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Vom Handwerker zum Millionär

Der neue Weltmeister der Professional Darts Corporation (PDC) heißt zwar Rob Cross, das Finale am Montag im Londoner Alexandra Palace stand jedoch ganz im Zeichen des Abschieds von Phil Taylor. Der Darts-Legende blieb zwar das Happy End in Form eines 17. WM-Titels verwehrt, trotzdem wurde der 57-Jährige mehr gefeiert als der Sieger. „Es war eine fantastische Karriere“, so Taylor, „aber es reicht.“

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Schon vor dem ersten Anwurf der insgesamt 25. PDC-Weltmeisterschaft stand fest, dass Taylor seine Karriere nach dem Turnier beenden würde. Dass der Engländer es noch einmal bis ins Finale schaffen würde, damit hatten die wenigsten gerechnet - auch Taylor selbst nicht. „Ich habe noch einmal alles versucht und das Finale erreicht und bin froh, wie es gelaufen ist“, sagte der 57-Jährige, der sich mit einem Schild mit der Aufschrift „Thank you“ bei den jubelnden Fans im „Ally Pally“ bedankte.

Rob Cross und Phil Taylor

APA/AFP/Tolga Akmen

Taylors (r.) Niederlage gegen Cross symbolisiert den Generationswechsel

Erst im Finale - seinem insgesamt 21. bei einer WM - war Taylor gegen den 30 Jahre jüngeren Cross chancenlos. Der ehemalige Elektriker, Spitzname „Voltage“, verwies den Altmeister mit 7:2 in die Schranken und holte sich gleich bei seinem ersten Antreten den Titel. „Er war so, wie ich es vor 25 Jahren war“, sagte Taylor über den neuen Weltmeister, der in jenem Jahr geboren wurde, als „The Power“ seinen ersten WM-Titel holte. Gemeinsam mit Cross durfte der Engländer auch noch einmal die Trophäe stemmen.

Rekorde pflastern seinen Weg

Einen Rücktritt vom Rücktritt schloss Taylor nach dem Finale kategorisch aus. Auch der Vorsitzende der PDC, Barry Hearn, blitzte mit einem Überredungsversuch ab. „Für mich ist jetzt Schluss. Ich möchte dieses Leben nicht mehr“, sagte Taylor, nachdem er einen Großteil seines Lebens dem Darts-Sport gewidmet hatte, zum Multimillionär geworden war und kräftig mitgeholfen hatte, das Image des belächelten Wirtshaus-Wettkampfes abzuschütteln.

Mit 16 WM-Titeln, davon von 1995 bis 2002 acht in Folge, ist Taylor der erfolgreichste Darts-Spieler aller Zeiten. Als einzigem Spieler gelangen dem 57-Jährigen zwei Nine-Darter in einem Spiel. Insgesamt elfmal gelang Taylor live im Fernsehen das Kunststück, 501 Punkte mit nur neun Pfeilen runterzuspielen - ebenfalls Rekord. Als besondere Auszeichnung für seine Leistungen beschloss die PDC auch die Trophäe des World Matchplay, des zweitwichtigsten Turniers im Kalender, künftig nach Taylor zu benennen. Der Engländer gewann das Event von 24 Ausgaben 16-mal, zuletzt 2017.

Ausnahmeerscheinung am Board

Taylor stammt aus einer Arbeiterfamilie in Stoke-on-Trent. In seinen jungen Jahren montierte er Griffe für Toilettenspülkästen und reparierte Autos. Pfeile auf eine Scheibe zu werfen und damit Geld zu verdienen war Taylors Chance, diesem Leben zu entfliehen. „Meine Familie war arm, wir hatten nichts“, sagte Taylor. Diese Episode ist längst Geschichte. „The Power“ wurde zu einer Pfeile werfenden Geldmaschine, die mit dem Rücktritt ganz sicher nicht den Betrieb einstellen wird.

Ehrgeiz, Leidenschaft und Skrupellosigkeit prägten Taylors Karriere. In seinem ersten WM-Finale im Jahr 1990 schlug „The Power“ seinen Mentor, den fünfmaligen Weltmeister Eric Bristow, glatt mit 6:1. Es war der Beginn eines einmaligen Siegeszuges. „Ich habe Darts mein Leben gewidmet“, betont Taylor. Früh um 9.00 Uhr kam er ins Pub, um zu trainieren. Eine Kombination aus Talent und nicht enden wollendem Ehrgeiz machten Taylor zu einer Ausnahmeerscheinung. Nicht einmal die herausrinnende Sauce seines Sandwiches würde Taylor anderen gönnen, behauptete der bereits verstorbene Kommentator Sid Waddell einmal.

Exhibitions und Dschungelcamp

Künftig will der 57-Jährige aus Stoke-on-Trent aber mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. „Es ist mittlerweile einfach zu viel Aufwand, mich auf die vielen Turniere vorzubereiten. Heutzutage muss man sieben Tage die Woche arbeiten, ich bin immer weg von zu Hause in irgendwelchen Hotels“, so der Vater von vier Töchtern, „Ich freue mich darauf, ins Bett zu gehen und mir keine Gedanken mehr um Turniersiege machen zu müssen.“

Seine Präsenz im Darts-Zirkus soll mit dem Karriereende aber nicht aufhören. „The Power“ möchte weltweit Exhibitions spielen und dem Sport, den er prägte, erhalten bleiben. „Ich weiß nicht, was passiert, wenn ich weg bin. Natürlich werden neue Gesichter kommen, ich werde sicher ein Teil des Ganzen sein. Was auch immer ich tun kann, ich werde es tun“, betonte Taylor. Im kommenden Jahr könnte er an der britischen Version des Dschungelcamps teilnehmen, seine Bereitschaft und Lust dafür hat er bereits signalisiert.

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