„In England ist so etwas ganz normal“
Paul Scharner hat zur Dramaturgie des 4:4 in der EM-Quali gegen Belgien seinen ganz persönlichen Beitrag geliefert. Aufgrund des offensichtlichen Remplers gegen Jan Vertonghen flog der Niederösterreicher in der 68. Minute beim Stand von 3:2 für die ÖFB-Auswahl unnötigerweise vom Platz und war mitverantwortlich dafür, dass seine Kollegen in der Schlussphase noch fast in eine Niederlage schlitterten.
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Scharner zweifelte die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses energisch an. „Ich bin jetzt seit zwölf Jahren dabei, das war meine erste rein Rote Karte, und für mich war das nie und nimmer Rot. In England ist so etwas ganz normal“, behauptete der Premier-League-Legionär, der allerdings von einem Engländer, Michael Dean, vorzeitig unter die Dusche geschickt wurde.
Der 30-Jährige ließ dann jedoch auch Selbstkritik anklingen. „Ich hatte heute ein bisschen zu viel Leidenschaft und Herz“, vermutete Scharner und betonte, man müsse mit dem Unentschieden glücklich sein. Ähnlicher Ansicht war Goalie Jürgen Macho. „Natürlich war mehr möglich, doch man muss schon die Kirche im Dorf lassen. Wir hätten auch verlieren können.“
Macho wehrte sich mit Händen und Füßen
Der Panionios-Legionär machte zwar beim zwischenzeitlichen 2:2 der Belgier keine glückliche Figur, hielt seine Mannschaft aber mit zahlreichen Glanzparaden bis zum Schluss im Spiel - darunter waren gleich drei spektakuläre Abwehraktionen binnen weniger Sekunden. „Damit hat für mich die Partie erst begonnen, denn davor war ich beim ersten Belgien-Tor machtlos“, erzählte Macho.
Wie er sich bei der belgischen Dreifachchance mit Händen und Füßen erfolgreich gegen einen Treffer wehrte, wusste der Wiener danach selbst nicht mehr genau. „So etwas macht man instinktiv.“ Den möglicherweise vergebenen zwei Punkten wollte der 33-jährige Wiener nicht nachtrauern. „Nach so einem Spiel darf man nichts bekritteln“, forderte Macho.
Auch Harnik hat „so etwas noch nie erlebt“
Martin Harnik hielt sich nicht ganz an diese Vorgabe. „Wenn man vier Tore schießt und nur einen Punkt holt, ist das für mich enttäuschend“, sagte der Schütze des 4:4. Zwar hätte die Mannschaft „besser als in den vorigen beiden Partien zusammen“ gespielt, man müsse die Situation in Gruppe A aber weiterhin realistisch einschätzen.
„Ich muss auf die Euphoriebremse steigen. Sieben Punkte aus den ersten drei Spielen sind das Mindeste, was wir für eine Qualifikation brauchen.“ In einem Punkt war sich Harnik mit praktisch allen Kollegen einig. „So ein Match habe ich noch nie erlebt“, sagte der Stuttgart-Legionär.
Schiemer zwischen Himmel und Hölle
Auch Franz Schiemer durchschritt den Weg zwischen Fußballhimmel und -hölle gleich mehrmals. Der Innenverteidiger zählte mit seinen beiden Treffern zu den Hauptdarstellern einer Partie, deren hochdramatischer Verlauf auch für den 24-Jährigen nur schwer fassbar war. „So etwas habe ich noch nie erlebt. Bei so einem Match schlägt das Herz höher, nicht nur als Zuschauer, auch als Spieler auf dem Platz“, meinte der Oberösterreicher.
Dabei hatte die Partie für Schiemer denkbar schlecht begonnen, als er beim ersten Treffer der Belgier einen Schritt zu spät kam. „Das war bitter. Ich glaube, viel näher hätte ich beim Gegenspieler nicht stehen können.“ Schon drei Minuten später folgte mit dem Kopfballtor nach Eckball von Zlatko Junuzovic die passende Antwort. „Der Ball ist perfekt gekommen und ich hatte das richtige Timing. Das 1:1 war wichtig, weil wir dann gleich wieder im Spiel waren.“
Führung wechselte im Toreduell der Verteidiger
Mit dem 3:2 schien der Salzburg-Kicker zum Matchwinner zu avancieren. „Das war ein Nudeltor, aber auch das muss man erst einmal machen“, schmunzelte Schiemer. Obwohl seine Stärken in der Defensive liegen, brachte er es in seinen 17 Länderspielen auf vier Tore. Selbst ein Doppelpack ist für den Ex-Austrianer kein Novum. „Das habe ich im Sommer in der Champions-League-Qualifikation gegen Nikosia geschafft“, stellte Schiemer auch zufrieden fest, seinen Kollegen und dreifachen ÖFB-Torschützen Sebastian Prödl im internen Wettrennen wieder überholt zu haben.
Bis zum kommenden Qualifikationsdoppel am 25. März 2011 daheim gegen Belgien und vier Tage später in der Türkei müssen laut Schiemer noch einige Schwächen beseitigt werden. „Die eine oder andere Sache wird beim nächsten Lehrgang sicher angesprochen, zum Beispiel, dass wir im gegnerischen Stadion ausgekontert worden sind und öfters taktische Fouls nicht gemacht haben. Aber wir sind eine junge Truppe, der man Fehler zugestehen muss.“
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