„Supertalent“ im Abseits
Marko Arnautovic spaltet die Fußballfans. Für die einen ist er ein Genie am Ball mit Weltklassepotenzial, für die anderen ein überschätzter Selbstdarsteller, der in erster Linie auf sich und weniger auf die Mannschaft schaut. Ob bei Werder oder im österreichischen Nationalteam - Arnautovic sorgt nicht nur auf dem Spielfeld für Unruhe. Zu einem ernsten Eklat soll es nach dem Spiel in der Türkei gekommen sein.
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Nach dem 0:2 in Istanbul soll Arnautovic noch in der Kabine auf seinen ÖFB-Teamkollegen Stefan Maierhofer losgegangen sein und ihn wüst beschimpft haben, berichteten die Tageszeitungen „Österreich“ und „Heute“ am Donnerstag übereinstimmend. Tormann Jürgen Macho und Emanuel Pogatetz hätten sich dazwischengeworfen, woraufhin sich Arnautovic auch mit Pogatetz angelegt haben soll. Auslöser des Eklats sei der von Maierhofer vergebene Elfer gewesen, den Arnautovic schießen wollte, aber nicht durfte.
„Sache des Teamchefs“
Der ÖFB versuchte in seiner ersten Stellungnahme zu kalmieren. „Nach der zweiten Niederlage ist klar, dass es in der Kabine lauter geworden ist. Aber so was wie eine Schlägerei hat es nicht gegeben“, sagte ÖFB-Pressesprecher Peter Klinglmüller auf ORF.at-Nachfrage. Auch dass Arnautovic bei Teamchef Dietmar Constantini untendurch sei und in den kommenden Spielen nicht mehr berücksichtigt werden würde, konnte Klinglmüller nicht bestätigen.
ÖFB-Präsident Leo Windtner sagte dazu: „Es gibt von mir zu diesen angeblichen Vorfällen weder eine Stellungnahme noch Konsequenzen. Das ist eine Sache, die in der Kabine war, und das ist der Bereich des Teamchefs.“ Constantinis Version der dortigen Vorkommnisse lautete so: „Arnautovic hat Maierhofer provoziert, der hat sich verbal gewehrt. Daraufhin haben Pogatetz und Macho Arnautovic die Leviten gelesen.“
Für Aufregung hatte Arnautovic auch schon vor dem Spiel gesorgt, als er sich plötzlich mit einem Magen-Darm-Virus abmeldete und mitteilte, nicht spielen zu können. Nach wundersamer Genesung durfte der 21-Jährige dann doch auf der Bank Platz nehmen und ab der 69. Minute sogar spielen. Er blieb blass.

GPEA/Christian Ort
Nicht ganz fit wurde Arnautovic in Istanbul in der 69. Minute eingewechselt.
Leidenschaftlich bis lustlos
Kritik wurde laut. Dabei hatte sich Arnautovic mit drei Toren und teilweise ambitionierten Leistungen in der EM-Quali gegen Aserbaidschan und Belgien rasch zum medialen Liebling aufgeschwungen. Die Erwartungen für die nächsten Aufgaben wuchsen. Arnautovic nährte die Hoffnungen mit knackigen Sprüchen. Doch Taten ließ er den großen Worten nicht folgen. Weder im Rückspiel gegen Belgien noch auswärts gegen die Türkei vermochte er sein Potenzial annähernd abzurufen - nur verbal.
Von schier lustlos, überheblich und blass bis meckernd und aufreizend gestikulierend - Arnautovic stellte sein Repertoire zur Schau. Nach dem 0:2 gegen Belgien in Wien mahnte sogar ÖFB-Teamverteidiger Christian Fuchs von Arnautovic mehr Bereitschaft dazu ein, sich auch dann in den Dienst der Mannschaft zu stellen, wenn es einmal nicht läuft. Von seinem Vordermann hätte er sich „das eine oder andere Mal mehr Unterstützung gewünscht“, kritisierte Fuchs.
Kritiker auf den Plan gerufen
Für Aufsehen und Kopfschütteln sorgte Arnautovic, als er während eines Eckballs das Gespräch mit Constantini suchte, statt sich auf das Spielgeschehen, den Eckball für das ÖFB-Team, zu konzentrieren. „Peinlich, Arnautovic beschimpfte Constantini, als dieser eine taktische Anweisung gab“, lästerte eine belgische Zeitung. Constantini sagte über seinen Schützling: „Wenn ihm gar nichts gelingt, wird er grantig und mault herum.“
Arnautovic kann freilich auch anders - gut spielen und Akzente setzen wie vor der Winterpause gegen Aserbaidschan, als er zum Matchwinner avancierte, und in Belgien, wo er sein Können eindrucksvoll zeigte. Doch nach Jahreswechsel riss sein Erfolgslauf und damit auch der seiner Mannschaft. Vor allem der lustlose Auftritt im Heimspiel gegen Belgien hatte die Kritiker auf den Plan gerufen. Gegen Arnautovic wurde verbal scharf geschossen.
Unverständnis und Kopfschütteln
„So benimmt man sich als Nationalspieler einfach nicht. Dieses Gestikulieren gegen Mitspieler und Schiedsrichter. Ich hätte ihn als Trainer lange vor der Pause ausgetauscht. In Deutschland, Italien oder England wäre er weg vom Fenster“, sagte der frühere ÖFB-Teamchef Hans Krankl, der zugleich hinterfragte: „Warum wird einem Spieler, der noch nichts geleistet hat, so viel Aufmerksamkeit geschenkt?“ Dass Experten vom talentiertesten ÖFB-Kicker aller Zeiten gesprochen hätten, kostete Krankl in der „Sportwoche“ ein Lachen: „Diese Experten müssen geistig umnachtet gewesen sein.“
Auch von Ex-Nationalspieler Felix Gasselich bekam Arnautovic sein Fett gehörig ab. „Wenn man solche Spieler als Genie bezeichnet, dann schütteln viele andere gute Spieler den Kopf“, sagte Gasselich über den Offensivmann. Den vorläufigen Höhepunkt der Unstimmigkeiten markierte Arnautovic nach dem Spiel in der Türkei, mit der mutmaßlichen Attacke gegen Mitspieler, die zugleich sein letzter Auftritt im ÖFB-Nationaltrikot gewesen sein könnte. Gegen Deutschland am 3. Juni dürfte Arnautovic fehlen, seine ÖFB-Karriere unter Constantini scheint beendet zu sein.
Michael Fruhmann, ORF.at
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