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Unglaubliche Dominanz

Rafael Nadal hat in den vergangenen beiden Wochen bei den French Open in Paris nicht nur die Zeit zurückgedreht, sondern sich quasi neu erfunden. Mit kaum zuvor gesehener Dominanz beherrschte er seinen favorisierten Grand Slam und holte die „Decima“, seinen zehnten Einzel-Titel in Roland Garros. Dass der „Sandplatzkönig“ im Turnierverlauf nur 35 Games abgab, zeigt, wie überlegen er war.

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Mit seinem insgesamt dritten Paris-Titelgewinn ohne Satzverlust nach 2008 und 2010 legte Nadal den zweitbesten Major-Lauf in der 1968 begonnenen Open Era hin. Nur der Schwede Björn Borg - 1978, auch in Paris - gab mit damals 32 weniger Games auf dem Weg zum Titel ab. Im Endspiel gingen nur sechs der 23 Games an Gegner Stan Wawrinka. Mit 57 Punkten gewann er nur 62 Prozent von Nadals Ausbeute (94).

Fans mit Transparent für Rafael Nadal bei den French Open

APA/AP/Petr David Josek

Lobeshymnen für Nadal von allen Seiten

Bei keinem anderen Turnier auf der Welt schafft es der 31-Jährige in so beeindruckender Regelmäßigkeit, sein bestes Tennis abzurufen. Die Art und Weise, wie er den Schweizer Stan Wawrinka am Sonntag im Finale in drei Sätzen dominierte, war eine Sternstunde für diesen an speziellen Momenten nicht armen Sport. Es war Sandplatz-Tennis in Perfektion.

Federer zieht den Hut

Auch Nadals langjähriger Dauerrivale Roger Federer, der diese Woche seine Wimbledon-Vorbereitung beim Rasenturnier in Stuttgart aufnimmt, war voll des Lobes: „Er hat wunderbar gespielt. Dass er das so durchziehen konnte, ist natürlich gigantisch“, sagte Federer. Der frühere Tennisprofi Mardy Fish (USA) hatte bereits am Freitag nach Nadals Sieg gegen Dominic Thiem getwittert, wie froh er sei, dass er nie gegen Nadal auf Sand spielen musste.

Tennislegende Billie Jean King („Gratulation. Du bist eine Inspiration auf und abseits des Platzes“) gratulierte ebenso wie Mary Pierce, zweifache Grand-Slam-Siegerin aus Frankreich: „La Decima. Unglaublich“.

„Das war magisch“

„All die Dinge, die mir in diesem Turnier passiert sind - das war magisch“, sagte Nadal nach seinem 53. Titelgewinn auf Sand bzw. seinem 15. Grand-Slam-Triumph, womit er im ewigen Major-Ranking bei den Herren hinter Roger Federer (18) alleiniger Zweiter ist. „Ich hatte einige harte Momente, Verletzungen. Daher ist es großartig, erneut so einen großen Erfolg wie diesen zu haben.“

Den Unterschied im Finale machte auch Wawrinkas Vorhandschwäche aus. Er hatte vor zwei Jahren in Paris gegen Novak Djokovic mit seiner starken Vorhand den Titel geholt, indem er gegen den Serben 60 Winner schlug. Diesmal waren es nur elf. Nadal wiederum war primär bei kurzen Ballwechseln überlegen. Je länger der Ball im Spiel war, desto eher bot Wawrinka Paroli. Nadal präsentierte sich sicher am Netz und im Service.

„So lange weiterspielen, wie ich Spaß habe“

Und Nadal hat noch immer nicht genug. „Ich bin immer noch sehr motiviert“, sagte der Mallorquiner nach seinem zehnten Paris-Erfolg. „Ich werde einfach so lange weiterspielen, wie ich Spaß habe.“ Spaß - der ist für Nadal nirgends so groß wie in Paris.

Das Duell des 31-jährigen Nadal mit dem 32-jährigen Wawrinka war das „älteste“ Paris-Finale seit 1969, als Rod Laver Ken Rosewall besiegt hatte. Es brachte dem neuen Weltranglistenzweiten seinen vierten Saisontitel, womit er in dieser Wertung die alleinige Führung übernommen hat. Nadal selbst war bei seinem Paris-Debüt 2005 auch selbst der davor letzte, als Nummer vier gesetzte Grand-Slam-Gewinner gewesen.

Folgt Duell Federer - Nadal um Nummer eins?

Nachdem Federer 35-jährig im Jänner bei den Australian Open ein beeindruckendes Sieg-Comeback auf Major-Ebene gefeiert hatte - im Finale gegen Nadal -, zog der nun nach. Beide hatten davor drei Jahre und länger kein Major gewonnen. Nicht Djokovic oder der Weltranglistenerste Andy Murray haben heuer bisher dem Ansturm der Jugend am besten standgehalten, sondern die beiden großen Rivalen vergangener Tage.

Und die Chancen stehen gut, dass sich Nadal und Federer am Jahresende um die Nummer-eins-Position duellieren werden. Federer ist hinter dem seit Sonntag schon für das Londoner World-Tour-Finale qualifizierten Nadal noch immer Nummer zwei im „Race“, obwohl er nach seinem Miami-Triumph am 2. April erst diese Woche in Stuttgart auf seinem Lieblingsbelag Rasen auf die Tour zurückkehrt.

Nadal fehlen im Ranking aktuell zwar noch 2.605 Zähler auf Murray, aber er hat heuer nur noch 370 Punkte zu verteidigen. Der Weltranglistenfünfte Federer hat auch nur noch 900 Punkte aus 2016 stehen, hatte er doch nach seinem Out im Wimbledon-Halbfinale die Saison beendet. Tatsache ist, dass seit 2004 immer entweder der „Race“-Erste oder -Zweite nach den French Open am Jahresende die Nummer eins war.

Euphorische Presse

Während Federer jedenfalls nun wieder in die Schlagzeilen drängt, widmeten sich die Montag-Gazetten noch ganz dem Triumph Nadals. „Unsterblicher Rafael Nadal“, war bei Frankreichs „Le Figaro“ zu lesen. In Spanien bezeichnete „El Mundo“ den 10. Titel Nadals als „Zahl für die Ewigkeit“ und in der „Neuen Zürcher Zeitung“ stand: „Wie Roger Federer straft er (Nadal) all jene Lügen, die ihn bereits abgeschrieben haben.“

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