Richtungsweisendes Urteil
Die Tragödie um Synchronschwimmerin Vanessa Sahinovic, die bei den Europaspielen in Baku 2015 von einem Shuttlebus angefahren und schwer verletzt worden war, war ein Arbeitsunfall. Das hat nun das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) entschieden. Der Wiener Anwalt Nikolaus Rosenauer, der Rechtsvertreter der Betroffenen, bestätigte der APA am Mittwoch einen Bericht des „Kurier“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die damals 15-Jährige war am 11. Juni 2015, dem Tag vor der Eröffnung der Spiele, gemeinsam mit zwei Teamkolleginnen im Athletendorf unterwegs, als sie auf einem Gehsteig von einem Bus erfasst wurde. Die Sportlerin erlitt ein Polytrauma mit Mehrfachfrakturen. Sie ist seither vom zwölften Brustwirbel abwärts gelähmt.
Mit dem nunmehrigen Urteil, das bereits rechtskräftig ist, ist klargestellt, dass die inzwischen 17-Jährige aufgrund ihrer Beschäftigung beim Österreichischen Olympischen Comite (ÖOC) zum Unfallzeitpunkt der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung unterlag.
„Eine gewisse soziale Absicherung“
Das hat zur Folge, dass Sahinovic Anspruch auf eine Invaliditätspension und damit „eine gewisse soziale Absicherung hat“, wie ihr Anwalt betonte. Was das in Zahlen bedeutet, sei noch offen, sagte Rosenauer. Die Höhe der Pension hänge von der Einschätzung von medizinischen Sachverständigen und den Ergebnissen ihrer Gutachten ab. Vanessa sei „sehr, sehr tapfer, was die Therapien betrifft“, schilderte ihr Rechtsbeistand. Und weiter: „Sie ergreift jeden Strohhalm, weil sie die Hoffnung hat, irgendwann wieder gehen zu können.“

ORF
Zumindest finanziell ergibt sich nun eine Erleichterung für Sahinovic
Keine Entschädigung aus Aserbaidschan
Keine finanzielle Abgeltung hat die 17-Jährige bisher vonseiten von Aserbaidschan erhalten. Der Busfahrer, der für das Straßenverkehrswesen zuständige Beamte im Verkehrsministerium und zwei weitere Beamte wurden zwar strafrechtlich zur Verantwortung gezogen und mittlerweile verurteilt. Die ursprünglich versprochene Entschädigung von insgesamt 1,8 Millionen Euro für die Unfallfolgen ist allerdings nicht nach Österreich geflossen - mehr dazu in noe.ORF.at.
„Wir tun das, was in unserer Macht steht, um die für die Betroffenen (neben Sahinovic hatten auch ihre beiden Begleiterinnen vergleichsweise geringfügige Verletzungen erlitten, Anm.) unbefriedigende Situation zu lösen“, sagte dazu ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel.
„Dienstverhältnis“ zwischen Sportler und Verband
Weitreichende Folgen dürfte das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht nur für das ÖOC, sondern für sämtliche vergleichbare Sportverbände nach sich ziehen, die Athleten zu nationalen und internationalen Veranstaltungen entsenden. Bisher waren die Sportler in der Regel nur unfallversichert.
Das BVwG geht in seiner Entscheidung aber von Merkmalen eines Dienstverhältnisses zwischen Sportler und entsendendem Verband aus, was eine umfassende Versicherungspflicht nach sich ziehen würde. Ob das bedeutet, dass Teilnehmer an sportlichen Großveranstaltungen zukünftig angestellt und entsprechend abgesichert werden müssen, ist offen. Dass sportpolitischer Handlungsbedarf besteht, ist ÖOC-Generalsekretär Mennel bewusst: „Wir waren nicht Partei des Verfahrens. Aber der gesamte Sport ist gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären.“
Links: