Ein extravagantes Schauspiel
Wenn sich am Sonntag die Pittsburgh Steelers und Green Bay Packers in der Super Bowl XLV gegenüberstehen, dann findet in Arlington vor den Toren von Dallas wieder das größte Einzelsportevent der USA statt. Zahlen wie 100.000 Fans im Stadion, über 100 Millionen US-Bürger vor dem Fernseher und TV-Konsumenten in fast 200 Ländern und 33 Sprachen stehen für die Extravaganz dieses Finales.
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Dreht man jedoch das Rad der Zeit in das Jahr 1967 zurück, dann landet man in jenen bescheidenen Anfängen, als die Super Bowl noch in den Kinderschuhen steckte und College Football mehr Popularität genoss. Von den Dimensionen der Gegenwart war im ersten Endspiel zwischen der alt eingesessenen National Football League (NFL) und den Emporkömmlingen aus der American Football League (AFL) noch keine Spur. Welche Entwicklung dieses Sportereignis nehmen würde, konnte man damals nicht einmal im Ansatz erahnen.
Billige Tickets, wenige Zuseher
Trotz der moderaten Eintrittspreise zwischen sechs und zwölf Dollar blieben beim Endspiel vor 44 Jahren zwischen den Packers und den Kansas City Chiefs (35:10) im Los Angeles Memorial Coliseum nämlich gleich 30.000 der knapp 90.000 Plätze frei. Ein Ding der Unmöglichkeit in der Gegenwart, obwohl Public-Viewing-Karten vor dem Stadion 200 Dollar und die besten Sitzplätze innerhalb bis zu 1.200 Dollar kosten. Schwarzmarktpreise für ein Ticket liegen jenseits der 4.300-Dollar-Marke.

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Von dem Spektakel der Gegenwart war das Finale 1967 noch weit entfernt.
Gil Brandt, ehemaliger führender Mitarbeiter und Talentescout der Dallas Cowboys, fand einen passenden Vergleich für das Endspiel 1967 und heute. „Die erste Super Bowl war in etwa wie eines dieser Motels mit nicht mehr als zehn Zimmern irgendwo in Montana, Super Bowl 45 ist hingegen der Sears Tower in Chicago (heute Willis Tower und mit 442 Meter bis 1998 das höchste Gebäude der Welt, Anm.) und sie wächst weiter“, erklärte der 77-Jährige gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

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Rozelle war zwar nicht Namensgeber, dafür Wegbereiter der Super Bowl.
„Super Bowl“ statt „The Big One“
Den ersten echten Aufschwung erlebte das Endspiel dann 1969. Nicht nur ging das Finale erstmals unter dem von Chiefs-Eigentümer Lamar Hunt erfundenen Namen „Super Bowl“, der sich gegen den Vorschlag von NFL-Commissioner Pete Rozelle „The Big One“ durchsetzte, über die Bühne, sondern mit den New York Jets gelang auch erstmals einem AFL-Team der Finalsieg. Unter der Führung von Quarterback Joe Namath schaffte der klare Außenseiter mit einem 16:7-Sieg gegen die Baltimore Colts eine der größten Sensationen in der NFL-Geschichte.
Obwohl Rozelle den Namen „Super Bowl“ anfänglich hasste, war der von 1960 bis 1989 amtierende höchste aller NFL-Funktionäre in weiterer Folge maßgeblich an der Entwicklung des Endspieles und des gesamten Footballs beteiligt. Der 1996 verstorbene Rozelle erkannte früh die Wichtigkeit der Fernsehvermarktung. Außerdem trieb er die Teilung in American Football Conference (AFC) und National Football Conference (NFC) voran, die sich 1971 unter dem übergeordneten Namen der National Football League (NFL) vereinigten.
Money, money, money
Von da an ging es vorerst in den USA und in den 90er Jahren auch weltweit mit der Popularität des Sports steil bergauf und gipfelte schließlich im Gigantismus der Gegenwart, der sich in den wirtschaftlichen Zahlenspielen zur Super Bowl XLV manifestiert. Alleine in den USA werden mit Fanartikeln, Fanbekleidung und Lebensmitteln laut einer Studie 10,1 Milliarden Dollar umgesetzt. Ein Jahr davor waren es „nur“ 8,9 Milliarden Dollar.
Auch die Preise für Werbespots entwickelten sich gewaltig. Im Jahr 1967 kostete eine Einschaltung noch 40.000 Dollar, 2011 müssen Unternehmen bereits zwischen 2,8 und drei Millionen Dollar für einen 30 Sekunden dauernden Spot löhnen. Ein Preis, der sich allerdings lohnt, denn laut einer Nielsen-Studie gaben 51 Prozent der Befragten an, sich die Super Bowl hauptsächlich wegen der Werbung anzusehen. Nicht verwunderlich also, dass 2010 ein Rekord von 104 Spots mit einer Gesamtdauer von 47:50 Minuten aufgestellt wurde.

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Mit Fanartikeln und Verpflegung werden bei der Super Bowl Milliarden umgesetzt.
Nach Thanksgiving kommt Super Bowl
2010 wurde auch eine weitere Bestmarke gebrochen: Mit 106,5 Millionen US-Zusehern wurde die finale Folge der Serie „M.A.S.H“ aus dem Jahr 1983 (106 Mio.) als meistgesehenes TV-Ereignis abgelöst. Dass sich die Fans dabei auch entsprechend verpflegen wollen, versteht sich von selbst. Nach Thanksgiving ist der Super-Bowl-Sonntag der zweitwichtigste Tag für die Lebensmittelindustrie. Favoriten auf der Speisekarte sind dabei Dips und Aufstriche, gefolgt von Chicken Wings, Pizza, Chips und Burgers.
Aber auch die Region rund um Dallas profitiert von dem Megaevent. Laut Schätzungen beträgt der wirtschaftliche Profit voraussichtlich 612 Millionen Dollar. Auch das wäre ein neuer Rekord, den bisher Arizona mit 500 Millionen Dollar hält. An die 147.000 Besucher, von denen 100.000 (ebenfalls Rekord) Platz im Stadion finden, und 4.600 Pressevertreter werden in der Super-Bowl-Woche in Dallas erwartet. Alleine die Strip-Club-Kette Rick’s Cabaret erhofft sich davon ein Umsatzplus von einer Million Dollar.
Black Eyed Peas statt Al Hirt
Neben diesem Unterhaltungszweig entdeckte auch das Showbiz in den 90er Jahren schließlich die Super Bowl als Bühne. Während 1967 noch der Trompeter Al Hirt, die Grambling State University Marching Band und das Anaheim High School Drill Team die Arena in der Pause „rockten“, waren danach Musikgrößen wie Michael Jackson, die Rolling Stones, The Who, U2 und Bruce Springsteen mit von der Partie. In diesem Jahr haben die Black Eyed Peas die Ehre, das Publikum zu unterhalten.
Christian Wagner, ORF.at
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