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Erfolg als Lohn perfekter Vorbereitung

An den Sommer 2017 wird man sich im heimischen Fußball hoffentlich noch lange erinnern. Mit dem Semifinal-Einzug bei der EM in den Niederlanden schrieben die österreichischen Fußballerinnen ein Stück Sportgeschichte. Die EM-Debütantinnen mauserten sich vom krassen Außenseiter zur Sensation des Turniers. Doch der Erfolg von Viktoria Schnaderbeck und Co. war kein Zufallsprodukt.

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„Es bleibt ein Resümee, das einfach überwältigend ist, weil niemand Österreich das zugetraut hat“, sagte nicht nur der Präsident des Österreichischen Fußballverbandes (ÖFB), Leo Windtner, nachdem die Österreicherinnen erst im Semifinale gegen Dänemark im Elfmeterschießen den Kürzeren gezogen hatten. Nicht nur beeindruckende TV-Einschaltquoten wurden erreicht, beim Public Viewing auf dem Wiener Rathausplatz waren am Donnerstag etwa 12.000 Menschen versammelt.

ÖFB-Team zieht im Halbfinale den Kürzeren

Das österreichische Damen-Fußballnationalteam hat das Halbfinale der Europameisterschaft gegen Dänemark im Elfmeterschießen verloren und kann somit nicht ins Finale einziehen.

Die richtige Vorbereitung

Der Erfolg und die daraus resultierende Euphorie im Land, sogar bei „Fans“ die Frauen-Fußball im Vorfeld nur milde belächelten, waren das Resultat einer perfekten Vorbereitung auf das Turnier. Teamchef Dominik Thalhammer und sein Trainerteam überließen nichts dem Zufall, damit der erste Auftritt bei einer Europameisterschaft zu einem wird, über den man in Zukunft sprechen wird. Schon vor dem Start in das Länderspieljahr hatte Thalhammer klargemacht, worauf der Fokus in der EM-Vorbereitung liegen wird: „Nummer eins Fitness, Nummer zwei Fitness, Nummer drei Fitness.“


Dominik Thalhammer

APA/AP/Ermindo Armino

Dominik Thalhammer fand für die erste EM-Endrunde das passende Konzept

Dazu kam eine mutige Vorbereitung. Während das Männer-Team vor einem Jahr unmittelbar vor dem Turnier vor allem auf Erholung setzte und neben Malta als einzigen richtigen Härtetest nur jenen gegen die Niederlande bestritt, übten die ÖFB-Frauen gegen England, die Niederlande und eben Dänemark - und damit gegen die drei anderen Semifinalisten bei der aktuellen EM. Niederlagen gegen die in der Weltrangliste deutlich besser klassierten Teams wurden bewusst einkalkuliert. „Sie haben uns unsere Grenzen aufgezeigt. Es war genau richtig“, so Thalhammer.

Die perfekte Flexibilität

Die große Stärke des ÖFB-Teams in den Niederlanden war die taktische Flexibilität. Etwas, was die Beobachter vor einem Jahr bei den Männern schmerzlich vermissten. Mit vier im Trainingslager intensiv einstudierten Systemen reisten Thalhammer und seine Spielerinnen in die Niederlande. Die Außenseiterinnen waren daher schon in der Gruppenphase schwer auszurechnen.

Der Wechsel zwischen den Systemen funktionierte bei der EM bestens. In der Gruppenphase bissen sich die Favoritinnen aus der Schweiz und Frankreich am 5-4-1-Defensivkonzept der Österreicherinnen die Zähne aus. Die Isländerinnen hatten einer offensiveren 4-4-2-Taktik nichts entgegenzusetzen. „Wir haben die Automatismen so drinnen, dass wir gut switchen können“, sagte Rechtsverteidigerin Katharina Schiechtl schon während des Turniers.


Nadia Nadim gegen Sarah Puntigam

APA/AFP/Tobias Schwarz

Sarah Puntigam (l.) und Co. zogen die Vorgaben konsequent in jedem Spiel durch

Thalhammer und sein Trainerteam entwarfen einen auf jeden Gegner zugeschnittenen Schlachtplan. Das ging sogar so weit, dass man die gerne breitgetretene Maxime „von Spiel zu Spiel denken“ über Bord warf und sich schon mit den möglichen Gegnerinnen in der K.-o.-Phase auseinandersetzte, als noch gar nicht absehbar war, ob Österreich überhaupt die Gruppenphase überstehen würde. „Wir haben uns auch im Vorfeld schon mit der Gruppe D beschäftigt“, sagte Thalhammer, der daher schon wusste, was etwa mit Spanien auf seine Spielerinnen zukommt.

Einsatz bis zum Umfallen

Mit Einsatz und Kampfgeist überzeugten die Österreicherinnen auch die letzten Kritiker von ihrem Potenzial. Die ÖFB-Spielerinnen setzten ihre Gegnerinnen mit kraftraubendem Pressing früh unter Druck und ließen selbst gegen vermeintlich übermächtige Gegner wie Frankreich keinen Spielfluss zu. In der Vorrunde schlug sich das konsequente Pressing auch in Tore nieder. Mit fünf Stück war man in dieser Kategorie die klare Nummer eins in Pool C.

Pressekonferenz am Flughafen

Die erfolgreiche ÖFB-Delegation stellte sich nach ihrer Rückkehr auf dem Flughafen Wien-Schwechat den Fragen der Journalisten.

Auch in der Abwehr ging man konsequent zur Sache und drosch die Kugel lieber einmal mehr weg, als sich auf Spielereien einzulassen. Aus dem Spiel heraus kassierte Rot-Weiß-Rot in fünf Spielen daher auch nur ein Tor - jenes beim 1:1 gegen Frankreich. Nur die Niederlande ließen so wie Österreich nur einen Treffer zu. „Sie haben gekämpft wie die Löwinnen“, sagte ÖFB-Präsident Windtner. Für Kapitänin Schnaderbeck war der Mannschaftsgeist der Treibstoff des Teams: „Es war ein Teamspirit, den ich so noch nie erlebt habe.“

Dem aufopfernden Kampf zollten die Österreicherinnen jedoch am Ende auch den entscheidenden Tribut. Gegen Dänemark ging den Spielerinnen etwas der Saft aus, nachdem man zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage über 120 Minuten alles gegeben hatte. Im Elfmeterschießen war eine gewisse geistige Müdigkeit nicht zu übersehen. Die konnte auch Torfrau Manuela Zinsberger, die Österreich mit ihren Paraden vor so manchem Gegentor bewahrte und eine Topkandidatin auf die Auszeichnung zur Torfrau des Turniers ist, nicht mehr kompensieren.

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