Paris-Sieger und Nummer eins der Welt
Eine der schillerndsten Persönlichkeiten der österreichischen Sportgeschichte hat am 2. Oktober ein rundes Jubiläum begangen. Thomas Muster, Österreichs einziger Grand-Slam-Sieger, feierte seinen 50. Geburtstag. Ein rauschendes Fest zum halben Jahrhundert gab es jedoch nicht. Mehr als sein Lebensalter beschäftigt den Steirer, einst sogar Nummer eins der Welt, der Aufstieg seines Nachfolgers Dominic Thiem.
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Eigentlich wollte Muster anlässlich seines 50. Geburtstags keine Interviews geben, für die ORF-Sendung „Sport am Sonntag“ machte der Steirer aber dann doch eine Ausnahme. Der nun 50-Jährige löste mit seinen Erfolgen einst einen Tennisboom in Österreich aus. Insgesamt 44-mal, den Großteil davon auf Sand, gewann Muster ein ATP-Turnier, lag 1996 für sechs Wochen an der Spitze der Weltrangliste und holte sich 1995 in Paris als bisher einziger Österreicher den Titel bei einem Grand-Slam-Turnier.
Viele emotionale Highlights
Für Muster selbst ist der Davis-Cup im Rückblick aber ein weiterer sehr wichtiger Teil seiner Karriere. Legendär sind seine „Schlachten“ gegen den deutschen Wimbledon-Sieger Michael Stich 1994 in Unterpremstätten. „Es sind vor allem Davis-Cups, die mir sehr viel gegeben haben, weil die ganze Emotion der Nation drinnen war. Man weiß, dass keiner wirklich so gern Davis-Cup spielt, weil es viele aus dem Rhythmus reißt. Aber Davis-Cup war immer etwas Besonderes.“

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Muster erinnert sich noch gerne an seine legendären Matches
Natürlich waren der French-Open-Sieg 1995 sowie der letzte Turniersieg in Key Biscayne (1997), acht Jahre nachdem seine Karriere durch einen Unfall von einem betrunkenen Autofahrer am selben Ort in Gefahr geraten war, große Höhepunkte seiner Karriere. Sein letztes Spiel auf der APT-Tour bestritt Muster 2011 in der Wiener Stadthalle. Damals unterlag der Steirer einer Zukunftshoffnung namens Dominic Thiem mit 2:6 3:6.
„Es gib Parallelen“
Dass der Niederösterreicher in Sachen Erfolg sein Nachfolger werden würde, war Muster schon damals klar. „Es gibt Parallelen, aber es ist auch eine andere Zeit. Ich glaube, dass Dominic Thiem einen richtigen Schritt gemacht hat, um seine Popularität in Österreich zu steigern“, erklärte der ehemalige Weltranglistenerste. „Der Schritt, wieder Davis-Cup zu spielen und Österreich im Davis-Cup weiterzubringen, ist für ihn vielleicht eine Zusatzbelastung“, sagte der Jubilar.
Doch auch an seiner eigenen Karriere sehe er im Rückblick die Wichtigkeit dieses Mannschaftswettbewerbs. Muster hatte seinerzeit in Österreich einen Tennisboom ausgelöst, das seien seine Erfolge auch gewesen, aber besonders die Auftritte im Davis-Cup. „Dass wir Österreicher in einer Weltsportart erfolgreich sein können, das hat Massen mobilisiert. Ich werde immer wieder auf diese Davis-Cup-Spiele angesprochen“, so der 44-fache ATP-Sieger.
Thiem auf Weg zur Nummer eins
Für Muster hat Thiem weiterhin das Potenzial, es ebenfalls an die Spitze der Weltrangliste zu schaffen. „Er ist schon in meine Fußstapfen getreten. Ich habe immer gesagt, vergleicht Dominic nicht mit mir, das ist eine andere Generation, da wird anders Tennis gespielt.“ Doch Thiem sei in der Jahreswertung 2017 Vierter. „Wer Nummer vier der Welt sein kann, kann auch Nummer eins sein. Man muss auch sein Alter berücksichtigen.“
Dass Thiem auch ein Grand-Slam-Turnier gewinnen kann („am wahrscheinlichsten wird es Roland Garros sein“), sei keine Frage. „Er ist da vorne dabei, aber er muss sich weiterentwickeln, wie das die anderen auch tun. Es wird immer zwei, drei Knackpunkte geben, und dann kann es zu einem oder mehreren Grand-Slam-Siegen reichen und natürlich auch zur Nummer eins.“

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Wachablöse: 2011 übergab Muster symbolisch das Zepter an Thiem
Thiem bringe mit seiner Ausrichtung ganz aufs Tennis, seiner Willensstärke und seiner Geradlinigkeit viel mit. „Es fehlt ihm vielleicht noch ein bisserl die Konstanz, aber er ist jung, das spricht für ihn.“ Er bezeichnete Thiem mehr als Arbeiter denn als Talent. „Was ja keine Schande ist. Dass man es in diese Liga ohne Talent schafft, ist für mich ausgeschlossen. Man hat mir ja oft unterstellt, der Muster kann nur laufen und mit Kraft spielen, der hat kein Talent. Das ist unrichtig, da tut man den Leuten unrecht“, so der Steirer.
„Leben in Ruhe genießen“
Obwohl Muster im Tenniszirkus selten auftaucht, ist seine Popularität weiter ungebrochen. Auch wenn sie sich im Laufe der Zeit logischerweise reduziert hat. „Es war früher ganz extrem, da hat man mich auf der Kreuzung mit dem Auto aufgehalten, und um Autogramme und Fotos gebeten hat“, erinnerte sich Muster im ORF-Gespräch schmunzelnd. „Ich bin froh, dass es damals die Smartphones noch nicht gegeben hat. Heute ist es relativ neutral.“
Seinen Lebensmittelpunkt hat Muster, der seine unmittelbare Heimat nach wie vor in Leibnitz in der Steiermark sieht, in Kärnten. „Ich bringe meine Tochter zur Schule und hole sie ab. Ich bin sehr froh, dass ich mein Leben in Ruhe genießen kann, abseits jeder Öffentlichkeit“, sagte Muster. „Ich finde meinen Halt in der Familie, das macht mir sehr viel Spaß.“ Er habe seinen Sohn Christian, der in Australien bei seiner Mutter lebt, „nicht wirklich aufwachsen sehen“ gesehen. „Insofern genieße ich es doppelt, dass ich mit Maxim viel Zeit verbringen kann.“
Seine früheren Leistungen sind ihm nach der Karriere noch bewusster geworden. „Man realisiert erst heute, dass das sehr viel wert war und es ganz was Besonderes war. Wenn die Leute heute noch kommen, weiß man, man hat was ganz gut erledigt in seinem Leben.“ Für seine Zukunft hat Muster keine besonderen Träume oder Ziele. „Ich möchte lang gesund bleiben, das ist das Entscheidende. Ich bin zufrieden, wie es ist, und ich hoffe, es bleibt so.“
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