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Die wunschlos glückliche Siegerin

Elisabeth Görgl ist Super-G-Weltmeisterin. Das klingt noch besser als ihre Gesangseinlage bei der WM-Eröffnung. ÖSV-Sportchef Hans Pum war jedenfalls erleichtert: „Ich habe zur Elisabeth im Ziel gesagt: ‚Singen und gewinnen, das passt gut zusammen.‘ Wir sind sehr glücklich, dass wir so einen Start in die Ski-WM geschafft haben.“

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Für diesen Erfolg musste die 29-jährige Steirerin auch hart arbeiten. Vor zwölf Jahren hatte sie ihr Weltcup-Debüt im Slalom gegeben, erst vier Jahre später hüpfte sie in derselben Disziplin als Zweite erstmals auf das Podium. Als 26-Jährige feierte sie im Riesenslalom ihren ersten von drei Weltcup-Siegen. Nun holte sie Gold im Super-G und konnte es kaum glauben.

Die Zweitplatzierte Julia Mancuso, Siegerin Elisabeth Görgl und Maria Riesch zweigen ihre Medaillen

dapd/Sebastian Widmann

Görgl, flankiert von Mancuso und Riesch, musste lange auf Gold warten.

„Hat alles geklappt“

Als Super-G-Weltmeisterin war sie wunschlos glücklich. „Es hat alles so geklappt, wie ich es mir vorgenommen hatte“, sagte die Tochter Traudl Hechers, der zweifachen Olympiadritten in der Abfahrt. Olympiabronze in der Abfahrt eroberte auch Tochter Elisabeth schon vor einem Jahr und zudem die Bronzemedaille im Riesentorlauf, ehe sie in Garmisch-Partenkirchen über sich hinauswachsen und ihre Medaillensammlung um WM-Gold erweitern sollte.

Der WM-Song, den Görgl bei der Eröffnungsfeier gesungen hatte, heißt, wie es der Zufall so wollte, „You’re the Hero between Heaven and Hell“. Den WM-Super-G entschied sie tags darauf ausgerechnet auf diesem oberen Streckenabschnitt zwischen Himmelreich und Hölle für sich. Da musste auch Görgl schmunzeln. „Das passt jetzt alles sehr gut zusammen“, meinte sie dazu. Geplant sei das so nicht gewesen.

„Das ist wie ein Traum“

Gerechnet hätte damit sowieso niemand - selbst Görgl nicht. „Das ist wie ein Traum. Schon als Kind wollte ich ganz oben stehen und die österreichische Hymne bei der Siegerehrung hören. Nun ist es Realität. Erstaunlich. Denn wenn wir uns ehrlich sind: Bei der WM zählt nur der Sieg“, sagte Görgl, nachdem sie wegen der vorgeschriebenen Dopingkontrolle ein bisschen verspätet zur Pressekonferenz erschienen war. „Das war ein absolut gutes Rennen“, ergänzte Görgl, „in dem ich punktgenau umsetzen konnte, was ich mir vor dem Start als Taktik zurechtgelegt hatte.“

Elisabeth Görgl jubelt mit Österreich-Fahne

APA/EPA/Keystone/Jean-Christophe Bott

So sehen ÖSV-Läuferinnen aus, die ein „absolut gutes Rennen“ hatten.

Schon bei der Hangbefahrung am Montag habe sie erkannt, dass ihr diese WM-Strecke mit diesen schwierigen Bedingungen liegen könnte. Görgl dazu: „Ich wusste, was zu tun war.“ Was ihr so entgegenkam? „Dass von oben bis unten zum Attackieren war, sehr unruhig. Man musste auf Druck fahren, fast reindrücken, jeden Schwung voll durchziehen und bis zum Schluss kämpfen. Bei solchen Vorgaben tu ich mir leichter“, antwortete Görgl, die entspannter und ruhiger wirkte als in den vergangenen Tagen, als sie an den eigenen Erwartungen scheiterte und an den ganz großen Erfolgen vorbeischrammte.

Innere Ruhe und Charme

Die neue „Lizz“ versprüht Charme. „Ich war schon im Vorfeld sehr gelassen und ausgeglichen, irgendwie geerdet. Es geht mir gut“, sagte die Steirerin. Das Geheimnis ihres aktuellen Erfolges: „Man fährt besser, wenn man locker ist. Früher hatte ich nur Druck. Von mir selbst, weil ich den Erfolg erzwingen wollte, und von außen, weil jeder den Erfolg erwartete. Das kostet viel Kraft. Der Sport bzw. die Erwartungen der anderen waren für mich nicht mehr lustig, ich war es müde zu kämpfen. Nun konzentriere ich mir nur noch darauf, was ich kann und liebe: das Skifahren. Schließlich bin ich nicht mehr die Jüngste.“

Als Entspannungsfaktor wirkte in Garmisch freilich auch ihr Material, das für diese Pistenbedingungen genau richtig gewesen sei. Dem gingen akribische, ausgiebige Tests bei Ski und Schuhen voran. „Selbst beim Einfahren probierte ich noch zwei verschiedene Paar Skischuhe“, erzählte Görgl, „und ich traf zum Glück die richtige Entscheidung. Das hat mir im Rennen zusätzliche Sicherheit verliehen.“ Wobei sich als Glücksbringer Kurssetzer Jürgen Kriechbaum entpuppte. Der ÖSV-Trainer hatte auch den Olympia-Super-G ausgeflaggt, den Andrea Fischbacher gewann.

„Sie war einfach die Beste“

Ein dickes Lob erntete die Super-G-Weltmeisterin von Lokalmatadorin Maria Riesch, die als Dritte gleich im ersten Bewerb für die erste WM-Medaille der Gastgeber sorgte. Zugleich wies sie aufkeimende Kritik an der für einige Fahrerinnen zu harten Piste schroff zurück. „Dass sie schwer ist, scheint absolut gerechtfertigt zu sein. Denn auf einer leichten Piste können viele gewinnen, auf einer solchen aber nur wenige. Und bei einer Weltmeisterschaft soll immer die Beste gewinnen. Das war Görgl. Sie hat eindrucksvoll bewiesen, dass sie auch bei extremen Verhältnissen ausgezeichnet fahren kann“, sagte Riesch. „Lizz war die Beste“, meinte auch Silbermedaillen-Gewinnerin Julia Mancuso.

„Elisabeth ist super gefahren, auch Anna (Fenninger, Fünfte) war sehr stark, hatte aber unten einen kleinen Fehler, und dann ist man hier gleich hinten. Wir haben gewusst, dass unsere Damen den Mut für diese eisige Piste haben“, bilanzierte letztlich Hans Pum, der in Garmisch in seiner neuen Funktion als ÖSV-Sportdirektor zugegen ist.

Für Görgl, die nur im Slalom nicht antritt, ist die WM damit aber noch lange nicht vorbei. Ihre Erwartungen? „Die nächsten zwei Wochen werden sicher sehr interessant. Ich werde meine Arbeit machen und mein Bestes geben. Wie es kommt, so kommt es. Aber mit Erwartungen allein gewinnt man kein Rennen.“

Michael Fruhmann, ORF.at aus Garmisch

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