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„Wir glauben ihren Tränen nicht“

Ein Manipulationsskandal im spanischen Fußball zieht weite Kreise. Mehrere Spieler des Drittligisten CD Eldense aus der Nähe von Alicante hatten offenbar vorsätzlich eine 0:12-Pleite gegen Barcelona B ausgelöst, mittlerweile wurde das Team vom Spielbetrieb abgemeldet. Am Dienstag wurde laut Polizei der italienische Coach Filippo Vito di Pierro wegen möglicher Korruption festgenommen.

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Die Niederlage hatte am Samstag die Relegation besiegelt, der Verein wird aber nun keine weiteren Spiele bestreiten. Clubpräsident David Aguilar soll wegen Schieberei bei dem Match Anzeige erstattet haben. Zuvor hatte er nicht nur schwere Vorwürfe gegen mehrere Spieler erhoben, sondern vor allem gegen den italienischen Investor des Vereins. Die Zusammenarbeit mit dem Geldgeber sei deshalb beendet worden, teilte der Club mit.

„Wir glauben ihren Tränen nicht“, sagte Aguilar, nachdem die Spieler seines Clubs nach der höchsten Niederlage in der 96-jährigen Clubgeschichte sogar vom Gegner getröstet hatten werden müssen, in einem Interview mit dem Radiosender Cadena SER. „Ich gehe davon aus, dass die Partie geschoben war, ich habe verschiedene Spieler im Verdacht.“ Drahtzieher soll nach Meinung des Clubpräsidenten der italienische Investmentfonds sein, der den Kader in den vergangenen Monaten komplett umgebaut hat.

52 verschiedene Spieler und sieben Trainer

Insgesamt kommt der Club aus der Nähe von Alicante in der laufenden Saison auf 52 verschiedene Spieler, drei Präsidenten und sieben Trainer. Zuletzt wurde Anfang Februar der unbekannte Fran Ruiz Casares als Chefcoach installiert. Der 40-Jährige stieß allerdings laut spanischen Medienberichten jeweils immer erst am Donnerstag zur Mannschaft und war offenbar nur der Handlanger für den nun verhafteten Di Pierro, der keinen Trainerschein besitzt.

Die Zeitung „El Pais“ veröffentlichte am Dienstag weitere Details. Das Blatt berief sich auf Aussagen des Verteidigers Kevin Sanz, der die Mannschaft im Jänner unfreiwillig verlassen musste. Die Investorengruppe habe etwa zehn Spieler verschiedener Nationalitäten entlassen und dafür rund 20 junge Spieler ins Team gebracht, sagte Sanz: „Das waren Kinder“, die nicht einmal das Niveau der untersten Liga gehabt hätten. Diese seien benutzt worden, um Partien zu manipulieren. Im Gegenzug sei ihnen Spielpraxis für eine spätere Profikarriere versprochen worden.

Spieler brechen ihr Schweigen

Auch der beim Debakel am Samstag nicht aufgebotene Cheikh Saad deutete unmittelbar nach dem Abpfiff an, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. „Der Trainer wusste etwas, und die Spieler auch“, sagte der Stürmer aus Mauretanien in einem Interview mit dem katalanischen Radiosender Rac 1. „30 Minuten vor Anpfiff sollte ich noch spielen, kurz vor Spielbeginn flog ich dann aus der Mannschaft.“

Er habe deshalb auch seine Einwechselung verweigert. „Ich wollte nicht. Ich sagte meinen Mitspielern auf der Bank, dass sie es auch nicht tun sollten, wenn sie nicht ihren Namen beschmutzen wollten“, so Saad. Die Polizei hätte Anfang der Woche bereits mit den Verhören der Spieler begonnen, die vom Club bei seiner Anzeige wegen mutmaßlicher Manipulation genannt wurden. „Es sind vier Spieler, und sobald ich kann, werde ich ihre Namen nennen. In der Kabine habe ich mich fast mit ihnen geprügelt“, sagte Saad.

Der nun aufgedeckte Manipulationsskandal scheint aber nur die Spitze des Eisbergs zu sein. Offenbar arbeiten Wettbetrüger schon seit längerer Zeit nach dieser Masche: Ein Investmentfonds kauft einen finanzmaroden Club, tauscht Spieler und Trainer aus und beeinflusst die Spiele nach Belieben. Der italienische Investmentfonds, dem auch Kontakte zur italienischen Mafia nachgesagt werden, soll bereits im vergangenen Jahr beim Drittligisten FC Jumilla ähnlich agiert und seine Geschäfte danach nach Eldense verlegt haben.

Geldgeber kündigen Klagen an

Wer hinter der Gruppe steckt, ist allerdings nicht bekannt. In der Öffentlichkeit wird der Investmentfonds nur von Anwälten vertreten. So auch nach der von Clubpräsident Aguilar angekündigten Einstellung des Spielbetriebs. Die Geldgeber hätten daran trotz der bereits besiegelten Relegation kein Interesse und die Vereinsverwaltung dafür nicht die benötigten Kompetenzen. Man werde sich stattdessen bald zusammensetzen, um die nächsten Schritte für das Saisonfinish zu planen.

Inzwischen ging die italienische Investorengruppe ihrerseits in die Offensive und kündigte Klagen gegen den ehemaligen Präsidenten Alfonso Ortuno und den amtierenden Vereinsboss Aguilar wegen angeblichen Betrugs und unlauterer Praktiken an. Aguilar werde zudem aufgrund seiner Aussagen auf Rufschädigung sowie Verleumdung verklagt.

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