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Alter in Melbourne kein Maßstab

Die Favoriten auf den Titel bei den Australian Open in Melbourne haben sich bisher keine Blöße gegeben. Für Schlagzeilen sorgen daher andere: Einerseits die erst 15-jährige Ukrainerin Marta Kostjuk, andererseits der fast 39-jährige Ivo Karlovic aus Kroatien. Denn beide schafften es in ihrer Altersklasse so weit, wie schon lange niemand mehr.

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Kostjuk gelang mit einem 6:3 7:5 in der zweiten Runde über die Lokalmatadorin Olivia Rogowska dabei die größere Überraschung. Die Jugendliche ist die jüngste Dame seit der Schweizerin Martina Hingis 1996, die es in die dritte Runde des ersten Grand-Slam-Turnieres des Jahres geschafft hat. Hingis war damals sogar noch ein paar Monate jünger.

Marta Kostyuk (UKR)

APA/AP/Peter Parks

Kostjuk konnte ihren Coup gegen Rogowska selbst nicht fassen

„Glücklich, einfach glücklich“, sagte die in Kiew geborene Kostjuk auf die erste Frage auf dem Platz, wie sie sich fühle. Auf der folgenden Pressekonferenz im größten aller Interviewsäle wurde ihr kurz mulmig. „Das ist unheimlich“, entfuhr es Kostjuk, als sie in so viele Journalistengesichter blickte wie nie zuvor.

Qualifikantin als Sensation

Denn der Erfolgslauf der in der kroatischen Hauptstadt Zagreb lebenden Kostjuk war im Vorfeld des Turniers nicht abzusehen. Denn vor zwei Wochen unterlag sie in der ersten Runde eines drittklassigen Turniers im australischen Playford noch der Griechin Valentini Grammatikopoulu. Bis zum ersten Aufschlag in Melbourne hatte die 15-Jährige in diesem Jahr daher exakt 228 US-Dollar an Preisgeld kassiert. Nach ihrem Einzug in die dritte Runde ist ihr ein Scheck über 113.647 Dollar bereits sicher.

Bei den Australian Open durfte Kostjuk dank einer Wildcard - die Ukrainerin hatte im Vorjahr die Juniorinnen-Konkurrenz in Melbourne gewonnen - in der Qualifikation starten. Dort mühte sich die aktuelle Nummer 521 der Weltrangliste mit drei Dreisatzsiegen in den Hauptbewerb. Und dort fing das Werkl an zu Laufen. In der ersten Runde schlug Kostjuk die an Position 25 gesetzte Chinesin Peng Shuai, eine Runde später musste sich Rogowska beugen.

Federer-Trainer als Manager

Jetzt kämpft Kostjuk, die laut eigener Angabe mit 13 noch den serbischen Superstar Novak Djokovic heiraten wollte, am Freitag gegen ihre Landsfrau Jelina Switolina um den Einzug ins Achtelfinale. „Ich glaube, auch sie wird ein bisschen nervös sein, und das versuche ich auszunutzen“, sagte Kostjuk vor dem Vergleich mit Switolina - der aktuellen Nummer vier der Welt. Vor großen Namen erstarrt sie ohnehin nicht in Ehrfurcht: Ihr Manager Ivan Ljubicic ist der Trainer von Roger Federer. „Wir kennen uns. Jedes Mal, wenn wir uns sehen, sagt er ,Hi‘“, so Kostjuk.

Mit dem Tennisspielen hatte Kostjuk nur angefangen, weil sie so oft wie möglich ihre Mutter, die frühere Profispielerin Talina Beiko, sehen wollte. Irgendwann entschied sich Kostjuk gegen eine Karriere als Turnerin und für die Laufbahn auf der Tennistour. Die Schularbeiten erledigt sie unterwegs, bei ihren seltenen Besuchen in der ukrainischen Heimat muss sie Tests schreiben, In Melbourne wurde Kostjuk auch von ihrer Mutter ermahnt, vernünftig zu essen und nicht ständig auf ihr Handy zu starren.

Karlovic alt, aber gut

Am anderen Ende der Karriereleiter bewies Karlovic, dass man auch mit fortgeschrittenem Lebensalter noch vorne mitmischen kann. Der Kroate, der am 28. Februar seinen 39. Geburtstag feiert, rang den Japaner Yuichi Sugita in fünf Sätzen mit 7:6 (7/3) 6:7 (3/7) 7:5 4:6 und 12:10 in die Knie und zog nach vier Stunden und 33 Minuten so wie im Vorjahr in die dritte Runde ein. Nächster Gegner ist der Italiener Andreas Seppi, mit 32 ebenfalls ein Routinier.

Ivo Karlovic (CRO)

APA/AFP/Saeed Khan

Karlovic hat noch immer genug Power, um die Jüngeren zu schlagen

Der 2,11 Meter große Kroate, der gegen Sugita nicht weniger als 53 Asse schlug, schrieb damit ein kleines Kapitel Geschichte. Älter war in der dritten Runde der Australian Open nur Ken Rosewall. Der dreifache Melbourne-Sieger aus Australien schaffte es 1978 als 44-Jähriger noch einmal unter die besten 32 des Turniers. Rosewall hatte allerdings einen kleinen Startvorteil. Damals waren in der ersten Runde nur 64 Spieler am Start, heuer waren es 128.

„Ich bin sehr glücklich, aber auch sehr müde“, sagte Karlovic nach dem Marathon gegen den Japaner, der in der ersten Runde den Amerikaner Jack Sock nach Hause geschickt hatte. Schon im dritten Satz habe er die Müdigkeit gespürt, so der Kroate: „Aber ich habe mich einfach auf meinen Aufschlag konzentriert.“ Im Vorjahr scheiterte Karlovic in der dritten Runde am Belgier David Goffin, diesmal soll die Reise weiter gehen. An ein Karriereende denkt der 38-Jährige sowieso noch nicht: „Ich liebe es noch immer, deshalb bin ich noch immer hier. Wir werden sehen, wie lange ich es noch weitermachen kann.“

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