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Gericht muss über Boykott entscheiden

Der drohende Boykott in der spanischen Primera Division beschäftigt die Justiz. Sechs Erstliga-Vereine stellten bei einem Gericht den Antrag, die geplante Protestaktion per einstweilige Verfügung für illegal zu erklären. Die Clubs wollen damit nach Medienberichten sicherstellen, dass die Spiele der nächsten Runde am 2. und 3. April doch noch stattfinden können.

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Clubs wie Real Madrid und der FC Barcelona, die zu den reichsten der Welt zählen, wollen im Weltmeisterland mit einem „Streik“ in eineinhalb Wochen erreichen, dass künftig noch höhere TV-Gelder in die Kassen fließen. Der angedrohte Boykott soll die spanische Regierung unter Druck setzen, die bestehende Gesetzgebung entsprechend zu ändern.

Der spanische Ligapräsident, Jose Luis Astiazaran

APA/EPA/EFE/ F. Alvarado

Ligachef Jose Luis Astiazaran setzt auf einen Boykott der nächsten Runde.

Gratis-TV-Spiel im Visier

„In den Verhandlungen mit der Regierung gab es keine Fortschritte“, begründete der Präsident der Profiliga (LFP), Jose Luis Astiazaran, die geplante Aktion, „nur mit einer solchen finden wir bei der Regierung Gehör“.

Den Vereinen geht es bei dem Boykott vor allem darum, dass die bisher übliche Übertragung von einer Ligapartie pro Runde im frei zugänglichen TV abgeschafft wird. Nach ihrer Kalkulation hält die an jedem Samstag ausgestrahlte Liveübertragung viele Spanier davon ab, Abonnements bei Pay-TV-Sendern zu erwerben. Ohne die „Gratispartie“ könnten die Clubs von den TV-Anstalten 800 statt bisher 620 Millionen Euro pro Jahr verlangen.

„Bin nicht Superman“

Die Madrider Regierung will dieser Forderung jedoch nicht nachgeben. „Die Vereine verlangen Unmögliches von uns“, sagte Sportstaatssekretär Jaime Lissavetzky. „Ich bin nicht Superman.“ Eine Abschaffung der allwöchentlichen „Gratispartie“ wäre bei den Fans sehr unpopulär und würde zudem Wählerstimmen kosten.

Sechs Vereine halten dagegen den Boykott für verfehlt und wollen die Aktion per Gerichtsbeschluss noch abwenden. Das sind Espanyol Barcelona, der FC Villarreal, Real Saragossa, Athletic Bilbao, Real Sociedad San Sebastian und der FC Sevilla. Sie vermochten sich gegen die „Großen“ Real und Barca sowie die übrigen Clubs nicht durchzusetzen und zogen in der Folge vor Gericht. „Der Boykott wird das Problem nicht lösen“, meinte Villarreals Präsident Fernando Roig.

Terminliches Chaos

Auch das Sportblatt „Marca“ zeigte wenig Verständnis: „Die Vereine bekommen schon jetzt astronomische Summen. Dass sie nun einen Streik ausrufen, weil sie noch mehr kassieren wollen, erscheint angesichts der Wirtschaftskrise als absurd“, meinte Spaniens auflagenstärkste Zeitung. Nach Angaben des Sportblatts „As“ teilte die Profiliga dem Spanischen Fußballverband (RFEF) bereits mit, dass der nächste Spieltag eine Woche später als geplant stattfinden werde.

Wenn also keine überraschende Wende eintritt, werden am 2. und 3. April keine Ligaspiele stattfinden. Die 30. Runde müsste am darauffolgenden Wochenende gespielt und die übrigen Runden um je eine Woche verschoben werden. Zum Saisonende droht gar ein Aufschub um drei Wochen, weil die letzte Runde mit dem Finale der Champions League und Länderspielen in Konflikt käme. Dann wäre die Saison 2010/11 erst Mitte Juni zu Ende.

In der spanischen Liga hatte es in den 80er Jahren schon mehrere Streiks gegeben. Sie waren von der Spielergewerkschaft (AFE) ausgerufen worden. Der jetzt geplante Boykott ist dagegen eine Initiative der Arbeitgeberseite. Die Aktion ist daher streng genommen kein Streik, sondern eher eine Aussperrung.

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