Koller sorgt für Kopfschütteln

Selten hat eine Pressekonferenz von ÖFB-Teamchef Marcel Koller so hohe Wellen geschlagen wie am Dienstag. Bei der Kaderbekanntgabe für das WM-Qualifikationsspiel in Irland am 11. Juni holte der Schweizer zu einem - für seine Verhältnisse - wütenden Rundumschlag aus. Zunächst rüffelte Koller die Spieler allgemein für ihre Einstellung zum Team. Dann attackierte der Teamchef Andreas Ulmer öffentlich und live im ORF-Fernsehen für die Absage wegen seiner für 8. bis 10. Juni geplanten Hochzeit.

In Salzburg bei Meister Red Bull, wo Ulmer als Linksverteidiger im Gegensatz zum Team seit jeher gesetzt ist, sorgten Kollers Vorwürfe - gelinde gesagt - für Verwunderung. Man argumentierte vor allem mit einer seit Längerem akuten Knieverletzung Ulmers, die dem ÖFB gegenüber auch klar kommuniziert worden sei. An der Reaktion von Ulmer selbst war aber auch zu erkennen, dass es zwischen ihm und Koller nie passte.

„Hochzeit schon zwei Mal verschoben“

Aus Ulmers Sicht ist das insofern verständlich, als ihm in den letzten Jahren nicht nur Christian Fuchs und Markus Suttner links hinten stets vorgezogen worden waren. Auch Innenverteidiger Kevin Wimmer durfte sich dort probieren, und Ulmer war stets nur auf Abruf nominiert. „Ich habe meine Hochzeit schon zwei Mal verschieben müssen. Ein Mal aus gesundheitlichen Gründen und letztes Jahr, weil ich bei der EM auf Abruf nominiert war“, erklärte Ulmer daher am Dienstag im „Kurier“ und verwies zudem auf den fehlenden Draht zum Teamchef.

„Kontakt zu Marcel Koller hatte ich zuletzt vor rund zwei Jahren. Diesmal habe ich nur mit Willi Ruttensteiner und Teammanager Mario Margreiter gesprochen. Den beiden habe ich auch gesagt, dass ich nicht fit bin und mich das ganze Frühjahr von Spiel zu Spiel geschleppt habe“, reagierte der 31-Jährige auf Kollers Wutrede. Seit der fixierten Meisterschaft nehme er nicht am Training teil, um für das ÖFB-Cupfinale gegen Rapid am 1. Juni rechtzeitig fit zu werden.

Salzburger verstehen ÖFB-Darstellung nicht

„Das ist natürlich schade und nicht schön. Ich glaube, dass ich mich über die Jahre hinweg immer fair und professionell verhalten habe“, reagiert Ulmer auf die Tatsache, dass Koller über seinen Fitnesszustand bei der Pressekonferenz kein Wort verloren hatte. Auch seitens des Vereins zeigte man sich in Salzburg schwer verwundert. „Wir wissen, dass er mit dem Knie schon länger Probleme hat. Er trainiert einen Tag, dann wieder einen anderen nicht“, beschrieb Coach Oscar Garcia die Verletzungssituation bei Ulmer.

Vonseiten des Clubs wurde auch betont, dass Koller und ÖFB-Sportdirektor Ruttensteiner in einem Gespräch mit Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund über die Verletzung informiert worden seien. „Ich habe in meiner bisherigen Karriere wenige Spieler gehabt, die so professionell sind wie Andi“, sagte Garcia über Ulmer. Der Spanier wollte aber keine Kritik am ÖFB üben. „Das Nationalteam ist nicht meine Sorge. Wenn der Teamchef ein Problem mit ihm hat, dann ist es ein Problem zwischen den beiden. Ich bin froh, dass ich so einen professionellen Spieler habe“, sagte der Katalane.

Drei Länderspiele unter drei Teamchefs

Freund zeigte wenig Verständnis, schließlich habe man den ÖFB über die Knieverletzung informiert. „Das haben wir gestern auch so mit Ruttensteiner und Koller besprochen, darum wundert es jetzt mich schon ein bisschen, dass sie das auf die Hochzeit abtun, dass der Andi nicht dabei ist - das verdient sich der Andi Ulmer nicht“, sagte Freund im ORF-Interview.

Für Ulmer ist das Kapitel Nationalteam nun auf jeden Fall abgehakt - zumindest unter Koller. Ganze drei Länderspiele unter drei Teamchefs waren dem Defensivmann vergönnt: Bei Karel Brückner gab Ulmer sein Debüt gegen Schweden (0:2) im Jahr 2009 in Graz. Beim 2:1 zu Hause in der WM-Quali gegen Litauen unter Didi Constantini kam er ebenfalls zum Einsatz. Und Koller brachte Ulmer schließlich auch nur einmal: Beim 1:2 im Freundschaftsspiel gegen Brasilien 2014 in Wien.

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