Trainer und Mannschaft mit Respekt
Wenn am Donnerstag (19.00 Uhr) im Signal Iduna Park von Dortmund das Achtelfinal-Hinspiel der Europa League zwischen Borussia Dortmund und dem FC Salzburg angepfiffen wird, prallen Welten aufeinander - vor allem in Sachen Tradition und Fankultur. Denn in Dortmund machen Anhänger und auch Club keinen Hehl daraus, was sie von der sportlichen Abteilung des Red-Bull-Konzerns aus Österreich halten.
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Der 1909 gegründete Ballspielverein Borussia 09 e. V. Dortmund darf getrost als Traditionsclub bezeichnet werden. Mit mehr als 150.000 Mitgliedern ist man der viertgrößte Sportclub der Welt. Nur Bayern München, sowie Benfica und Sporting Lissabon haben mehr. Dem gegenüber steht Salzburg, wo die Austria 2005 offiziell von Dietrich Mateschitz übernommen wurde. Der Club wird in erster Linie von Red Bull gesponsert. Offizielle Mitglieder gibt es 44.
Immer wieder Proteste
Daher fällt Salzburg genauso wie sein deutsches Pendant RasenBallsport Leipzig speziell für die Anhänger von Borussia Dortmund in die Kategorie „Hassobjekt“ - und das trotz der Tatsache, dass die BVB-Fußballabteilung ein an der Börse notiertes Unternehmen ist. Stichwort: Kommerz. Die Abneigung gegen Red Bull gipfelte im Februar 2017 beim Leipziger Gastspiel in Dortmund einerseits in Spruchbändern auf der Südtribüne, bei denen die Grenze des guten Geschmacks am Horizont verschwunden war, und andererseits noch schlimmer in Attacken gegen Leipziger Fans - darunter auch Kinder - vor dem Stadion.

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Viele Sprüche der Transparente vom Februar 2017 waren weit unter der Gürtellinie angesiedelt
„Retortenclubs“ wie Salzburg und Leipzig würden „alle Werte mit Füßen treten, für die der Volkssport Fußball in unseren Augen steht“, fasste das Fanbündnis „Südtribüne Dortmund“ seine Meinung zu Red Bull in einer Aussendung vor dem Spiel am Donnerstag zusammen. Das Bündnis, dem rund 50 Fanclubs des BVB und mehr als 2.700 Personen angehören, kündigte auch an, dem Rückspiel in einer Woche in Salzburg fernzubleiben. Schon das Ligagastspiel am Samstag bei RB Leipzig (1:1) hatten weite Teile der „Südtribüne Dortmund“ aus Protest boykottiert.
BVB-Fans sammeln Geld für Austria
Stattdessen plant das Fanbündnis, Spenden für den nach finanziellen Turbulenzen mittlerweile in der Salzburger Liga (4. Spielklasse) engagierten SV Austria Salzburg zu sammeln. Bei den Heimspielen gegen RB Salzburg und am darauffolgenden Sonntag gegen Eintracht Frankfurt werden für eine Spende von jeweils 10 Euro symbolische Eintrittskarten ausgegeben. Der Erlös kommt Austria Salzburg zugute. Für die Spender soll es neben dem Ticket - als Ersatz für jenes des Gastspiels bei Red Bull - im Nachhinein auch ein zur Thematik passendes T-Shirt geben.
Yabo vor Duell mit BVB: „Haben eine realistische Chance“
Mit großen Hoffnungen ist Fußballmeister Salzburg nach Dortmund abgereist. Die Mannschaft von Marco Rose rechnet sich im Achtelfinal-Hinspiel gegen den BVB durchaus Chancen aus.
Man wolle mit der Aktion sein Geld lieber „dem wahren Verein der Stadt zukommen lassen, dem SV Austria“, so das Fanbündnis. Austria Salzburg wurde 2005 von Fans als Reaktion auf die Übernahme der ursprünglichen Austria und als Protest gegen die Umfärbung des Clublogos mit den traditionellen Farben violett-weiß gegründet. Das Gegenstück zu Red Bull schaffte es 2015 sogar in die Erste Liga, wurde aber nach Insolvenz wieder zwangsrelegiert und spielt aktuell nach einem weiteren Abstieg aus der Regionalliga West in der Salzburger Liga.
Auch die Vereinsverantwortlichen bei Dortmund setzten vor dem Duell mit Salzburg ein Zeichen der Ablehnung gegen die Organisationsstruktur der „Bullen“. Anders als bei Europacup-Spielen üblich wird es von Dortmunder Seite keinen gemeinsamen Fanschal mit den Logos beider Clubs geben. Obwohl Salzburg auf europäischer Ebene offiziell als FC Salzburg aufläuft, ist das Logo des Konzerns im Schriftzug zu erkennen. „Wir bringen grundsätzlich keine Schals in den Verkauf, auf denen ein werbliches Logo gemeinsam mit unserem zu sehen ist“, begründete Dortmunds Marketing-Direktor Carsten Cramer die Maßnahme.
Stöger mit Respekt
BVB-Trainer Peter Stöger konzentriert sich hingegen auf die sportlichen Aspekte der Partie. „Es kann eine total offene Partie werden“, sagte der Wiener und warnte vor dem Trugschluss, Dortmund würde Salzburg hochkant aus dem Bewerb werfen. „Es sind in dieser Runde so viele außergewöhnliche Mannschaften dabei, das hat schon etwas von Champions League“, meinte Stöger. „Die Salzburger sind eine Mannschaft, die ich in einer ganz, ganz gefährlichen Außenseiterrolle sehe.“

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Dortmund-Coach Stöger erwartet sich gegen die Salzburger keinen Spaziergang
Geheimnisse gibt es keine. Die Teams kennen einander laut Stöger „in- und auswendig“. 2013 hatte der 51-Jährige mit der Wiener Austria für den bis dato letzten Meister gesorgt, der nicht Red Bull Salzburg hieß. Danach folgte der Abschied zum 1. FC Köln, wo im vergangenen Herbst das Aus kam. In Dortmund hat er nach seiner Amtsübernahme im Dezember in kurzer Zeit die Mannschaft stabilisiert. Von den bisher 13 Spielen unter Stöger ging nur eines verloren - das Cup-Achtelfinale kurz vor Weihnachten bei Bayern München mit 1:2.
Gegen die 30 Spiele ungeschlagenen Salzburger kann das Stöger-Team zeigen, wie weit es bereits ist. Der BVB ist zehn Ligaspiele ungeschlagen. In den vergangenen drei Partien gab es aber jeweils ein 1:1-Remis, darunter zuletzt bei RB Leipzig. Aus der Partie könne man für Salzburg durchaus etwas mitnehmen, meinte Stöger. Die Spielidee der beiden Red-Bull-Clubs sei ähnlich. „Es ist aber nicht 1:1 Schablone“, sagte der Dortmund-Coach.
Im Idealfall 90 Minuten Druck
Dass Salzburg in Dortmund anders auftritt als gewohnt, erwartet Stöger nicht. „Wir sind darauf vorbereitet, dass die Salzburger ihr Spiel so anlegen, wie sie es immer anlegen, weil das ihre Stärke ist.“ Es könnte also ein Schlagabtausch warten. Stöger weiß um das Aufsehen, das die Partie in Österreich erregt. „Sie werden uns nicht überraschen, umgekehrt wird es ähnlich sein.“
Die Ausgangslage sei dennoch klar. „Wir sind weit davon entfernt, dass wir uns aus der Favoritenrolle rausstehlen“, betonte Stöger. „Im Idealfall wollen wir die Salzburger 90 Minuten unter Druck setzen. Das wird aber nicht ganz so einfach sein.“ Auch die Spielern nehmen die Salzburger nicht auf die leichte Schulter. „Wir wissen, dass die Aufgabe schwer wird“, sagte stellvertretend Kapitän Marcel Schmelzer, „wir haben sehr großen Respekt. Salzburg ist in der Liga zehn Punkte vorne. Daher können sie sich ganz auf diese zwei Spiele konzentrieren.“
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