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Wahlmodus „nicht zeitgemäß“

Nach der Doppelvergabe der Fußball-WM 2018 an Russland und 2022 an Katar sieht sich der Fußball-Weltverband (FIFA) mit heftiger Kritik konfrontiert. Der Schock bei den ausgebooteten Bewerbern sitzt tief. Kritik wird am Wahlsystem und an der geheimen Wahl geübt.

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England und die für 2022 an Katar gescheiterten USA dürften sich erst wieder bewerben, wenn das Vergabeverfahren geändert werde. „Wenn nur 22 Leute abstimmen, gibt ihnen das zu viel Einfluss“, klagte Englands Bewerbungschef Andy Anson. Ähnlich äußerte sich US-Verbandspräsident Sunil Gulati. „Es gibt zu viele Varianten, speziell, wenn zwei Weltmeisterschaften am selben Tag vergeben werden. Ich bin nicht schlau genug, um mir auszudenken, wie sich das auf die beiden Wahlen ausgewirkt hat.“

Auch der deutsche Ligapräsident Reinhard Rauball sieht dringenden Bedarf für eine umfassende Reform in der Zentrale des Weltverbandes. Im Magazin „Focus“ kritisierte er vor allem das Prozedere bei der geheimen Abstimmung. „Die Transparenz bei der Entscheidungsfindung ist eindeutig verbesserungsfähig“, sagte der Ligapräsident. Nur ein Kärtchen aus einem Kuvert zu ziehen sei nicht zeitgemäß und lade geradezu zu Spekulationen ein. „Den Fußballfans muss bei einer Entscheidung klargemacht werden, warum sich die FIFA für oder gegen ein Land entschieden hat“, forderte Rauball.

„Einfach unfassbar“

Eintracht Frankfurts Vorstandschef Heribert Bruchhagen war nach der erstmaligen WM-Vergabe nach Osteuropa und in den Nahen Osten fassungslos und sparte nicht mit Kritik an den FIFA-Funktionären, die sich eine Erschließung neuer Märkte und damit Milliardeneinnahmen erhoffen. „Das ist einfach unfassbar“, schimpfte Bruchhagen und forderte Konsequenzen für FIFA-Präsident Joseph Blatter und dessen Gefolgsleute: „Man sollte sie alle abwählen.“

Auch in Spanien und Portugal herrschte Enttäuschung über die gescheiterte Kandidatur vor. Der einhellige Tenor in beiden Ländern war: Mit der Vergabe der WM an Russland habe sich der Weltverband für das große Geld entschieden. „Die Begutachtung der Stadien hätte sich die FIFA schenken können“, meinte Bewerbungsmanager Miguel Angel Lopez. „Wir haben gesehen, dass es darauf gar nicht ankam.“

FIFA reagiert wie gewohnt

Und wenig überraschend sieht die FIFA keinen Diskussionsbedarf. Generalsekretär Jerome Valcke sagte am Montag: „Wir haben erst am Donnerstag gewählt. Wir sind da nicht zusammengesessen, um über das Wahlsystem zu diskutieren. Das steht zurzeit nicht zur Debatte.“ Auch, dass die Wahl geheim durchgeführt wird, stört den 49-jährigen Franzosen nicht. „Es ist normal, dass geheim abgestimmt wird.“

Wie Raubein fordert auch der Ire Jim Boyce, der im Mai 2011 dem Briten Geoff Thompson als FIFA-Vizepräsident folgen soll, die Abschaffung der geheimen Wahl: „Es sollte eine offene Abstimmung geben, wo niemand etwas zu verstecken braucht“, sagte Boyce gegenüber der britischen BBC.

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