweger Vegard Bitnes ersetzt worden. Folglich kapselte sich Hauser mit Flunger ab und rief die „Biathlonschmiede“ ins Leben. Auch Dunja Zdouc und Julia Schwaiger sowie Simon Eder (inklusive Vater Alfred als Betreuer) schlossen sich dem Alleingang an.

Lokalaugenschein in Hochfilzen

Bereits zum dritten Mal wird im kleinen Ort an der Grenze zwischen Tirol und Salzburg die Biathlon-Welmeisterschaft über die Bühne gehen. Und Hochfilzen ist bereit für diese WM.

„Dadurch, dass der Vertrag mit Sandra nicht verlängert worden ist, haben wir uns entschieden, diesen Weg zu gehen. Ich wollte das Risiko, etwas Großartiges zu verändern, nicht eingehen. Wir wollten so weitermachen wie bisher“, erläuterte Hauser ihren drastischen Schritt. „Ich habe immer meinen Schritt nach vorne gemacht, das wollte ich jetzt auch vor der Heim-WM“, so Hauser.

Flunger: „Lisa hat die Konsequenz gezogen“

Für die 34-jährige Flunger, eine Cousine von Simon Eder, war die Trennung vom ÖSV wegen der Verpflichtung von Bitnes als Damen-Cheftrainer ebenfalls logisch. „Das war in der Form nicht mehr machbar für mich. Ich hätte mich nicht mehr wohlgefühlt. Lisa hat auch die Konsequenz gezogen und mich gebeten, mit ihr weiterzumachen“, meinte Flunger.

Betreuerin Sabine Flunger

GEPA/Markus Oberländer

Sandra Flunger genießt das Vertrauen von Lisa Theresa Hauser

Die Organisation und teilweise Finanzierung durch Sponsoren seien anfänglich aber schon schwierig gewesen, gestand sie ein. Während der Saison hatte Flunger einmal Probleme wegen einer fehlenden Akkreditierung. Mittlerweile erhält sie ihre Akkreditierungen von einer Ausrüsterfirma. Insgesamt funktioniere die Zusammenarbeit mit dem ÖSV aber reibungslos, gaben Flunger und Hauser unisono an.

Kooperation mit ÖSV funktioniert

An den Wettkampforten stimme man sich mit Bitnes ab, ansonsten habe Flunger das Sagen. „Ich bin froh, dass es sich beruhigt hat und vor der WM alles passt. Ich kann alles genauso machen, wie ich mir das vorstelle“, betonte Hauser. Die Abkoppelung scheint sich für sie jedenfalls bezahlt zu machen. Sie startete mit neuen Bestleistungen (u. a. die Ränge fünf, sechs und sieben) ausgezeichnet in die Weltcup-Saison. Anfang des Jahres warf sie eine Grippe zwar etwas zurück, zuletzt in Antholz (10., 12.) war sie jedoch schon fast wieder Bestform.

Bei der WM soll es noch ein Stück besser werden. „Ich fühle mich gut. Wenn ich fit und gesund bleibe, mache ich mir keine Sorgen, dass es nicht hinhaut“, sagte sie nach dem WM-Trainingslager der Biathlonschmiede, der auch die Polin Krystyna Guzik angehört, in Obertilliach. Von einer Medaille wolle sie aber nicht sprechen. „Mein Ziel ist, unter die besten zehn hineinzukommen. Die Dichte ist groß, ich brauche einen guten Tag auf der Loipe und muss fehlerfrei bleiben. Diese Kombination am Tag X zusammenzubekommen ist schwierig.“

Eder traut Hauser Großes zu

Für Eder, der zeitweise auch Olympiasiegerin Darja Domratschewa betreut, ist Hausers Entwicklung vielversprechend. „Sie wird bei der WM schon um Topplätze mitkämpfen. Sie ist eine der besten Schützinnen, und das Laufniveau ist besser geworden“, sagte der Ex-ÖSV-Coach. Der frühere WM-Medaillengewinner ist als Trainer am Heeresleistungszentrum Hochfilzen angestellt, auch seine Schützlinge profitieren von den dortigen Möglichkeiten.

Die ÖSV-Biathleten Lisa Hauser und Simon Eder

APA/Barbara Gindl

Neben Hauser gehört auch Simon Eder der Biathlonschmiede an

Eder, dessen Sohn im Vorjahr WM-Bronze geholt hat, will auch noch nach seiner Pensionierung in zwei Jahren weitermachen. „So wie es läuft, können wir nicht so viel falsch machen. Mir taugt es, wenn ich der Gruppe helfen kann.“ Dass man Flunger im ÖSV nicht mehr haben wollte, sei ihm aber nach wie vor „schleierhaft“.

Gandler: „Man kann niemanden zwingen“

Biathlon-Chef Markus Gandler verteidigt die Verpflichtung von Bitnes, der mit seinem Landsmann Trond Nystad im ÖSV das Langlaufen verbessern soll. „Wir wollten eine Veränderung machen, das ist auch von den Damen teilweise angesprochen worden. Jetzt zu sagen, es ist eine Heim-WM, man macht es nicht, war für uns nicht vordergründig“, so Gandler. Die Arbeit der Norweger werde sich aber erst mittelfristig auswirken, gab er zu.

Gandler hat nichts gegen Individualisten. „Wenn es jemand nicht will, kann man ihn nicht zwingen. Ich sehe kein Problem, wenn jemand seinen Weg macht. Schlussendlich geht es ohne ÖSV eh nie, wenn man sieht, was das Service- und Betreuerteam leistet, bist du immer irgendwo im ÖSV.“ Freilich hätte sich Hauser für ihr Projekt auch mehr finanzielle ÖSV-Unterstützung erwartet. „Aber es muss einem auch klar sein, dass man sich das auf höchster Ebene erarbeiten muss, und das entscheiden andere“, spielte Gandler auf Sonderförderungen für ÖSV-Medaillengewinner an.

ÖSV-Chefcoach Reinhard Gösweiner nimmt Hausers Entscheidung gelassen. „Das müssen die Athleten selber wissen, der Verband gibt Strukturen vor, und wir bieten den Rahmen mit Trainern und Kursen an. Wenn es jemand nicht in Anspruch nehmen möchte, weil er glaubt, alleine kann er das besser machen, müssen sie den Weg alleine gehen“, so Gösweiner.

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