Rosige Zukunft nach zweitem Triumph
Frankreich ist zurück auf dem Thron. 20 Jahre nach dem Triumph im eigenen Land stemmte die „Equipe Tricolore“ am Sonntag in Moskau nach dem 4:2-Sieg gegen Kroatien zum zweiten Mal den Fußball-WM-Pokal in die Höhe. Mit dem glückseligen Staatschef Emmanuel Macron im Arm schmetterte Paul Pogba ein „Vive la France“ in die Kamera. In der Kabine des Weltmeisters ging die Party nach der Sintflutsiegerehrung mit Kreml-Chef Wladimir Putin als Ehrengast mit einer Ansprache von Macron so richtig los.
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Im strömenden Regen hatte der klitschnasse französische Präsident jeden seiner Helden geherzt und noch schnell einen Schmatzer auf den WM-Pokal gedrückt. Mit der Trikolore um den Hals stemmte Kapitän Hugo Lloris die Trophäe in die Höhe. Kylian Mbappe, Torschütze zum 4:1, rang nach Worten: „Ich bin so glücklich. Unsere Ambition war es, zu gewinnen. Der Weg zum Titel war weit, wir sind sehr stolz, dass wir die Franzosen glücklich machten, dass sie ihre Alltagssorgen vergessen. Jetzt feiern wir, und wir werden den ganzen Sommer feiern. Es gibt eine Zeit für alles - in ein paar Wochen werden wir dann wieder mit der Arbeit beginnen können.“

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Der Moment nach dem Schlusspfiff: Frankreich bejubelte den zweiten WM-Titel in seiner Fußballgeschichte
„Werden auf immer und ewig Weltmeister bleiben“
Olivier Giroud waren die Emotionen ins Gesicht geschrieben: „In der Kabine feiern wir gerade mit den Präsidenten Macron und Putin, und ich wurde auserwählt, mit der Presse zu reden. Eigentlich will ich so schnell wie möglich zu meinen Teamkollegen zurück. Ich war die letzten zehn Minuten auf der Bank, und als der Abpfiff kam, sind alle Dämme gebrochen. Ich bin einfach gerannt und habe geweint. Ich werde sicher meine Wette einlösen und mir den Kopf rasieren lassen. Aber erst nach der Taufe meines dritten Kindes.“ Sprach’s und warf sich zurück ins Getümmel der neuen Weltmeister.
„Im Moment wissen meine Spieler noch nicht, was es bedeutet, Weltmeister zu sein“, erklärte Erfolgstrainer Didier Deschamps, der vor 20 Jahren bei der Heim-WM als Spieler den Goldpokal in die Höhe stemmen durfte. Frankreichs 1998er-Generation erreichte Legendenstatus. Deschamps über seine nunmehrigen Schützlinge: „Sie werden auf immer und ewig als Weltmeister in Erinnerung bleiben. Es gibt in dem Beruf nichts, was drüber steht.“
Frankreich zum zweiten Mal Fußball-Weltmeister
In einem der trefferreichsten Endspiele der WM-Geschichte setzen sich die Franzosen gegen Kroatien mit 4:2 durch.
Triumph der jungen Generation
Außenverteidiger Benjamin Pavard erinnerte an die Vorgänger als Weltmeister im Jahr 1998: „Lilian Thuram war mein Idol, und jetzt bin ich wie er Weltmeister. Ich bin aus dem Nichts gekommen, vor zwei Jahren stand ich noch mit meinen Kumpels während der EM in der Fanzone. Nun bin ich Weltmeister, mit nur 22 Jahren. Ich kann es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und mit den Franzosen zu feiern.“ Angeführt von „Man of the Match“ Antoine Griezmann hatte Frankreich im torreichsten Endspiel seit 1966 triumphiert. Griezmann kündigte an, den Pokal mit ins Bett nehmen zu wollen.
Ein Eigentor von Mario Mandzukic (18.), Griezmann per Handselfmeter (38.), Paul Pogba (59.) und Mbappe (65.) stürzten Millionen Fans in der Heimat in den ultimativen Partyrausch von den Champs-Elysees bis an die Cote d’Azur. „Es ist zu schön, es ist wunderbar für die Spieler, eine junge Generation. Wir haben viel Qualität an den Tag gelegt, mental und oft genug getroffen“, sagte Trainer Didier Deschamps. Seine Spieler warfen ihn jubelnd in die Höhe. „Es war nicht immer einfach, aber weil sie zugehört haben, haben wir schwere Momente hinter uns gelassen“, so Deschamps.

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Respekt für den unterlegenen Gegner Kroatien vor der Siegerehrung
Er setzte sich mit dem Titel ein weiteres Denkmal: 1998 hatte er den Pokal als Kapitän entgegengenommen. Der 49-Jährige ist nach Franz Beckenbauer und Mario Zagallo der dritte Fußballer, der als Spieler und Trainer Weltmeister wurde. „Der Stolz ist da. Ich bin hier, um Ziele zu verwirklichen.“ Kroatien konnte seinem Ruf als Comebackteam nach mehrmaligem Rückstand nicht gerecht werden. Ivan Perisic (28.) erzielte den Ausgleich zum 1:1. Das 2:4 durch Mandzukic (69.) nach Patzer von Frankreich-Goalie Lloris konnte keinen furiosen Schlussspurt mehr auslösen.
Deschamps endgültig am Gipfel
Das Beispiel Frankreich zeigt, dass Kontinuität am Trainersektor ein Erfolgsgeheimnis ist. Der als Pragmatiker geltende Deschamps darf seit Juli 2012 als Teamchef werken, konnte die internen Streitigkeiten, mit denen seine Vorgänger Raymond Domenech und Laurent Blanc zu kämpfen hatten, weitgehend abstellen und ist auf der Erfolgsleiter Treppe für Treppe nach oben gestiegen. Nach dem WM-Viertelfinale 2014 in Brasilien folgte die bittere Niederlage im Heim-EM-Finale 2016 gegen Portugal nach Verlängerung.

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Didier Deschamps und seine jungen Wilden eroberten den WM-Titel für Frankreich zurück
Der WM-Triumph zwei Jahre später im dritten WM-Finale mit französischer Beteiligung innerhalb von 20 Jahren ist eine verspätete Entschädigung dafür. Der mittlerweile längstdienende französische Teamtrainer konnte sich den Luxus leisten, nach einer nicht allzu souveränen Qualifikation Starspieler wie Anthony Martial, Alexandre Lacazette und den seit Jahren nicht mehr nominierten Karim Benzema zu Hause zu lassen. Vor allem der enorm schnelle Mbappe und Griezmann sorgten dafür, dass deshalb keine Diskussionen aufkamen, sie erfüllten die hohen Erwartungen.
Kollektiv als Erfolgsfaktor Nummer eins
Mittelstürmer Giroud trat nicht als Torschütze in Erscheinung, machte aber viele Kilometer und wurde von seinem Trainer wegen seiner Arbeit für die Mannschaft mehrmals gelobt. Der Erfolg stand beim neuen Weltmeister ganz klar über dem spielerischen Glanz. Der Gruppe-C-Sieg wurde mit Erfolgen über Australien (2:1) und Peru (1:0) sowie einem Remis gegen Dänemark (0:0) fixiert. Nach Argentinien wurden in der entscheidenden Turnierphase auf dem Weg ins Endspiel auch noch Uruguay (2:0) und etwas glücklich Belgien (1:0) aus dem Weg geräumt.
„Ich will Weltmeister werden. Dafür muss man Opfer bringen“, hatte Paul Pogba gesagt und schon vor dem Endspiel Frankreichs ergebnisorientiertes Turniercredo auf den Punkt gebracht. Nach dem zweiten WM-Titel fragt keiner, ob das die richtige Entscheidung war. Frankreich ist erst die sechste Nation, die den WM-Titel mehr als einmal gewonnen hat. Öfter erfolgreich waren nur Rekordchampion Brasilien (fünf), Deutschland und Italien (je vier).

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Staatspräsident Emmanuel Macron als Edelfan Nummer eins beim Finale in Moskau
Vor allem Mbappe, dessen Marktwert während der WM auf 400 Millionen geschätzt wurde, wird das Turnier noch lange in Erinnerung bleiben. Gegen Peru avancierte er mit neunzehneinhalb Jahren zu Frankreichs jüngstem WM-Torschützen aller Zeiten. Nach dem Sieg gegen Argentinien war er der zweitjüngste Doppelpacktorschütze der WM-Geschichte nach Brasiliens Pele 1958. Der PSG-Star wird auch in den nächsten Jahren eine zentrale Rolle bei „Les Bleus“ spielen, die Zukunft schaut allgemein sehr rosig aus.
„Sie sind jung und ein bisschen verrückt“
Mbappe ist nun hinter Brasiliens Legende Pele auch der zweitjüngste Torschütze in der WM-Finalgeschichte. Er war im Endspiel 19 Jahre und 207 Tage alt. „Willkommen im Club“, twitterte Pele und fügte hinzu: „Es ist toll, etwas Gesellschaft zu haben.“ Auch für Griezmann, Pogba, dem bei der WM nimmermüden Dauerläufer N’Golo Kante und auch die Abwehrasse Raphael Varane und Samuel Umtiti wird es noch einige Endrunden geben. Große Kaderänderungen stehen nach dem erfolgreichen Turnier nicht an. Bei der EM 2020 werden die Franzosen die großen Gejagten sein.
Als Deschamps bei der Pressekonferenz nach dem Finaltriumph gerade zur ersten Antwort ansetzte, stürmten seine Spieler den Saal. Sie sprangen auf das Pult, sangen, grölten, tanzten und verspritzten Champagner und alles, was an Getränken greifbar war. Auch das gläserne Präsent für den zweiten WM-Titel für Frankreich hatte gelitten. „Sie sind jung, sie sind ein bisschen verrückt“, sagte ein grinsender Deschamps klitschnass. Auch in zwei Jahren beim nächsten großen Turnier werden sie noch jung und hungrig sein.
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